NEW YORK – Nach der jüngsten Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2024 (COP29) in Baku stellt sich eine drängende Frage: Wie geht es weiter? Da die einzelnen Länder Anfang nächsten Jahres ihre aktualisierten national festgelegten Beiträge (NDCs) im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 vorlegen werden, hat die Welt die Chance – und die Verantwortung – transformative Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise zu ergreifen. Die Meere müssen dabei im Mittelpunkt stehen.
Niemand versteht das besser als kleine Inselentwicklungsländer wie Palau. Für uns ist Klimapolitik keine abstrakte Debatte über hypothetische zukünftige Risiken, sondern ein Kampf ums Überleben. Korallenriffe bleichen bereits aus, Unwetter werden häufiger und zerstörerischer und Dürren bedrohen die Ernährungssicherheit. Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht nicht nur unser Land, sondern auch unsere Kultur, unsere Lebensweise und letztendlich unsere Existenz.
Bislang reicht die internationale Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen bei Weitem nicht aus, um den Bedarf der Entwicklungsländer zu decken. Die kleinen Inselentwicklungsländer erhalten zusammen weniger als 2 Prozent der globalen Klimafinanzierung, obwohl sie 30 Prozent der Hoheitsgewässer der Welt wirtschaftlich verwalten. Das ist ein eklatantes Ungleichgewicht, insbesondere angesichts des enormen ungenutzten Potenzials der Meere, zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen.
Meere bilden die größte Kohlenstoffsenke unseres Planeten. Sie nehmen 25 Prozent aller CO2-Emissionen und unglaubliche 90 Prozent jener überschüssigen Wärme auf, die aufgrund der Erwärmung der Atmosphäre entsteht. Laut einem Bericht aus dem Jahr 2023 können uns ozeanbasierte Klimalösungen auf dem Weg zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs um 1,5 Grad bis 2050 unseren Emissionsreduktionszielen um bis zu 35 Prozent näherbringen. Und die Eindämmung des Klimawandels ist nur der Anfang - gesunde Ozeane spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung nachhaltiger Lebensgrundlagen für gefährdete Bevölkerungsgruppen weltweit.
Man denke an naturbasierte Lösungen wie die Wiederherstellung von Mangroven, Seegras und Korallenriffen. Diese Ökosysteme binden nicht nur CO2, sondern dienen auch als natürliche Schutzbarriere gegen steigende Meeresspiegel sowie Extremwetterereignisse und bilden darüber hinaus die Existenzgrundlage für lokale Bevölkerungen. In Palau dienen Meereschutzgebiete dem Erhalt der Artenvielfalt, unterstützen die nachhaltige Fischerei und stärken die Tourismusbranche.
Bisher wurden die Weltmeere – sowie die von ihnen unterstützten Ökosysteme – in globalen Klimastrategien eher stiefmütterlich behandelt und zugunsten sichtbarer Prioritäten wie erneuerbarer Energien und Emissionssenkungen in den Hintergrund gedrängt. Das hochrangige Gremium für eine nachhaltige Meereswirtschaft hat festgestellt, dass viele seiner Mitgliedsländer – die zusammengenommen die Hälfte der Hoheitsgewässer der Welt verwalten – die Ozeane noch nicht vollständig in ihre national festgelegten Beiträge integriert haben.
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Dieses Versäumnis bietet eine wichtige Chance, die die Länder bei der Vorbereitung ihrer bis Februar einzureichenden national festgelegten Beiträge ergreifen sollten. Rücken die Meere in den Mittelpunkt unserer Klimastrategien, verwandeln sie sich von stummen Opfern der globalen Erwärmung zu einer aktiven Kraft für die Eindämmung des Klimawandels und den Aufbau von Resilienz.
Das Blue Economy and Finance Forum (BEFF) wird im Juni stattfinden. Dabei handelt es sich um eine „Sonderveranstaltungen“, die den Rahmen für die dritte Weltozeankonferenz der Vereinten Nationen in Nizza bilden werden. Das BEFF zielt darauf ab, Finanzmittel für meeresbasierte Lösungen zu erschließen, insbesondere für Investitionen, die sich positiv auf die Biodiversität auswirken und gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung sowie Klimaziele unterstützen. Wie wir jedoch auf der COP29 gesehen haben, sind die öffentlichen Haushalte bereits stark belastet. Die Mobilisierung von privatem Kapital neben öffentlichen Investitionen ist daher unerlässlich, um einen wirkungsvollen Wandel voranzutreiben.
Um den Grund dafür zu verstehen, braucht man sich nur die Schifffahrtsindustrie anzusehen, die mehr CO2 ausstößt als beinahe sechsLänder. Entscheidende Teile des Netto-Null-Puzzles für die Branche gibt es bereits. Reedereien planen den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft. Die dafür benötigten Technologien – insbesondere „grüne Kraftstoffe“ wie grünes Methanol und Ammoniak – wurden bereits entwickelt. Und die Hersteller sind bereit, die Produktion der Kraftstoffe auszuweiten und gleichzeitig weiter innovativ zu sein. Dennoch hat sich die Produktionssteigerung als schwierig erwiesen, da Investoren entscheidende grüne Technologien immer noch als zu riskant betrachten.
Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Finanzierung unterstreicht den Bedarf an kreativen Finanzierungslösungen, wie etwa staatlich abgesicherten Garantien oder Mischfinanzierungsinstrumenten. Glücklicherweise bietet das auf der COP29 vereinbarte neue kollektive quantifizierte Klimafinanzierungsziel die Möglichkeit, ehrgeizige Ziele zu definieren und innovative Mechanismen zu nutzen, um private Investitionen in großem Umfang zu mobilisieren.
Trotz aller Enttäuschungen lieferte die COP29 einen weiteren Grund für vorsichtigen Optimismus: In den dort geführten Diskussionen wurde zunehmend anerkannt, dass Schutzmaßnahmen für die Meere auch Maßnahmen für den Klimaschutz sind. Diese Idee, die 2019 während des Dialogs über Ozeane und Klimawandel auf der COP25 an Fahrt gewann, hat sich zu einer starken Bewegung entwickelt. Folglich gewinnen auch ozeanbasierte Klimalösungen an Dynamik.
Um diese Dynamik jedoch für messbare Maßnahmen zu nutzen – wie die Erweiterung von Meeresschutzgebieten, die auch Mangroven und Seegraswiesen umfassen, oder die verstärkte Dekarbonisierung der Schifffahrtsindustrie – ist eine Zusammenarbeit über Sektoren und Grenzen hinweg erforderlich. Und es werden weitaus mehr Finanzmittel nötig sein. Mit Blick auf die BEFF und darüber hinaus müssen wir eines ganz klar herausstellen: Investitionen in die Ozeane sind Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft.
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By banning TikTok, US authorities have sent American users of the app flocking to Chinese platforms with even fewer safeguards on data security or algorithmic manipulation. Though these, too, might be banned, others will replace them, leading America to construct, one prohibition at a time, its own "Great Firewall."
thinks the US government's ban on the app has left it in an untenable position.
While some observers doubt that US President-elect Donald Trump poses a grave threat to US democracy, others are bracing themselves for the destruction of the country’s constitutional order. With Trump’s inauguration just around the corner, we asked PS commentators how vulnerable US institutions really are.
NEW YORK – Nach der jüngsten Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2024 (COP29) in Baku stellt sich eine drängende Frage: Wie geht es weiter? Da die einzelnen Länder Anfang nächsten Jahres ihre aktualisierten national festgelegten Beiträge (NDCs) im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 vorlegen werden, hat die Welt die Chance – und die Verantwortung – transformative Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise zu ergreifen. Die Meere müssen dabei im Mittelpunkt stehen.
Niemand versteht das besser als kleine Inselentwicklungsländer wie Palau. Für uns ist Klimapolitik keine abstrakte Debatte über hypothetische zukünftige Risiken, sondern ein Kampf ums Überleben. Korallenriffe bleichen bereits aus, Unwetter werden häufiger und zerstörerischer und Dürren bedrohen die Ernährungssicherheit. Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht nicht nur unser Land, sondern auch unsere Kultur, unsere Lebensweise und letztendlich unsere Existenz.
Bislang reicht die internationale Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen bei Weitem nicht aus, um den Bedarf der Entwicklungsländer zu decken. Die kleinen Inselentwicklungsländer erhalten zusammen weniger als 2 Prozent der globalen Klimafinanzierung, obwohl sie 30 Prozent der Hoheitsgewässer der Welt wirtschaftlich verwalten. Das ist ein eklatantes Ungleichgewicht, insbesondere angesichts des enormen ungenutzten Potenzials der Meere, zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen.
Meere bilden die größte Kohlenstoffsenke unseres Planeten. Sie nehmen 25 Prozent aller CO2-Emissionen und unglaubliche 90 Prozent jener überschüssigen Wärme auf, die aufgrund der Erwärmung der Atmosphäre entsteht. Laut einem Bericht aus dem Jahr 2023 können uns ozeanbasierte Klimalösungen auf dem Weg zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs um 1,5 Grad bis 2050 unseren Emissionsreduktionszielen um bis zu 35 Prozent näherbringen. Und die Eindämmung des Klimawandels ist nur der Anfang - gesunde Ozeane spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung nachhaltiger Lebensgrundlagen für gefährdete Bevölkerungsgruppen weltweit.
Man denke an naturbasierte Lösungen wie die Wiederherstellung von Mangroven, Seegras und Korallenriffen. Diese Ökosysteme binden nicht nur CO2, sondern dienen auch als natürliche Schutzbarriere gegen steigende Meeresspiegel sowie Extremwetterereignisse und bilden darüber hinaus die Existenzgrundlage für lokale Bevölkerungen. In Palau dienen Meereschutzgebiete dem Erhalt der Artenvielfalt, unterstützen die nachhaltige Fischerei und stärken die Tourismusbranche.
Bisher wurden die Weltmeere – sowie die von ihnen unterstützten Ökosysteme – in globalen Klimastrategien eher stiefmütterlich behandelt und zugunsten sichtbarer Prioritäten wie erneuerbarer Energien und Emissionssenkungen in den Hintergrund gedrängt. Das hochrangige Gremium für eine nachhaltige Meereswirtschaft hat festgestellt, dass viele seiner Mitgliedsländer – die zusammengenommen die Hälfte der Hoheitsgewässer der Welt verwalten – die Ozeane noch nicht vollständig in ihre national festgelegten Beiträge integriert haben.
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Das Blue Economy and Finance Forum (BEFF) wird im Juni stattfinden. Dabei handelt es sich um eine „Sonderveranstaltungen“, die den Rahmen für die dritte Weltozeankonferenz der Vereinten Nationen in Nizza bilden werden. Das BEFF zielt darauf ab, Finanzmittel für meeresbasierte Lösungen zu erschließen, insbesondere für Investitionen, die sich positiv auf die Biodiversität auswirken und gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung sowie Klimaziele unterstützen. Wie wir jedoch auf der COP29 gesehen haben, sind die öffentlichen Haushalte bereits stark belastet. Die Mobilisierung von privatem Kapital neben öffentlichen Investitionen ist daher unerlässlich, um einen wirkungsvollen Wandel voranzutreiben.
Um den Grund dafür zu verstehen, braucht man sich nur die Schifffahrtsindustrie anzusehen, die mehr CO2 ausstößt als beinahe sechsLänder. Entscheidende Teile des Netto-Null-Puzzles für die Branche gibt es bereits. Reedereien planen den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft. Die dafür benötigten Technologien – insbesondere „grüne Kraftstoffe“ wie grünes Methanol und Ammoniak – wurden bereits entwickelt. Und die Hersteller sind bereit, die Produktion der Kraftstoffe auszuweiten und gleichzeitig weiter innovativ zu sein. Dennoch hat sich die Produktionssteigerung als schwierig erwiesen, da Investoren entscheidende grüne Technologien immer noch als zu riskant betrachten.
Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Finanzierung unterstreicht den Bedarf an kreativen Finanzierungslösungen, wie etwa staatlich abgesicherten Garantien oder Mischfinanzierungsinstrumenten. Glücklicherweise bietet das auf der COP29 vereinbarte neue kollektive quantifizierte Klimafinanzierungsziel die Möglichkeit, ehrgeizige Ziele zu definieren und innovative Mechanismen zu nutzen, um private Investitionen in großem Umfang zu mobilisieren.
Trotz aller Enttäuschungen lieferte die COP29 einen weiteren Grund für vorsichtigen Optimismus: In den dort geführten Diskussionen wurde zunehmend anerkannt, dass Schutzmaßnahmen für die Meere auch Maßnahmen für den Klimaschutz sind. Diese Idee, die 2019 während des Dialogs über Ozeane und Klimawandel auf der COP25 an Fahrt gewann, hat sich zu einer starken Bewegung entwickelt. Folglich gewinnen auch ozeanbasierte Klimalösungen an Dynamik.
Um diese Dynamik jedoch für messbare Maßnahmen zu nutzen – wie die Erweiterung von Meeresschutzgebieten, die auch Mangroven und Seegraswiesen umfassen, oder die verstärkte Dekarbonisierung der Schifffahrtsindustrie – ist eine Zusammenarbeit über Sektoren und Grenzen hinweg erforderlich. Und es werden weitaus mehr Finanzmittel nötig sein. Mit Blick auf die BEFF und darüber hinaus müssen wir eines ganz klar herausstellen: Investitionen in die Ozeane sind Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft.
Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier