PARIS – Vier Jahre, nachdem die Politiker aus aller Welt das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen Nachhaltiger Entwicklung (ZNE) verabschiedet haben, verschlimmert sich die globale Umweltkrise immer mehr. Die Polkappen und Gletscher schmelzen immer schneller. Die Treibhausgasemissionen steigen. Die Regenwälder am Amazonas und in Indonesien brennen, und Klimakatastrophen wie Taifune, Tornados und Überschwemmungen werden immer stärker – mit schlimmen Folgen für ganze Bevölkerungsgruppen.
Warum ist die Welt so weit von ihrem gemeinsamen Weg hin zu nachhaltigem Wachstum abgekommen? Im letzten Jahrzehnt bestanden die Aktionen gegen den Klimawandel weitgehend darin, Unternehmen und Regierungen für „grüne“ Praktiken zu loben und diejenigen zu kritisieren, die immer noch auf „braune” Maßnahmen setzen. Aber das reicht nicht aus. Wir müssen grundlegend darüber nachdenken, wie wir eine nachhaltigere Welt schaffen können.
Um grüne Initiativen weiter zu verbreiten, das Risiko für Investoren zu verringern und die Finanzierungskosten zu optimieren, muss der Finanzsektor bei diesem Übergang eine führende Rolle spielen. Und angesichts der integrierten Natur nachhaltigen Wachstums müssen Finanzinstitute enger mit nationalen und lokalen Regierungen, Regulierungsbehörden, Unternehmen, NROs und Bürgern zusammenarbeiten.
Viele Finanzinstitutionen haben sich bereits dem energetischen Übergang verpflichtet, indem sie die Kapitalflüsse weg von fossilen Energien hin zu kohlenstoffarmen und ressourceneffizienteren Unternehmen und Infrastrukturprojekten gelenkt haben. Der Umfang nachhaltiger Kredite, die Unternehmen mit geringerem Kohlenstoff-Fußabdruck bessere Finanzierungsbedingungen bieten, ist in Europa von Null im Jahr 2016 auf 40 Milliarden Euro in 2018 gestiegen. Und die weltweite Ausgabe grüner Anleihen – die auch in Europa ihren Ursprung hatte – wird in diesem Jahr wahrscheinlich ein Volumen von 200 Milliarden Dollar erreichen, von denen 20% allein in China emittiert werden.
Um die ZNE und die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen wir alle dazu ermutigen, grüner zu werden – von großen, verschmutzenden Unternehmen bis hin zu Kleinbauern und Konsumenten. Dies bedeutet, Maßnahmen für den grünen Übergang finanziell zu unterstützen, anstatt weniger umweltfreundliche Akteure zu meiden und zu entfremden.
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Aber um solche „Übergangsreisen“ zu fördern, reicht es nicht aus, die Energiefinanzierungsmodelle der Banken zu ändern oder nachhaltige Kreditmodelle und Anleihen zu entwickeln. Vielmehr ist es Zeit für einen neuen Ansatz, der effektiv und skalierbar ist und den Anforderungen der Investoren entspricht.
Insbesondere zwei Lösungen sind dabei aussichtsreich: Um Projekte zu finanzieren, die der Industrie dabei helfen, nachhaltiger zu werden, weniger Kohlenstoff und Abfälle zu produzieren und/oder durch faire Arbeitsbedingungen das soziale Wohlergehen zu verbessern, können erstens neue „Übergangsanleihen“ gestaltet werden. Gute Kandidaten für solche Finanzierungen sind beispielsweise die Zementindustrie, der Bergbau, die Gasversorger oder die Landwirtschaft.
Obwohl Übergangsanleihen erst seit Anfang dieses Jahres wirklich im Gespräch sind, besteht unter Investoren bereits jetzt starkes Interesse und eine eindeutige Nachfrage danach. Sie wollen umfassendere Daten, bessere Informationen und stärkere Diversifizierung, um in mehr Sektoren investieren zu können. Außerdem möchten sie lieber in diesen Industriebereiche investiert bleiben, als ihre Gelder von ihnen abziehen zu müssen. Auch mögliche Emittenten sind immer stärker an solchen Anleihen interessiert: Sie müssen den Investoren beweisen, dass sie ihre eigene „Übergangsreise“ bereits begonnen haben.
In diesem Zusammenhang haben die beiden Übergangsanleihen, die 2019 emittiert wurden, die Frage aufgeworfen, wie man allgemein akzeptierte Standards für einen solchen „Übergang“ definieren und anwenden kann. Momentan gibt es keine „Übergangsprinzipien“, anhand derer die Emittenten die Prinzipien grüner und sozialer Anleihen auf ihre Finanzierungsbedürfnisse anwenden können. Daher werden solche Emissionen nicht notwendigerweise so gestaltet, dass sie diese Prinzipien erfüllen.
Natürlich wird von den Emittenten erwartet, dass sie bezüglich ihres Übergangs zu einem grüneren Fußabdruck und der Ausgabe ihrer Anleihen transparent sind. Aber bis jetzt müssen sie das, was sie als „Übergang“ bezeichnen, gemeinsam mit den Investoren von Fall zu Fall neu bestimmen. Zukünftig sollten sich Übergangsanleihen daher nach Normen, Standards und Offenlegungsmechanismen richten müssen, die für den gesamten grünen Anleihemarkt gelten.
Die zweite große Möglichkeit zur Finanzierung des Übergangs besteht in der gemeinsamen Finanzierung durch kooperative Programme, die Privatkapital für öffentliche Zwecke mobilisieren. Diese Initiativen bringen ein weites Feld öffentlicher und privater Akteure zusammen, darunter auch multilaterale Organisationen, um Projekte mit starken ökologischen und sozialen Auswirkungen zu finanzieren. Darüber hinaus trägt dieser gemeinsame Ansatz dazu bei, Projekte zu skalieren, ihr Risiko zu verringern und ihre Finanzierung zu optimieren.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Finanzierungsfazilität für Tropische Landschaften, die gemeinsam mit dem UN-Umweltprogramm in Indonesien entwickelt wurde: Die Initiative verbindet private, öffentliche und philanthropische Mittel, um den ökologischen und sozialen Nutzen zu optimieren. Darüber hinaus bietet sie vollständige Transparenz und messbare Ergebnisse, ohne dabei das Risiko-Rendite-Verhältnis des Projekts zu gefährden.
Solche Projekte zielen auf die Verbesserung ganzer Ökosysteme ab – ob auf der Ebene einzelner Wälder oder ganzer Regionen und Länder. Diese Initiativen müssen von Anfang an die entscheidenden Akteure (insbesondere Regierungen, NROs und Regulierungsbehörden) mit jenen zusammenbringen, die vor Ort ökologische und soziale Projekte durchführen (wie Unternehmen, landwirtschaftliche Kooperativen, Investoren oder Banken).
Eine solche Übergangsfinanzierung erfordert Disziplin, Transparenz und eine genaue Bewertung der ökologischen Effekte in Bezug auf die Emission von Treibhausgasen, das Verschmutzungsniveau, die Abholzung, die Degradierung von Boden und Wasser sowie die Aufnahmefähigkeit für Kohlenstoff. Damit solche Initiativen einer gründlichen Untersuchung standhalten und Skeptiker zufriedenstellen können, muss der Nachweis ihrer Wirksamkeit detaillierter, evidenter und überzeugender ausfallen als bei grünen Anleihen.
Um Transparenz gewährleisten, Fortschritte messen und den grünen Übergang erfolgreich und skalierbar gestalten zu können, spielen Daten und digitale Technologien eine entscheidende Rolle. Belastbare und verlässliche Daten und Verarbeitungsmethoden sorgen für Vertrauen und Glaubwürdigkeit unter allen Teilnehmern und fördern die Reise des Übergangs. In dieser Hinsicht sieht die Beziehung zwischen digitalen Innovationen und „grünen Fintechs“ einer viel versprechenden Zukunft entgegen.
Die Welt steht vor einer immer stärkeren Klimakrise, und die Finanzinstitute müssen bei der globalen Antwort darauf eine führende Rolle übernehmen. Durch innovative neue Ansätze kann der Finanzsektor selbst einen positiven grünen Übergang erreichen – und anderen bei ihrem eigenen helfen.
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PARIS – Vier Jahre, nachdem die Politiker aus aller Welt das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen Nachhaltiger Entwicklung (ZNE) verabschiedet haben, verschlimmert sich die globale Umweltkrise immer mehr. Die Polkappen und Gletscher schmelzen immer schneller. Die Treibhausgasemissionen steigen. Die Regenwälder am Amazonas und in Indonesien brennen, und Klimakatastrophen wie Taifune, Tornados und Überschwemmungen werden immer stärker – mit schlimmen Folgen für ganze Bevölkerungsgruppen.
Warum ist die Welt so weit von ihrem gemeinsamen Weg hin zu nachhaltigem Wachstum abgekommen? Im letzten Jahrzehnt bestanden die Aktionen gegen den Klimawandel weitgehend darin, Unternehmen und Regierungen für „grüne“ Praktiken zu loben und diejenigen zu kritisieren, die immer noch auf „braune” Maßnahmen setzen. Aber das reicht nicht aus. Wir müssen grundlegend darüber nachdenken, wie wir eine nachhaltigere Welt schaffen können.
Um grüne Initiativen weiter zu verbreiten, das Risiko für Investoren zu verringern und die Finanzierungskosten zu optimieren, muss der Finanzsektor bei diesem Übergang eine führende Rolle spielen. Und angesichts der integrierten Natur nachhaltigen Wachstums müssen Finanzinstitute enger mit nationalen und lokalen Regierungen, Regulierungsbehörden, Unternehmen, NROs und Bürgern zusammenarbeiten.
Dazu hat der Bankensektor zusammen mit den Zentralbanken, kürzlich die Prinzipien für verantwortliches Bankwesen und das Netzwerk für ein grüneres Finanzsystem ins Leben gerufen. Diese Plattformen können gemeinsam mit den Prinzipien für verantwortliche Investments aus dem Jahr 2006 als Grundlage für Finanzinitiativen dienen, die alle wirtschaftlichen Akteure nachhaltiger machen.
Viele Finanzinstitutionen haben sich bereits dem energetischen Übergang verpflichtet, indem sie die Kapitalflüsse weg von fossilen Energien hin zu kohlenstoffarmen und ressourceneffizienteren Unternehmen und Infrastrukturprojekten gelenkt haben. Der Umfang nachhaltiger Kredite, die Unternehmen mit geringerem Kohlenstoff-Fußabdruck bessere Finanzierungsbedingungen bieten, ist in Europa von Null im Jahr 2016 auf 40 Milliarden Euro in 2018 gestiegen. Und die weltweite Ausgabe grüner Anleihen – die auch in Europa ihren Ursprung hatte – wird in diesem Jahr wahrscheinlich ein Volumen von 200 Milliarden Dollar erreichen, von denen 20% allein in China emittiert werden.
Um die ZNE und die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen wir alle dazu ermutigen, grüner zu werden – von großen, verschmutzenden Unternehmen bis hin zu Kleinbauern und Konsumenten. Dies bedeutet, Maßnahmen für den grünen Übergang finanziell zu unterstützen, anstatt weniger umweltfreundliche Akteure zu meiden und zu entfremden.
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Aber um solche „Übergangsreisen“ zu fördern, reicht es nicht aus, die Energiefinanzierungsmodelle der Banken zu ändern oder nachhaltige Kreditmodelle und Anleihen zu entwickeln. Vielmehr ist es Zeit für einen neuen Ansatz, der effektiv und skalierbar ist und den Anforderungen der Investoren entspricht.
Insbesondere zwei Lösungen sind dabei aussichtsreich: Um Projekte zu finanzieren, die der Industrie dabei helfen, nachhaltiger zu werden, weniger Kohlenstoff und Abfälle zu produzieren und/oder durch faire Arbeitsbedingungen das soziale Wohlergehen zu verbessern, können erstens neue „Übergangsanleihen“ gestaltet werden. Gute Kandidaten für solche Finanzierungen sind beispielsweise die Zementindustrie, der Bergbau, die Gasversorger oder die Landwirtschaft.
Obwohl Übergangsanleihen erst seit Anfang dieses Jahres wirklich im Gespräch sind, besteht unter Investoren bereits jetzt starkes Interesse und eine eindeutige Nachfrage danach. Sie wollen umfassendere Daten, bessere Informationen und stärkere Diversifizierung, um in mehr Sektoren investieren zu können. Außerdem möchten sie lieber in diesen Industriebereiche investiert bleiben, als ihre Gelder von ihnen abziehen zu müssen. Auch mögliche Emittenten sind immer stärker an solchen Anleihen interessiert: Sie müssen den Investoren beweisen, dass sie ihre eigene „Übergangsreise“ bereits begonnen haben.
In diesem Zusammenhang haben die beiden Übergangsanleihen, die 2019 emittiert wurden, die Frage aufgeworfen, wie man allgemein akzeptierte Standards für einen solchen „Übergang“ definieren und anwenden kann. Momentan gibt es keine „Übergangsprinzipien“, anhand derer die Emittenten die Prinzipien grüner und sozialer Anleihen auf ihre Finanzierungsbedürfnisse anwenden können. Daher werden solche Emissionen nicht notwendigerweise so gestaltet, dass sie diese Prinzipien erfüllen.
Natürlich wird von den Emittenten erwartet, dass sie bezüglich ihres Übergangs zu einem grüneren Fußabdruck und der Ausgabe ihrer Anleihen transparent sind. Aber bis jetzt müssen sie das, was sie als „Übergang“ bezeichnen, gemeinsam mit den Investoren von Fall zu Fall neu bestimmen. Zukünftig sollten sich Übergangsanleihen daher nach Normen, Standards und Offenlegungsmechanismen richten müssen, die für den gesamten grünen Anleihemarkt gelten.
Die zweite große Möglichkeit zur Finanzierung des Übergangs besteht in der gemeinsamen Finanzierung durch kooperative Programme, die Privatkapital für öffentliche Zwecke mobilisieren. Diese Initiativen bringen ein weites Feld öffentlicher und privater Akteure zusammen, darunter auch multilaterale Organisationen, um Projekte mit starken ökologischen und sozialen Auswirkungen zu finanzieren. Darüber hinaus trägt dieser gemeinsame Ansatz dazu bei, Projekte zu skalieren, ihr Risiko zu verringern und ihre Finanzierung zu optimieren.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Finanzierungsfazilität für Tropische Landschaften, die gemeinsam mit dem UN-Umweltprogramm in Indonesien entwickelt wurde: Die Initiative verbindet private, öffentliche und philanthropische Mittel, um den ökologischen und sozialen Nutzen zu optimieren. Darüber hinaus bietet sie vollständige Transparenz und messbare Ergebnisse, ohne dabei das Risiko-Rendite-Verhältnis des Projekts zu gefährden.
Solche Projekte zielen auf die Verbesserung ganzer Ökosysteme ab – ob auf der Ebene einzelner Wälder oder ganzer Regionen und Länder. Diese Initiativen müssen von Anfang an die entscheidenden Akteure (insbesondere Regierungen, NROs und Regulierungsbehörden) mit jenen zusammenbringen, die vor Ort ökologische und soziale Projekte durchführen (wie Unternehmen, landwirtschaftliche Kooperativen, Investoren oder Banken).
Eine solche Übergangsfinanzierung erfordert Disziplin, Transparenz und eine genaue Bewertung der ökologischen Effekte in Bezug auf die Emission von Treibhausgasen, das Verschmutzungsniveau, die Abholzung, die Degradierung von Boden und Wasser sowie die Aufnahmefähigkeit für Kohlenstoff. Damit solche Initiativen einer gründlichen Untersuchung standhalten und Skeptiker zufriedenstellen können, muss der Nachweis ihrer Wirksamkeit detaillierter, evidenter und überzeugender ausfallen als bei grünen Anleihen.
Um Transparenz gewährleisten, Fortschritte messen und den grünen Übergang erfolgreich und skalierbar gestalten zu können, spielen Daten und digitale Technologien eine entscheidende Rolle. Belastbare und verlässliche Daten und Verarbeitungsmethoden sorgen für Vertrauen und Glaubwürdigkeit unter allen Teilnehmern und fördern die Reise des Übergangs. In dieser Hinsicht sieht die Beziehung zwischen digitalen Innovationen und „grünen Fintechs“ einer viel versprechenden Zukunft entgegen.
Die Welt steht vor einer immer stärkeren Klimakrise, und die Finanzinstitute müssen bei der globalen Antwort darauf eine führende Rolle übernehmen. Durch innovative neue Ansätze kann der Finanzsektor selbst einen positiven grünen Übergang erreichen – und anderen bei ihrem eigenen helfen.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff