rogoff251_KAZUHIRO NOGIAFP via Getty Images_dollar exchange rates KAZUHIRO NOGI/AFP via Getty Images

Wird Trumps Wunsch nach einem schwächeren Dollar in Erfüllung gehen?

CAMBRIDGE – Falls der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Jahr 2025 in das Weiße Haus zurückkehrt - und die meisten Wettmärkte sehen die Chancen immer noch bei 60 Prozent oder darüber - stellt sich die Frage, ob sich der von ihm und seinem Vizepräsidentschaftskandidaten, Senator J.D. Vance, so sehnlichst herbeigewünschte schwache Dollar einstellen wird. Freilich sind beide der Ansicht, dass etwas getan werden muss, um dem amerikanischen Produktionssektor wieder zu altem Glanz zu verhelfen, und dass sich dieses Ziel am besten durch die Einführung hoher Zölle und die Abwertung des Dollars erreichen lässt.

Vance hat auf seinem Weg vom „Never Trumper“ zum „Forever Trumper“ wiederholt argumentiert, der heutige starke Dollar untergrabe die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Arbeitnehmer. Diese Behauptung ist ein gefundenes Fressen für die Medien, weil sie mehr nach Sportreportage als nach langweiliger Wirtschaft klingt. Die Reaktion in Kommentator-Kreisen konzentriert sich im Wesentlichen auf die Feststellung, wie wenig Einfluss der US-Präsident auf die weltweiten Devisenmärkte hat. Freilich haben schon viele Präsidenten und Finanzminister versucht, den Dollar nach oben oder nach unten zu reden, und sind damit gescheitert. Außerdem prognostiziert man, das Schreckgespenst Trumpscher Steuersenkungen und Zölle würde in Wahrheit die Zinsen steigen lassen und den Dollar stärken.

Doch in der allgemeinen Hast, Trumps Denkfehler aufzuzeigen - der Ausgangspunkt für jede vorgeschlagene MAGA-Strategie in der Mainstream-Presse - fand ein Detail keine ausreichende Beachtung: Wie vergnügte amerikanische Touristen, die sich diesen Sommer in Europa und Asien tummeln, nur zu genau wissen, ist der Dollar im Moment tatsächlich sehr stark. Dies gilt insbesondere dann, wenn man sich Dollar-Kennzahlen ansieht, in denen die Kaufkraft verschiedener Währungen berücksichtigt wird. Jede breit angelegte Messgröße des „realen Dollarkurses“ - bereinigt um die relative Inflation in den wichtigsten Handelspartnerländern der USA - zeigt, dass der Greenback weit über dem normalen historischen Niveau liegt. Nur die Höchststände von 1985 und 2002 sind damit annähernd vergleichbar, und in beiden Fällen verlor der Dollar in den Folgejahren stark an Wert.

Wechselkurse sind bekanntlich schwer zu erklären, geschweige denn vorherzusagen, aber eine empirische Regelmäßigkeit, die sich über ein breites Spektrum an Währungspaaren und historischen Umständen erstreckt, besteht darin, dass eine gewisse Konvergenz zurück zum Mittelwert stattfindet, wenn der reale Wechselkurs weit von der Norm abweicht. Diese Entwicklung verläuft nicht unbedingt rasant - in der Regel dauert es etwa drei Jahre, bis eine reale Überbewertung um die Hälfte zurückgeht - aber sie ist in den Daten dennoch recht deutlich erkennbar. Und die reale Anpassung muss nicht unbedingt durch den Wechselkurs selbst erfolgen, sondern könnte auch auf eine höhere Inflation bei den US-Handelspartnern zurückzuführen sein, auch wenn dies in der Regel nicht der Fall ist.

Das heißt, an der Behauptung, der Dollar sei zu stark, ist durchaus etwas dran. Außerdem bedeutet es, dass Trump hinsichtlich des Dollarkurses auch bei Untätigkeit höchstwahrscheinlich Glück haben wird. Das Gleiche gilt für den Fall, dass Kamala Harris Präsidentin wird.

Der Fall Japan - immer noch die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt - ist ein gutes, wenn auch extremes Beispiel für diese Dynamik. In den letzten drei Jahren hat der Yen etwa ein Drittel seines Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt, obwohl die kumulierte Inflation in den Vereinigten Staaten viel höher lag. Japan hatte Mühe, eine Inflation von auch nur 2 Prozent aufrechtzuerhalten, während die Inflation in den USA im Laufe der Präsidentschaft von Joe Biden beinahe 20 Prozent betrug. War Japan früher eines der teuersten Reiseziele unter den fortgeschrittenen Volkswirtschaften der Welt, ist es heute eines der billigsten. Auch der chinesische Renminbi hat an Wert verloren.

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Welche Kräfte werden nun Währungen wie den Yen und den Renminbi nun wieder nach oben bringen? Zum einen befinden sich die USA an einem anderen Punkt in ihrem Zinszyklus. Die langfristigen US-Zinsen werden wahrscheinlich weit über dem Niveau vor der Pandemie bleiben, während die kurzfristigen Zinsen sinken dürften. In Japan werden die Zinsen wahrscheinlich steigen. Darüber hinaus übt der schwache Yen in Japan, wo man die meisten Rohstoffe (einschließlich des in Dollar gehandelten Öls) importieren muss, zwar Aufwärtsdruck auf die Preise aus, während die Flut an Billigimporten zur Eindämmung der US-Inflation beiträgt. Tatsächlich sind die asiatischen Länder im Vorfeld einer möglichen Trump-Präsidentschaft so erpicht darauf, Waren in die USA zu exportieren, dass in Ostasien die Kosten für die Buchung von Containerschiffen explodieren.

Den genauen Zeitpunkt für einen Rückgang des realen Dollarkurses vorherzusagen, ist reine Glückssache. Der Dollar könnte vor einer Abwertung durchaus noch weiter steigen, egal was Trump auf seiner Website „Truth Social“ behauptet. Doch selbst wenn der Dollar eher früher als später nachgibt, wird dies eine zweite Trump-Regierung wohl kaum davon abhalten, ihre Zollpolitik fortzusetzen, die sowohl Trump als auch Vance als politisch sinnvolle und wirksame Lösung ansehen.

Man kann nur hoffen, dass eine Trump-Administration nicht versuchen würde, neben der Einführung von Zöllen (die schon schlimm genug sind) auch noch in die Devisenmärkte einzugreifen - zum Beispiel durch rigorose Kapitalverkehrskontrollen, um den Dollar künstlich niedrig zu halten, oder durch die Einsetzung eines schwachen Notenbankchefs. Trump und Vance mögen hinsichtlich der Kosten eines starken Dollars Recht haben, doch die meisten der von ihnen vorgeschlagenen Therapien sind schlimmer als das Leiden selbst.

Übersetzung: Helga Klinger-Groier

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