SINGAPUR – Bei seinem letzten Treffen in Davos veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum seinen neunten jährlichen Global Risks Report, der auf einer Studie mit mehr als 700 führenden Unternehmern, Regierungsbeamten und Akteuren aus dem Non-Profit-Bereich beruht und die schwerwiegendsten Risiken für die Welt in den nächsten zehn Jahren aufzeigen soll. Das vielleicht Bemerkenswerteste war, dass vier der zehn aufgeführten Bedrohungen in diesem Jahr im Zusammenhang mit Wasser stehen.
Zu diesen Risiken zählen Wasserkrisen, die aus Düren und Überschwemmungen, der Verschlechterung der Wasserqualität und schlechtem Wassermanagement resultieren; das Versäumnis, den Klimawandel aufzuhalten und sich an ihn anzupassen; häufigere Extremwetterereignisse; und Nahrungsmittelkrisen, die zumindest teilweise durch Wasserknappheit ausgelöst werden. Doch hebt der Bericht die größte Besorgnis im Zusammenhang mit Wasser nicht hervor: genügend Trinkwasser sicherzustellen. Hinzukommt, dass die internationalen Organisationen das Problem zwar erkennen, ihr Lösungsansatz allerdings völlig falsch ist.
2012 gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass das Millenniumsentwicklungsziel, die Anzahl der Menschen ohne nachhaltigen Zugang zu sicherem Trinkwasser zu halbieren, lange vor dem geplanten Datum erreicht worden sei und lediglich 783 Millionen Menschen immer noch keinen Zugang zu sauberem Wasser hätten. Doch nach Schätzungen des Third World Center for Water Management trinken weltweit immer noch mindestens drei Milliarden Menschen Wasser zweifelhafter Qualität. AquaFed, das die privaten Wasserunternehmen vertritt, schätzt die Zahl auf 3,4 Milliarden – fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Das legt den Schluss nahe, dass die UNO, gelinde gesagt, ihre Siegeserklärung zu früh verkündet hat.
Es mangelt nicht an Beweisen. 2011 galten über die Hälfte der größten Seen und Flüsse Chinas als für den menschlichen Verbrauch ungeeignet. Letztes Jahr musste das chinesische Ministerium für Umweltschutz zugeben, dass „giftige und gefährliche chemische Verschmutzung zu vielen Umweltkatastrophen geführt hat, durch die die Trinkwasserversorgung abgeschnitten wurde und sogar schwerwiegende gesundheitliche und gesellschaftliche Probleme ausgelöst wurden, zum Beispiel die ‚Krebsdörfer‘.“
In Indien ist die Lage nicht viel besser. Das staatlich geführte Central Pollution Control Board meldete im letzten Jahr, dass nahezu die Hälfte der 445 Flüsse des Landes im Hinblick auf den biochemischen Sauerstoffbedarf (ein Indikator für die organische Qualität des Wassers) und Kolibakterien zu verschmutzt sei, um daraus sicheres Trinkwasser gewinnen zu können. Würde man andere Schadstoffe – wie Nitrate, Fluoride, Pestizide und Schwermetalle – einbeziehen, wäre diese Zahl beträchtlich höher.
Ebenso wurde Pakistans Nationalversammlung letztes Jahr informiert, dass 72 % der Proben, die aus dem Wasserversorgungssystem des Landes entnommen worden waren, sich nicht für den menschlichen Verbrauch eigneten, dabei wurden 77 % des Grundwassers in städtischen Gebieten und 86 % in ländlichen Gebieten für schädlich gehalten. In Nepal kam das für Wasserversorgung und Abwasser verantwortliche Department of Water Supply and Sewerage zu dem Schluss, dass 85 % seiner traditionellen Wasserversorgungssysteme schwerwiegend mit Bakterien, Eisen, Mangan und Ammoniak verseucht seien. Unterdessen wurden 2013 in Mexiko 90 % der fast 25 000 Wasserversorgungsanlagen im Bankrottzustand betrieben.
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Das Problem mit dem Ansatz der internationalen Organisationen ist, dass sie den schwammigen Begriff der „verbesserten Wasserquellen“ mit wirklich sauberem, sicherem Trinkwasser verschmelzen. Genauso haben sie das Ziel der „verbesserten sanitären Einrichtungen“ – bei dem Abwasser gesammelt, aufbereitet und sicher abgeleitet wird – verwässert, indem sie den Begriff für Toiletten in Privathäusern verwendeten.
Das vertuscht eine gewaltige Diskrepanz zwischen sanitären Einrichtungen und angemessenem Abwassermanagement. Während nahezu 90 % der Haushalte in der indischen Region Delhi über angemessene sanitäre Einrichtungen verfügen, da sie Toiletten im Innenbereich haben, wird nahezu das gesamte unbehandelte Abwasser in den Fluss Yamuna eingeleitet – eine Trinkwasserquelle für Städte stromabwärts. Ebenso gilt Mexiko-Stadt als Metropole mit hohem sanitärem Standard, obwohl es unbehandeltes Abwasser, das voll von Krankheitserregern und giftigen Chemikalien ist, in das Mezquital-Tal transportiert, wo damit Anbaupflanzen bewässert werden.
In Wirklichkeit, schätzt das Third World Center for Water Management, dass nur 10 bis 12 % der privaten und industriellen Abwässer, die in Lateinamerika produziert werden, ordnungsgemäß aufbereitet werden. Die Situation in den Entwicklungsländern Asiens ist wahrscheinlich sehr ähnlich, und in Afrika bestimmt noch schlimmer.
2011 wies eine Studie des Central Pollution Control Board of India darauf hin, dass nur 160 der 8000 Städte sowohl über einen Abwassersystem als auch über Kläranlagen verfügten. Zudem sind die meisten staatlichen Kläranlagen nicht funktionsfähig oder die meiste Zeit geschlossen, was am schlechten Management liegt, an mangelnder Wartung, fehlerhafter Konzipierung, unregelmäßiger Stromversorgung und fehlenden, ungelernten oder gleichgültigen Angestellten.
Ebenso meldete auch das chinesische Ministerium für Wohnungsbau und städtische/ländliche Entwicklung 2012, dass zwar 640 der 647 Städte und ungefähr 73 % des Landes über Abwasseraufbereitungsanlagen verfügten, aber 377 Anlagen, die im Laufe eines Jahres erbaut worden waren, nicht den nationalen Anforderungen genügten und die durchschnittliche Betriebseffizienz unter 60 % lag. Das Ministerium stellte zudem fest, dass lediglich 12 % der Anlagen dem Standard 1A entsprachen.
Darin spiegeln sich kein mangelndes Wissen, fehlende Technologie oder Fachkenntnisse wider. Auch kann man nicht mangelnden Investitionen die Schuld daran geben. China hat 112,4 Milliarden US-Dollar im Zeitraum von 2006-2011 für seine Wasserinfrastruktur ausgegeben, und Indien hat gewaltige Beträge an öffentlichen Mitteln zur Säuberung des Flusses Yamuna aufgewendet. Dennoch bleibt die Wasserversorgung beider Länder stark verschmutzt.
Die weltweiten Herausforderungen im Bereich Wasser und Sanitäreinrichtungen sind keineswegs unüberwindlich. Um sie zu lösen, braucht es einen langfristigen politischen Willen. Die Regierungen müssen starke Wasserinstitutionen aufbauen und sicherstellen, dass öffentliche Mittel so wirksam wie möglich eingesetzt werden. Gleichzeitig muss die Öffentlichkeit erkennen, dass sie bessere Wasserdienstleistungen haben kann, wenn sie bereit ist, durch Steuern, Gebühren und Transfers dazu beizutragen.
Die Medien ihrerseits müssen die Vorteile von funktionierenden Wasserversorgungs- und Abwassermanagement-Systemen betonen – und Politiker und Bürokraten zur Rechenschaft ziehen, wenn diese ihren Teil nicht beisteuern. Und schließlich müssen professionelle Wasserunternehmen ihren Schwerpunkt verlagern: von der Bereitstellung von mehr Wasser auf die nachhaltige Bereitstellung einer besseren Wasserqualität.
Geht man das Wasserproblem nicht an, würde es innerhalb einer Generation zu einer globalen Krise bislang ungekannten Ausmaßes führen. Daher könnten diese Bemühungen nicht dringender sein.
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At the end of a year of domestic and international upheaval, Project Syndicate commentators share their favorite books from the past 12 months. Covering a wide array of genres and disciplines, this year’s picks provide fresh perspectives on the defining challenges of our time and how to confront them.
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SINGAPUR – Bei seinem letzten Treffen in Davos veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum seinen neunten jährlichen Global Risks Report, der auf einer Studie mit mehr als 700 führenden Unternehmern, Regierungsbeamten und Akteuren aus dem Non-Profit-Bereich beruht und die schwerwiegendsten Risiken für die Welt in den nächsten zehn Jahren aufzeigen soll. Das vielleicht Bemerkenswerteste war, dass vier der zehn aufgeführten Bedrohungen in diesem Jahr im Zusammenhang mit Wasser stehen.
Zu diesen Risiken zählen Wasserkrisen, die aus Düren und Überschwemmungen, der Verschlechterung der Wasserqualität und schlechtem Wassermanagement resultieren; das Versäumnis, den Klimawandel aufzuhalten und sich an ihn anzupassen; häufigere Extremwetterereignisse; und Nahrungsmittelkrisen, die zumindest teilweise durch Wasserknappheit ausgelöst werden. Doch hebt der Bericht die größte Besorgnis im Zusammenhang mit Wasser nicht hervor: genügend Trinkwasser sicherzustellen. Hinzukommt, dass die internationalen Organisationen das Problem zwar erkennen, ihr Lösungsansatz allerdings völlig falsch ist.
2012 gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass das Millenniumsentwicklungsziel, die Anzahl der Menschen ohne nachhaltigen Zugang zu sicherem Trinkwasser zu halbieren, lange vor dem geplanten Datum erreicht worden sei und lediglich 783 Millionen Menschen immer noch keinen Zugang zu sauberem Wasser hätten. Doch nach Schätzungen des Third World Center for Water Management trinken weltweit immer noch mindestens drei Milliarden Menschen Wasser zweifelhafter Qualität. AquaFed, das die privaten Wasserunternehmen vertritt, schätzt die Zahl auf 3,4 Milliarden – fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Das legt den Schluss nahe, dass die UNO, gelinde gesagt, ihre Siegeserklärung zu früh verkündet hat.
Es mangelt nicht an Beweisen. 2011 galten über die Hälfte der größten Seen und Flüsse Chinas als für den menschlichen Verbrauch ungeeignet. Letztes Jahr musste das chinesische Ministerium für Umweltschutz zugeben, dass „giftige und gefährliche chemische Verschmutzung zu vielen Umweltkatastrophen geführt hat, durch die die Trinkwasserversorgung abgeschnitten wurde und sogar schwerwiegende gesundheitliche und gesellschaftliche Probleme ausgelöst wurden, zum Beispiel die ‚Krebsdörfer‘.“
In Indien ist die Lage nicht viel besser. Das staatlich geführte Central Pollution Control Board meldete im letzten Jahr, dass nahezu die Hälfte der 445 Flüsse des Landes im Hinblick auf den biochemischen Sauerstoffbedarf (ein Indikator für die organische Qualität des Wassers) und Kolibakterien zu verschmutzt sei, um daraus sicheres Trinkwasser gewinnen zu können. Würde man andere Schadstoffe – wie Nitrate, Fluoride, Pestizide und Schwermetalle – einbeziehen, wäre diese Zahl beträchtlich höher.
Ebenso wurde Pakistans Nationalversammlung letztes Jahr informiert, dass 72 % der Proben, die aus dem Wasserversorgungssystem des Landes entnommen worden waren, sich nicht für den menschlichen Verbrauch eigneten, dabei wurden 77 % des Grundwassers in städtischen Gebieten und 86 % in ländlichen Gebieten für schädlich gehalten. In Nepal kam das für Wasserversorgung und Abwasser verantwortliche Department of Water Supply and Sewerage zu dem Schluss, dass 85 % seiner traditionellen Wasserversorgungssysteme schwerwiegend mit Bakterien, Eisen, Mangan und Ammoniak verseucht seien. Unterdessen wurden 2013 in Mexiko 90 % der fast 25 000 Wasserversorgungsanlagen im Bankrottzustand betrieben.
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Das vertuscht eine gewaltige Diskrepanz zwischen sanitären Einrichtungen und angemessenem Abwassermanagement. Während nahezu 90 % der Haushalte in der indischen Region Delhi über angemessene sanitäre Einrichtungen verfügen, da sie Toiletten im Innenbereich haben, wird nahezu das gesamte unbehandelte Abwasser in den Fluss Yamuna eingeleitet – eine Trinkwasserquelle für Städte stromabwärts. Ebenso gilt Mexiko-Stadt als Metropole mit hohem sanitärem Standard, obwohl es unbehandeltes Abwasser, das voll von Krankheitserregern und giftigen Chemikalien ist, in das Mezquital-Tal transportiert, wo damit Anbaupflanzen bewässert werden.
In Wirklichkeit, schätzt das Third World Center for Water Management, dass nur 10 bis 12 % der privaten und industriellen Abwässer, die in Lateinamerika produziert werden, ordnungsgemäß aufbereitet werden. Die Situation in den Entwicklungsländern Asiens ist wahrscheinlich sehr ähnlich, und in Afrika bestimmt noch schlimmer.
2011 wies eine Studie des Central Pollution Control Board of India darauf hin, dass nur 160 der 8000 Städte sowohl über einen Abwassersystem als auch über Kläranlagen verfügten. Zudem sind die meisten staatlichen Kläranlagen nicht funktionsfähig oder die meiste Zeit geschlossen, was am schlechten Management liegt, an mangelnder Wartung, fehlerhafter Konzipierung, unregelmäßiger Stromversorgung und fehlenden, ungelernten oder gleichgültigen Angestellten.
Ebenso meldete auch das chinesische Ministerium für Wohnungsbau und städtische/ländliche Entwicklung 2012, dass zwar 640 der 647 Städte und ungefähr 73 % des Landes über Abwasseraufbereitungsanlagen verfügten, aber 377 Anlagen, die im Laufe eines Jahres erbaut worden waren, nicht den nationalen Anforderungen genügten und die durchschnittliche Betriebseffizienz unter 60 % lag. Das Ministerium stellte zudem fest, dass lediglich 12 % der Anlagen dem Standard 1A entsprachen.
Darin spiegeln sich kein mangelndes Wissen, fehlende Technologie oder Fachkenntnisse wider. Auch kann man nicht mangelnden Investitionen die Schuld daran geben. China hat 112,4 Milliarden US-Dollar im Zeitraum von 2006-2011 für seine Wasserinfrastruktur ausgegeben, und Indien hat gewaltige Beträge an öffentlichen Mitteln zur Säuberung des Flusses Yamuna aufgewendet. Dennoch bleibt die Wasserversorgung beider Länder stark verschmutzt.
Die weltweiten Herausforderungen im Bereich Wasser und Sanitäreinrichtungen sind keineswegs unüberwindlich. Um sie zu lösen, braucht es einen langfristigen politischen Willen. Die Regierungen müssen starke Wasserinstitutionen aufbauen und sicherstellen, dass öffentliche Mittel so wirksam wie möglich eingesetzt werden. Gleichzeitig muss die Öffentlichkeit erkennen, dass sie bessere Wasserdienstleistungen haben kann, wenn sie bereit ist, durch Steuern, Gebühren und Transfers dazu beizutragen.
Die Medien ihrerseits müssen die Vorteile von funktionierenden Wasserversorgungs- und Abwassermanagement-Systemen betonen – und Politiker und Bürokraten zur Rechenschaft ziehen, wenn diese ihren Teil nicht beisteuern. Und schließlich müssen professionelle Wasserunternehmen ihren Schwerpunkt verlagern: von der Bereitstellung von mehr Wasser auf die nachhaltige Bereitstellung einer besseren Wasserqualität.
Geht man das Wasserproblem nicht an, würde es innerhalb einer Generation zu einer globalen Krise bislang ungekannten Ausmaßes führen. Daher könnten diese Bemühungen nicht dringender sein.
Aus dem Englischen von Anke Püttmann