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Digitale Finanzinklusion stärkt die Klimaresilienz

PURCHASE, NEW YORK – Anfang des Jahres hat sich eine Gruppe von Ökonominnen und Ökonomen zusammengetan, um die bisher umfangreichste Untersuchung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Hurrikanen auf die Vereinigten Staaten durchzuführen. Eines der erstaunlichsten Ergebnisse war, dass Unternehmen, die nur über eine physische Präsenz verfügten und sich auf der Zugbahn eines Hurrikans befanden, etwa drei Wochen lang einen Umsatzrückgang von 56 Prozent hinnehmen mussten, während Unternehmen mit einer Online-Präsenz einen weitaus geringeren Rückgang verzeichneten – nämlich nur 23 Prozent.

Die eindeutige Schlussfolgerung lautet, dass fast jedes Unternehmen – vom Baumarkt in North Carolina bis zum Laden an der Ecke in Nairobi – seine Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel durch den Einstieg in die digitale Wirtschaft stärken kann.

Die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels haben in den letzten Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Die Energie- und Automobilindustrie gestalten ihre Lieferketten neu, um den Einsatz sauberer Technologien zu fördern. Staaten setzen politische Maßnahmen zur Beschleunigung des ökologischen Wandels um, vom CO2-Grenzanpassungsmechanismus der Europäischen Union bis hin zum Inflation Reduction Act in den Vereinigten Staaten.

Woran es im Kampf gegen die globale Erwärmung jedoch häufig fehlt, sind Maßnahmen zur Förderung der digitalen und finanziellen Inklusion. Dabei sind sie eine entscheidende Voraussetzung, wenn es darum geht, Internetzugänge für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, Bankkonten für Beschäftigte und digitale Tools für Unternehmer bereitzustellen. Der von der Weltbank, dem Sustainable and Green Finance Institute und dem Mastercard Economics Institute erstellte Bericht über die Auswirkungen von Hurrikanen zeigt, warum die Integration dieser Maßnahmen in Klimaschutzpläne große Wirkung zeigen würde.

Mehr als eine Milliarde Menschen ohne Bankverbindung leben in den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ländern. Ein besserer Zugang zu digitalen Bank- und Zahlungsdiensten würde sie und ihre lokalen Gemeinschaften gegen wirtschaftliche und klimatische Schocks widerstandsfähiger machen. Nach einer Naturkatastrophe könnten Haushalte leichter an Hilfsgelder in Form digitaler Geldtransfers kommen, und Unternehmen wären in der Lage, ihre Produkte weiterhin online an ihre Kunden zu verkaufen.

Vor allem für Fintechs und gemeinnützige Organisationen bietet sich hier eine hervorragende Gelegenheit, mehr Produkte und Dienstleistungen an der Schnittstelle von Klimaresilienz und digitaler Inklusion zu entwickeln. Ein gelungenes Beispiel ist etwa das Sozialunternehmen Abalobi, das 2023 zu den Finalisten des Earthshot Prize gehörte. Abalobi hat eine App entwickelt, in der Kleinfischer ihre Fänge eintragen können und die auch genau anzeigt, wo sie fischen.

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Diese App löst zwei Probleme. Erstens liefert sie Regierungen und Forschern wertvolle Daten darüber, wer nachhaltig fischt und wer nicht. Zweitens verkaufen Kleinfischer ihre Ware oft über Zwischenhändler, die niedrige Preise zahlen, wodurch die Fischer gezwungen sind, so viel wie möglich zu fangen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dank des digitalen Marktplatzes der App können diese Fischer nun direkt mit Restaurants und anderen Abnehmern in Kontakt treten und ihren Fang zu höheren Preisen verkaufen. Dadurch sind sie in der Lage, selektiver zu fischen, was wiederum die Belastung für Meereslebewesen verringert.

Ebenso ermöglicht es die von Mastercard Community Pass unterstützte App „Yo! Pay Agric“ kleinbäuerlichen Betrieben, über ihre landwirtschaftlichen Genossenschaften mit regionalen Abnehmern in Kontakt zu treten, Zwischenhändler zu umgehen und höhere Preise für ihre Ernte zu erzielen. Die Transaktionsdaten aus diesen Verkäufen können von den Landwirten zur Feststellung ihrer Bonität verwendet werden, wodurch sie leichter an Kredite für Investitionen in Saatgut, Düngemittel und Lösungen für saubere Energie wie solarbetriebene landwirtschaftliche Geräte kommen.

Digitale und finanzielle Inklusion muss zu einer tragenden Säule künftiger Klimaschutzbemühungen werden, wobei der Schwerpunkt auf der Verringerung der Zahl der Menschen ohne Bankverbindung und dem Aufbau einer digitalen Infrastruktur in klimagefährdeten Gebieten liegen sollte. Dazu gilt es für Privatunternehmen, Regierungen und gemeinnützige Organisationen zusammenzuarbeiten, um innovative Lösungen wie Abalobi und Yo! Pay zu entwickeln. Dieser Ansatz würde lokalen Nutzern helfen, ihre finanzielle Situation zu verbessern und gleichzeitig ihre Resilienz zu stärken.

Klimawandel und Armut sind eng miteinander verknüpft: das eine Problem kann nicht wirksam bekämpft werden, ohne auch etwas gegen das andere zu unternehmen. Digitale Tools und der Zugang zu Finanzdienstleistungen werden klimabedingte Katastrophen nicht verhindern, sehr wohl aber den Menschen helfen, sich von diesen Schocks schneller zu erholen. Die Steigerung der finanziellen Resilienz der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Haushalte kommt lokalen Gemeinschaften zugute und wirkt sich gleichzeitig positiv auf die gesamte Weltwirtschaft aus.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

https://prosyn.org/jQnkaXLde