NEW YORK – Die US-Plutokraten haben der nachhaltigen Entwicklung den Krieg erklärt. Milliardäre wie Charles und David Koch (Öl und Gas), Robert Mercer (Finanzdienstleistungen) und Sheldon Adelson (Spielkasinos) mischen aus privaten Finanzinteressen in der Politik mit. Sie finanzieren republikanische Politiker, die versprechen, ihre Steuern zu senken, ihre Branchen zu deregulieren und die Warnungen von Umweltwissenschaftlern, insbesondere Klimaforschern, zu ignorieren.
Was Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (ZNEs) der Vereinten Nationen angeht, so kamen die USA bei einer von mir mit geleiteten aktuellen Einstufung im Rahmen des SDG-Index auf den 42. Rang unter 157 Ländern, deutlich hinter fast allen anderen hochentwickelten Ländern. Der dänische Autor Bjørn Lomborg war verblüfft. Wir konnte ein derart reiches Land so schlecht abschneiden? „Amerika-Bashing ist weitverbreitet und einfach“, mutmaßte er.
Aber es geht hier nicht um Amerika-Bashing. Der SDG-Index beruht auf für die 17 ZNEs relevanten, international vergleichbaren Daten für 157 Länder. Der zentrale Punkt dabei ist: Bei nachhaltiger Entwicklung geht es um gesellschaftliche Inklusion und ökologische Nachhaltigkeit und nicht nur um Reichtum. Die USA rangieren deutlich hinter anderen einkommensstarken Ländern, weil sich Amerikas Plutokraten seit vielen Jahren von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit verabschiedet haben.
Die USA sind in der Tat ein reiches Land, aber Lord Actons berühmter Aphorismus gilt für Nationen ebenso wie für Individuen: Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut. Die US-Plutokratie übt schon so lange eine derartige Macht aus, dass sie gegenüber den Schwachen und der Umwelt ganz ungestraft handelt.
Vier mächtige Lobbys haben seit langem enormen Einfluss: die großen Ölgesellschaften, die privaten Krankenversicherer, der militärisch-industrielle Komplex und die Wall Street. Diese Partikularinteressen fühlen sich jetzt zusätzlich ermutigt durch die Regierung von Donald Trump, die zu einem großen Teil aus Unternehmenslobbyisten besteht, von mehreren rechtsgerichteten Milliardären im Kabinett gar nicht zu reden.
Während die ZNEs eine Abmilderung des Klimawandels durch Dekarbonisierung fordern (Ziel 7 und Ziel 13), leisten die fossilen Energieunternehmen in den USA hartnäckigen Widerstand. Unter dem Einfluss der großen Öl- und Kohleunternehmen hat Trump seine Absicht zum Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erklärt.
Amerikas jährliche energiebedingte CO2-Emissionen pro Kopf sind mit 16,4 Tonnen die höchsten der Welt für eine große Volkswirtschaft. Der vergleichbare Wert für Deutschland beträgt beispielsweise 9,2 Tonnen. Die US-Umweltbehörde EPA ist nun in den Händen von Lobbyisten aus dem fossilen Energiesektor und demontiert jede Woche Umweltschutzbestimmungen (auch wenn viele dieser Maßnahmen gerichtlich angefochten werden).
Die ZNEs fordern außerdem eine Verringerung der Einkommensungleichheit (Ziel 10). Die Einkommensungleichheit in Amerika ist in den vergangenen 30 Jahren steil gestiegen; der Gini-Koeffizient ist mit einem Wert von 41,1 der zweithöchste unter allen einkommensstarken Ländern, knapp hinter Israel (42,8). Die republikanischen Steuersenkungsvorschläge würden die Ungleichheit weiter steigern. Die relative Armutsrate der USA (die Haushalte mit weniger als der Hälfte des Medianeinkommens erfasst) ist mit einem Wert von 17,5% ebenfalls die zweithöchste in der OECD (erneut knapp hinter Israel).
Und während die ZNEs menschenwürdige Arbeitsplätze für alle anstreben (Ziel 8), sind amerikanische Arbeitnehmer fast die einzigen in der OECD, bei denen die Lohnfortzahlung bei Krankheit, familienbedingter Abwesenheit oder im Urlaub nicht garantiert ist. Die Folge ist, dass immer mehr Amerikaner unter elenden Bedingungen und ohne Kündigungsschutz beschäftigt sind. Etwa neun Millionen US-Arbeitnehmer stecken unterhalb des Existenzminimums fest.
Die USA leiden zudem unter Fehlernährung epidemischen Ausmaßes von Händen der mächtigen US-Fastfood-Industrie, die die Bevölkerung im Wesentlichen mit einer von gesättigten Fettsäuren, Zucker und ungesunden Verarbeitungs- und chemischen Zusatzstoffen strotzenden Diät vergiftet. Das Ergebnis ist eine Fettleibigkeitsquote von 33,7%, die bei Weitem höchste in der OECD, mit enormen negativen Folgen für nicht anstrengende Krankheiten. Amerikas „gesunde Lebenserwartung“ (morbiditätsfreie Jahre) beträgt lediglich 69,1 Jahre, verglichen mit 74,9 Jahren in Japan und 73,1 Jahren in der Schweiz.
Während die ZNEs die Wichtigkeit von Frieden (Ziel 16) herausstellen, verfolgt Amerikas militärisch-industrieller Komplex endlose Kriege (etwa in Afghanistan, dem Irak, Syrien, dem Jemen und Libyen, um nur einige von Amerikas aktuellen Einsatzländern zu nennen) und Waffenverkäufe großen Umfangs. Bei seinem kürzlichen Besuch in Saudi-Arabien unterzeichnete Trump einen Vertrag über den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Milliarden Dollar an das Land und prahlte, dies bedeute „Jobs, Jobs, Jobs“ für Amerikas Verteidigungssektor.
Auch zur Gewalt im eigenen Land tragen Amerikas Plutokraten bei. Die Quote für Tötungsdelikte in den USA ist mit 3,9 pro 100.000 Einwohner die höchste unter allen OECD-Ländern und mehrere Male höher als die in Europa (in Deutschland liegt die Quote bei 0,9 pro 100.000 Einwohner). Jeden Monat passieren in den USA Massenmorde wie das Massaker in Las Vegas. Doch die politische Macht der Schusswaffenlobby, die selbst für Angriffswaffen Beschränkungen ablehnt, verhindert die Verabschiedung von Maßnahmen, die die öffentliche Sicherheit verbessern würden.
Eine weitere Art von Gewalt ist die Masseninhaftierung. Mit 716 Häftlingen pro 100.000 Einwohner hat Amerika die höchste Inhaftierungsrate der Welt, rund zehnmal so hoch wie die Norwegens (71 pro 100.000 Einwohner). Bemerkenswerterweise hat Amerika seine Gefängnisse teilweise privatisiert und so eine Branche geschaffen, die ein vorrangiges Interesse daran hat, die Anzahl der Häftlinge zu steigern. Der frühere Präsident Barack Obama hat eine Verordnung erlassen, private Bundesgefängnisse schrittweise abzuschaffen, aber die Trump-Regierung hat diese Verordnung aufgehoben.
Lomborg hat außerdem gefragt, warum die USA einen niedrigen Wert bei der globalen „Partnerschaft für die Ziele“ erhält, obwohl die USA 2016 etwa 33,6 Milliarden Dollar in offizieller Entwicklungshilfe (ODA) geleistet haben. Die Antwort ist einfach: Im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen von fast 19 Billionen beliefen sich die ODA-Ausgaben der USA auf lediglich 0,18% vom BNE – rund ein Viertel des globalen Ziels von 0,7% vom BIP.
Amerikas niedriger Rang im SDG-Index ist kein Amerika-Bashing. Vielmehr spiegelt es auf traurige und beunruhigende Weise den Reichtum und die Macht der Lobbys im Vergleich zu den normalen Bürgern in der US-Politik wider. Ich habe vor kurzem dabei mitgewirkt, ein Bemühen auf den Weg zu bringen, die US-Politik auf Ebene der Einzelstaaten wieder auf die nachhaltige Entwicklung zu fokussieren – und zwar durch eine Reihe von Zielen für Amerika. Erste Kandidaten für die einzelstaatlichen Parlamente beginnen bereits, diese zu übernehmen. Ich bin zuversichtlich, dass sich Amerika nach Trump wieder auf die Werte des Gemeinwohls besinnen wird, sowohl innerhalb des Landes selbst als auch als globaler Partner für eine nachhaltige Entwicklung.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
NEW YORK – Die US-Plutokraten haben der nachhaltigen Entwicklung den Krieg erklärt. Milliardäre wie Charles und David Koch (Öl und Gas), Robert Mercer (Finanzdienstleistungen) und Sheldon Adelson (Spielkasinos) mischen aus privaten Finanzinteressen in der Politik mit. Sie finanzieren republikanische Politiker, die versprechen, ihre Steuern zu senken, ihre Branchen zu deregulieren und die Warnungen von Umweltwissenschaftlern, insbesondere Klimaforschern, zu ignorieren.
Was Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (ZNEs) der Vereinten Nationen angeht, so kamen die USA bei einer von mir mit geleiteten aktuellen Einstufung im Rahmen des SDG-Index auf den 42. Rang unter 157 Ländern, deutlich hinter fast allen anderen hochentwickelten Ländern. Der dänische Autor Bjørn Lomborg war verblüfft. Wir konnte ein derart reiches Land so schlecht abschneiden? „Amerika-Bashing ist weitverbreitet und einfach“, mutmaßte er.
Aber es geht hier nicht um Amerika-Bashing. Der SDG-Index beruht auf für die 17 ZNEs relevanten, international vergleichbaren Daten für 157 Länder. Der zentrale Punkt dabei ist: Bei nachhaltiger Entwicklung geht es um gesellschaftliche Inklusion und ökologische Nachhaltigkeit und nicht nur um Reichtum. Die USA rangieren deutlich hinter anderen einkommensstarken Ländern, weil sich Amerikas Plutokraten seit vielen Jahren von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit verabschiedet haben.
Die USA sind in der Tat ein reiches Land, aber Lord Actons berühmter Aphorismus gilt für Nationen ebenso wie für Individuen: Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut. Die US-Plutokratie übt schon so lange eine derartige Macht aus, dass sie gegenüber den Schwachen und der Umwelt ganz ungestraft handelt.
Vier mächtige Lobbys haben seit langem enormen Einfluss: die großen Ölgesellschaften, die privaten Krankenversicherer, der militärisch-industrielle Komplex und die Wall Street. Diese Partikularinteressen fühlen sich jetzt zusätzlich ermutigt durch die Regierung von Donald Trump, die zu einem großen Teil aus Unternehmenslobbyisten besteht, von mehreren rechtsgerichteten Milliardären im Kabinett gar nicht zu reden.
Während die ZNEs eine Abmilderung des Klimawandels durch Dekarbonisierung fordern (Ziel 7 und Ziel 13), leisten die fossilen Energieunternehmen in den USA hartnäckigen Widerstand. Unter dem Einfluss der großen Öl- und Kohleunternehmen hat Trump seine Absicht zum Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erklärt.
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Amerikas jährliche energiebedingte CO2-Emissionen pro Kopf sind mit 16,4 Tonnen die höchsten der Welt für eine große Volkswirtschaft. Der vergleichbare Wert für Deutschland beträgt beispielsweise 9,2 Tonnen. Die US-Umweltbehörde EPA ist nun in den Händen von Lobbyisten aus dem fossilen Energiesektor und demontiert jede Woche Umweltschutzbestimmungen (auch wenn viele dieser Maßnahmen gerichtlich angefochten werden).
Die ZNEs fordern außerdem eine Verringerung der Einkommensungleichheit (Ziel 10). Die Einkommensungleichheit in Amerika ist in den vergangenen 30 Jahren steil gestiegen; der Gini-Koeffizient ist mit einem Wert von 41,1 der zweithöchste unter allen einkommensstarken Ländern, knapp hinter Israel (42,8). Die republikanischen Steuersenkungsvorschläge würden die Ungleichheit weiter steigern. Die relative Armutsrate der USA (die Haushalte mit weniger als der Hälfte des Medianeinkommens erfasst) ist mit einem Wert von 17,5% ebenfalls die zweithöchste in der OECD (erneut knapp hinter Israel).
Und während die ZNEs menschenwürdige Arbeitsplätze für alle anstreben (Ziel 8), sind amerikanische Arbeitnehmer fast die einzigen in der OECD, bei denen die Lohnfortzahlung bei Krankheit, familienbedingter Abwesenheit oder im Urlaub nicht garantiert ist. Die Folge ist, dass immer mehr Amerikaner unter elenden Bedingungen und ohne Kündigungsschutz beschäftigt sind. Etwa neun Millionen US-Arbeitnehmer stecken unterhalb des Existenzminimums fest.
Die USA leiden zudem unter Fehlernährung epidemischen Ausmaßes von Händen der mächtigen US-Fastfood-Industrie, die die Bevölkerung im Wesentlichen mit einer von gesättigten Fettsäuren, Zucker und ungesunden Verarbeitungs- und chemischen Zusatzstoffen strotzenden Diät vergiftet. Das Ergebnis ist eine Fettleibigkeitsquote von 33,7%, die bei Weitem höchste in der OECD, mit enormen negativen Folgen für nicht anstrengende Krankheiten. Amerikas „gesunde Lebenserwartung“ (morbiditätsfreie Jahre) beträgt lediglich 69,1 Jahre, verglichen mit 74,9 Jahren in Japan und 73,1 Jahren in der Schweiz.
Während die ZNEs die Wichtigkeit von Frieden (Ziel 16) herausstellen, verfolgt Amerikas militärisch-industrieller Komplex endlose Kriege (etwa in Afghanistan, dem Irak, Syrien, dem Jemen und Libyen, um nur einige von Amerikas aktuellen Einsatzländern zu nennen) und Waffenverkäufe großen Umfangs. Bei seinem kürzlichen Besuch in Saudi-Arabien unterzeichnete Trump einen Vertrag über den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Milliarden Dollar an das Land und prahlte, dies bedeute „Jobs, Jobs, Jobs“ für Amerikas Verteidigungssektor.
Auch zur Gewalt im eigenen Land tragen Amerikas Plutokraten bei. Die Quote für Tötungsdelikte in den USA ist mit 3,9 pro 100.000 Einwohner die höchste unter allen OECD-Ländern und mehrere Male höher als die in Europa (in Deutschland liegt die Quote bei 0,9 pro 100.000 Einwohner). Jeden Monat passieren in den USA Massenmorde wie das Massaker in Las Vegas. Doch die politische Macht der Schusswaffenlobby, die selbst für Angriffswaffen Beschränkungen ablehnt, verhindert die Verabschiedung von Maßnahmen, die die öffentliche Sicherheit verbessern würden.
Eine weitere Art von Gewalt ist die Masseninhaftierung. Mit 716 Häftlingen pro 100.000 Einwohner hat Amerika die höchste Inhaftierungsrate der Welt, rund zehnmal so hoch wie die Norwegens (71 pro 100.000 Einwohner). Bemerkenswerterweise hat Amerika seine Gefängnisse teilweise privatisiert und so eine Branche geschaffen, die ein vorrangiges Interesse daran hat, die Anzahl der Häftlinge zu steigern. Der frühere Präsident Barack Obama hat eine Verordnung erlassen, private Bundesgefängnisse schrittweise abzuschaffen, aber die Trump-Regierung hat diese Verordnung aufgehoben.
Lomborg hat außerdem gefragt, warum die USA einen niedrigen Wert bei der globalen „Partnerschaft für die Ziele“ erhält, obwohl die USA 2016 etwa 33,6 Milliarden Dollar in offizieller Entwicklungshilfe (ODA) geleistet haben. Die Antwort ist einfach: Im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen von fast 19 Billionen beliefen sich die ODA-Ausgaben der USA auf lediglich 0,18% vom BNE – rund ein Viertel des globalen Ziels von 0,7% vom BIP.
Amerikas niedriger Rang im SDG-Index ist kein Amerika-Bashing. Vielmehr spiegelt es auf traurige und beunruhigende Weise den Reichtum und die Macht der Lobbys im Vergleich zu den normalen Bürgern in der US-Politik wider. Ich habe vor kurzem dabei mitgewirkt, ein Bemühen auf den Weg zu bringen, die US-Politik auf Ebene der Einzelstaaten wieder auf die nachhaltige Entwicklung zu fokussieren – und zwar durch eine Reihe von Zielen für Amerika. Erste Kandidaten für die einzelstaatlichen Parlamente beginnen bereits, diese zu übernehmen. Ich bin zuversichtlich, dass sich Amerika nach Trump wieder auf die Werte des Gemeinwohls besinnen wird, sowohl innerhalb des Landes selbst als auch als globaler Partner für eine nachhaltige Entwicklung.
Aus dem Englischen von Jan Doolan