Drones_Ars Electronica_Flickr Ars Electronica/Flickr

Naturschutz auf dem neuesten Stand der Technik

BONN – Ein kleines Flugzeug befindet sich im Landeanflug. Ein Flughafen, eine Landebahn oder ein Pilot, der seine Landung steuern würde sind nicht in Sicht. Es handelt sich um ein unbemanntes Fluggerät, das von seiner Mission zurückkehrt: Es hat weder Terroristen zur Strecke gebracht, noch in fremden Ländern spioniert, sondern Nashorn-Populationen überwacht und Ausschau nach Wilderern gehalten, die Jagd auf Tiger machen.

Diese Drohne hat kein Strahltriebwerk von Rolls-Royce und auch kein Radar mit Apertur; stattdessen ist sie mit Google Maps, Kameras und einfachen Infrarotsensoren ausgestattet. Und sie kostet nicht mehr als ein durchschnittlicher Laptop.

Preiswerte neue Technologien dieser Art sind im Begriff, den Naturschutz nachhaltig zu verändern; und für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), das das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten koordiniert, können diese neuen Instrumente für den Naturschutz gar nicht früh genug kommen. Sie schließen unsere Wissenslücken über die Wanderung von Arten über große Entfernungen, so etwa von Schildkröten, Haien, Elefanten und Vögeln. Die erhobenen Daten werden anschließend genutzt, um maßgeschneiderte Erhaltungsstrategien für diese verschiedenen Arten zu entwickeln.

Arten, die auf ihren Wanderungen Ozeane und Kontinente überqueren, sind tendenziell am meisten gefährdet, weil sie auf ihren langen Reisen zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind. Sie profitieren somit von allen Technologien, die es Wissenschaftlern ermöglichen, etwas über ihr Verhalten zu erfahren. So können Wissenschaftler die unglaublichen Reisen kleiner Landvögel inzwischen mithilfe einer ultraleichten Beringung nachvollziehen, die als so genannter Geolocator dient. Wissenschaftler haben unlängst entdeckt, dass das Odinshühnchen seine Zugroute auf den schottischen Shetlandinseln beginnt, den Atlantik via Island und Grönland überquert, entlang der Ostküste der USA in südliche Richtung über die Karibik und Mexiko fliegt und seine Reise schließlich vor der Küste von Ecuador oder Peru beendet.

Die ICARUS-Initiative (International Cooperation for Animal Research Using Space) entwickelt eine Fernerkundungsplattform, die die Erde umkreisen und es Wissenschaftlern auf aller Welt ermöglichen wird, kleine Organismen zu orten und über weite Gebiete Beobachtungen und Experimente durchzuführen. Dadurch werden Wissenschaftler schon bald in der Lage sein, außergewöhnliche Wanderbewegungen wie etwa die der Unechten Karettschildkröten zu verfolgen und besser zu verstehen. Diese Meeresschildkröten schlüpfen in Australien, wo sie einige Jahre bleiben, bevor sie über den Pazifik nach Chile, Ecuador oder Peru wandern. Dreißig Jahre später kehren sie an ihren Geburtsort zurück.

Neue Technologien sind zudem von unschätzbarem Wert für die Bekämpfung der Wilderei. Neben dem Einsatz von Drohnen werden Wildhüter heute mit Wärmebildkameras und Militärhelikoptern ausgestattet, mit denen sie Wilderer verfolgen können, die Jagd auf Elefanten und Nashörner machen und die Berichten zufolge für ihre Jagd auf Beute mit ähnlichen Technologien (und automatischen Waffen) ausgerüstet sind. Ranger setzen außerdem wärmesuchende Bewegungsmelder und Nachtsichtbrillen ein, um illegale Vogelfänger zu stellen, die kleine Singvögel mithilfe von Mobiltelefonen, die elektronische Vogelstimmen abgeben einfangen und mit Allradfahrzeugen hunderte von Kilometern abfahren, um ihre Fangnetze zu kontrollieren.

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Außerdem haben das deutsche Bundesamt für Naturschutz und der World Wide Fund for Nature (WWF) in Zusammenarbeit mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Methode entwickelt, mit der Isotope in Elfenbeinproben analysiert werden können, um die Herkunft der Stoßzähne zu bestimmen. Auf diese Weise können Zollbeamte und Polizei den Ursprung des konfiszierten Elfenbeins feststellen und genau bestimmen, woher die Schmuggelware stammt.

Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem Technologie zum Einsatz kommt, ist die Verringerung von „Konflikten zwischen Mensch und Tier“ – bei denen unbeabsichtigter Schaden entsteht, etwa indem Haie, Mantarochen, Meeresschildkröten, Delfine, Wale und Seeschildkröten zum ungewollten Beifang in Fischernetzen werden. Naturschützer versuchen seit langem das Meeresleben zu schützen, ohne dabei Fischern Probleme zu bereiten. Neuere Versuche haben gezeigt, dass die Beleuchtung von Fangnetzen mit ultraviolettem Licht diese Arten abschreckt, ohne den Fischfang zu beeinträchtigen.

Andere Formen von Konflikten zwischen Mensch und Tier lassen sich mithilfe von einfachen Apps für Mobiltelefone vermeiden. So setzt etwa der US-amerikanische Fish and Wildlife Service, eine Behörde, deren Aufgabe die Erhaltung der Natur und ihrer Artenvielfalt in den USA ist, ein GPS-Ortungssystem ein, um Bootsfahrer in Floridas Binnengewässern vor potenziellen Kollisionen mit Seekühen zu warnen. In Westaustralien werden Schwimmer mithilfe einer App vor Haien in ihrer Nähe gewarnt. Eine bessere Verfolgung der Migrationsrouten von Haien und der Einsatz von Sensoren könnten uns eingehendere Kenntnis über die Bewegungen und das Aufenthaltsgebiet von Haien verschaffen und uns auf diese Weise helfen, ihnen aus dem Weg zu gehen.

Auch wenn sich nicht alle wertvollen wandernden Arten allein durch Technologie schützen lassen, kann sie entscheidende Erkenntnisse liefern und dazu beitragen, wichtige internationale Gesetze und Vorschriften durchzusetzen, so etwa das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten und das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten. Außerdem kann Technologie dazu beitragen, dass wir besser verstehen und uns bewusster werden, wie fragil unser Planet ist und Mensch und Tier eine harmonischere Koexistenz ermöglichen.

Aus dem Englischen von Sandra Pontow.

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