LIMA – Es war die Einigung, die jeder wollte, aber keiner besonders mochte. Früh am Sonntagmorgen ging in Lima, Peru, endlich die Klimawandelkonferenz der Vereinten Nationen zu Ende – über 24 Stunden später als geplant und nach heftigen Auseinandersetzungen in den letzten Tagen. Verhandlungsführer aus 196 Ländern haben einen Kompromiss zusammengeschustert, der dafür sorgt, dass die Welt auf dem Weg zu einem neuen Klimaabkommen in Paris nächstes Jahr auf Kurs bleibt, aber fast jeder war über das ein oder andere Zugeständnis unglücklich.
Ein Großteil der Kritik an der Einigung geht allerdings am Punkt vorbei. Die Vereinbarung von Lima hat viele Schwächen. Aber gleichzeitig stellt sie beim Versuch, ein umfassendes globales Klimaabkommen zu formen, einen grundlegenden Durchbruch dar.
Die Konferenz von Lima hatte zwei Ziele. Das erste war, einen Entwurf des Verhandlungstextes für Paris 2015 zu erstellen. Dieses Ziel wurde erreicht – aber nur in Form eines großen, 37 Seiten umfassenden Dokuments, das jede denkbare Option enthält, die die Länder nächstes Jahr berücksichtigt sehen möchten. Die Delegierten haben, getreu dem alten Grundsatz „Warum heute tun, was man auch auf morgen verschieben kann“, gar nicht erst versucht, die unterschiedlichen Möglichkeiten zu verhandeln.
Diese Verhandlungen finden nun in den fünf Vortragsreihen statt, die ab Februar 2015 geplant sind. Angesichts der Unterschiede zwischen den Positionen im Text von Lima wird die Einigung auf eine Vorlage zur Unterschrift in Paris im nächsten Dezember eine enorme Aufgabe sein.
Das zweite Ziel bestand darin, sich auf die Bedingungen zu einigen, denen die Länder 2015 ihre nationalen Verpflichtungen unterwerfen – offiziell: ihre „beabsichtigten national bedingten Beiträge“. Hier waren die Differenzen deutlich spürbar.
Die Entwicklungsländer wollten, dass die „national bedingten Beiträge“ nicht nur Emissionsbeschränkungen, sondern auch Pläne für die Anpassung an den Klimawandel sowie Finanzhilfe der Industriestaaten an die ärmeren Länder beinhalten. Allerdings wurden keine Verpflichtungen für neue Geldzahlungen eingegangen, und der Einbezug von Anpassungsplänen wird nicht verpflichtend sein, sondern optional.
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Die Industrieländer hingegen wünschten sich von allen Ländern standardisierte Informationen über Emissionsziele und -pläne, um Transparenz und Vergleichbarkeit zu schaffen. Über die Hauptelemente wurde eine Einigung erzielt, aber nur als Richtlinien und nicht als Anforderungen. Auch der Vorschlag der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten, dass die Pläne der Länder einer gewissen Prüfung unterliegen sollten, fand nicht den Weg in den abschließenden Text.
Aber der Gesamteffekt der Pläne aller Länder wird berechnet, damit im nächsten Jahr bestimmt werden kann, ob die Welt genug getan hat, um die durchschnittliche globale Erwärmung auf die beschlossene Obergrenze von 2º Celsius zu beschränken. Sehr wahrscheinlich wird dies nicht der Fall sein.
Aber dabei übersehen sie die größte Errungenschaft der Lima-Einigung: Sie beendet die traditionelle Teilung der Welt in zwei Arten von Ländern, Industrieländer und Entwicklungsländer. Seit der UN-Rahmenkonvention über den Klimawandel von 1992 wurden die Verpflichtungen der Länder an ihrem jeweils aktuellen Entwicklungsniveau ausgerichtet. Die reichen Länder, „Annex 1“ genannt, wurden verpflichtet, während die ärmeren, „nicht-Annex-1“-Länder sich lediglich freiwillig bemühen sollten.
Während der letzten 22 Jahre wurde diese einseitige Unterscheidung immer weniger brauchbar. Die größeren Entwicklungs- oder Schwellenländer wie China und Brasilien verwandelten sich in wirtschaftliche Supermächte und große Treibhausgasemittenten. Daher ist es seit langem der Wunsch der klassischen Industriestaaten, die strikte Grenze zwischen den beiden traditionellen Gruppen durch eine Art von Unterscheidung zu ersetzen, die den aktuellen Zustand besser widerspiegelt. Aber die Entwicklungs- und Schwellenländer – darunter Großmächte wie China – haben darauf bestanden, den Status Quo beizubehalten.
Doch dies ist nicht länger der Fall. Die Vereinbarung von Lima verpflichtet die Länder unabhängig von der Unterscheidung zwischen Annex-1 und nicht-Annex-1. Statt dessen wird eine neue Formulierung verwendet, die aus dem jüngsten Abkommen zwischen den USA und China stammt: Die Pflichten der Länder ergeben sich aus „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher nationaler Umstände“. Die strikte Grenze wurde durchbrochen.
Theoretisch bleibt die Ausgestaltung des langfristigen Abkommens von Paris durch die Einigung über die „national bedingten Beiträge“ in Lima unberührt. Daher können wir im nächsten Jahr mit weiteren heftigen Auseinandersetzungen zu diesem Thema rechnen. Aber die überwiegende Mehrheit der Entwicklungs- und Schwellenländer – darunter China und Brasilien – sind mit der neuen Methodik zufrieden. Daher scheint eine Neuauflage des binären Modells undenkbar – was auch die Länder wissen, die sich gegen die Veränderungen gestellt haben. Deshalb waren die Auseinandersetzungen in den letzten zwei Tagen in Lima auch so heftig.
Die Lima-Konferenz hat gezeigt, wie hart die Verhandlungen im nächsten Jahr in Paris trotz des jüngsten Optimismus über weltweite Fortschritte sein werden. Aber eine höchst bedeutsame Entscheidung wurde nun endgültig getroffen. Der Wegfall der strikten Unterscheidung zwischen entwickelten und nicht entwickelten Ländern macht den Weg frei für ein Abkommen, das alle Länder unterzeichnen können, einschließlich der USA und China.
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LIMA – Es war die Einigung, die jeder wollte, aber keiner besonders mochte. Früh am Sonntagmorgen ging in Lima, Peru, endlich die Klimawandelkonferenz der Vereinten Nationen zu Ende – über 24 Stunden später als geplant und nach heftigen Auseinandersetzungen in den letzten Tagen. Verhandlungsführer aus 196 Ländern haben einen Kompromiss zusammengeschustert, der dafür sorgt, dass die Welt auf dem Weg zu einem neuen Klimaabkommen in Paris nächstes Jahr auf Kurs bleibt, aber fast jeder war über das ein oder andere Zugeständnis unglücklich.
Ein Großteil der Kritik an der Einigung geht allerdings am Punkt vorbei. Die Vereinbarung von Lima hat viele Schwächen. Aber gleichzeitig stellt sie beim Versuch, ein umfassendes globales Klimaabkommen zu formen, einen grundlegenden Durchbruch dar.
Die Konferenz von Lima hatte zwei Ziele. Das erste war, einen Entwurf des Verhandlungstextes für Paris 2015 zu erstellen. Dieses Ziel wurde erreicht – aber nur in Form eines großen, 37 Seiten umfassenden Dokuments, das jede denkbare Option enthält, die die Länder nächstes Jahr berücksichtigt sehen möchten. Die Delegierten haben, getreu dem alten Grundsatz „Warum heute tun, was man auch auf morgen verschieben kann“, gar nicht erst versucht, die unterschiedlichen Möglichkeiten zu verhandeln.
Diese Verhandlungen finden nun in den fünf Vortragsreihen statt, die ab Februar 2015 geplant sind. Angesichts der Unterschiede zwischen den Positionen im Text von Lima wird die Einigung auf eine Vorlage zur Unterschrift in Paris im nächsten Dezember eine enorme Aufgabe sein.
Das zweite Ziel bestand darin, sich auf die Bedingungen zu einigen, denen die Länder 2015 ihre nationalen Verpflichtungen unterwerfen – offiziell: ihre „beabsichtigten national bedingten Beiträge“. Hier waren die Differenzen deutlich spürbar.
Die Entwicklungsländer wollten, dass die „national bedingten Beiträge“ nicht nur Emissionsbeschränkungen, sondern auch Pläne für die Anpassung an den Klimawandel sowie Finanzhilfe der Industriestaaten an die ärmeren Länder beinhalten. Allerdings wurden keine Verpflichtungen für neue Geldzahlungen eingegangen, und der Einbezug von Anpassungsplänen wird nicht verpflichtend sein, sondern optional.
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Die Industrieländer hingegen wünschten sich von allen Ländern standardisierte Informationen über Emissionsziele und -pläne, um Transparenz und Vergleichbarkeit zu schaffen. Über die Hauptelemente wurde eine Einigung erzielt, aber nur als Richtlinien und nicht als Anforderungen. Auch der Vorschlag der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten, dass die Pläne der Länder einer gewissen Prüfung unterliegen sollten, fand nicht den Weg in den abschließenden Text.
Aber der Gesamteffekt der Pläne aller Länder wird berechnet, damit im nächsten Jahr bestimmt werden kann, ob die Welt genug getan hat, um die durchschnittliche globale Erwärmung auf die beschlossene Obergrenze von 2º Celsius zu beschränken. Sehr wahrscheinlich wird dies nicht der Fall sein.
Für viele der Kritiker der Einigung, insbesondere diejenigen aus der Umweltbewegung, zielten die Ergebnisse von Lima aufgrund dieser Kompromisse zu sehr „von unten nach oben“. Die Länder hätten zu viel Spielraum, ihre eigenen Wunschverpflichtungen einzugehen, ohne dabei durch gemeinsame, durch die Vereinbarung vorgegebene Regeln „von oben“ gebunden zu sein. Solche Kritiker befürchten, dies würde es für den Fall, dass die gemeinsamen Anstrengungen nicht ausreichen, erschweren, Länder zu weiteren Emissionssenkungen zu bewegen. Außerdem könnten einige Staaten zu zweifelhaften Bilanzmethoden greifen.
Aber dabei übersehen sie die größte Errungenschaft der Lima-Einigung: Sie beendet die traditionelle Teilung der Welt in zwei Arten von Ländern, Industrieländer und Entwicklungsländer. Seit der UN-Rahmenkonvention über den Klimawandel von 1992 wurden die Verpflichtungen der Länder an ihrem jeweils aktuellen Entwicklungsniveau ausgerichtet. Die reichen Länder, „Annex 1“ genannt, wurden verpflichtet, während die ärmeren, „nicht-Annex-1“-Länder sich lediglich freiwillig bemühen sollten.
Während der letzten 22 Jahre wurde diese einseitige Unterscheidung immer weniger brauchbar. Die größeren Entwicklungs- oder Schwellenländer wie China und Brasilien verwandelten sich in wirtschaftliche Supermächte und große Treibhausgasemittenten. Daher ist es seit langem der Wunsch der klassischen Industriestaaten, die strikte Grenze zwischen den beiden traditionellen Gruppen durch eine Art von Unterscheidung zu ersetzen, die den aktuellen Zustand besser widerspiegelt. Aber die Entwicklungs- und Schwellenländer – darunter Großmächte wie China – haben darauf bestanden, den Status Quo beizubehalten.
Doch dies ist nicht länger der Fall. Die Vereinbarung von Lima verpflichtet die Länder unabhängig von der Unterscheidung zwischen Annex-1 und nicht-Annex-1. Statt dessen wird eine neue Formulierung verwendet, die aus dem jüngsten Abkommen zwischen den USA und China stammt: Die Pflichten der Länder ergeben sich aus „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher nationaler Umstände“. Die strikte Grenze wurde durchbrochen.
Theoretisch bleibt die Ausgestaltung des langfristigen Abkommens von Paris durch die Einigung über die „national bedingten Beiträge“ in Lima unberührt. Daher können wir im nächsten Jahr mit weiteren heftigen Auseinandersetzungen zu diesem Thema rechnen. Aber die überwiegende Mehrheit der Entwicklungs- und Schwellenländer – darunter China und Brasilien – sind mit der neuen Methodik zufrieden. Daher scheint eine Neuauflage des binären Modells undenkbar – was auch die Länder wissen, die sich gegen die Veränderungen gestellt haben. Deshalb waren die Auseinandersetzungen in den letzten zwei Tagen in Lima auch so heftig.
Die Lima-Konferenz hat gezeigt, wie hart die Verhandlungen im nächsten Jahr in Paris trotz des jüngsten Optimismus über weltweite Fortschritte sein werden. Aber eine höchst bedeutsame Entscheidung wurde nun endgültig getroffen. Der Wegfall der strikten Unterscheidung zwischen entwickelten und nicht entwickelten Ländern macht den Weg frei für ein Abkommen, das alle Länder unterzeichnen können, einschließlich der USA und China.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff