chellaney184_ Sergio FloresGetty Images_trumpmodi Sergio Flores/Getty Images

Bewährungsprobe für die Männerfreundschaft zwischen Trump und Modi

NEU DELHI – Als Donald Trump das letzte Mal US-Präsident war, florierten die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Indien. Während der Präsidentschaft von Joe Biden allerdings begannen die bilateralen Beziehungen zu bröckeln, was nicht zuletzt auf die Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zurückzuführen war. Nun stellt sich die Frage, ob das jüngste Treffen des indischen Premierministers Narendra Modi mit Trump im Weißen Haus den ersten Schritt zur Wiederherstellung dieser überaus wichtigen Beziehung markiert.

Trump macht kein Geheimnis aus seiner Überzeugung, dass persönliche Bande zwischen Staats- oder Regierungschefs stärkere bilaterale Beziehungen untermauern können. Zwischen ihm und Modi besteht sicherlich eine gewisse Affinität: Bei beiden handelt es sich um nationalistische Politiker, die es genießen, jubelnde Mengen mit aufwändigen Inszenierungen zu beeindrucken. Im September 2019 trafen sich die beiden auf einer öffentlichen Kundgebung in Houston, an der 50.000 indischstämmige Amerikaner und mehrere US-Abgeordnete teilnahmen. Im darauffolgenden Februar sprach Trump in Ahmedabad vor mehr als 100.000 Menschen. „Amerika liebt Indien“, erklärte er. „Amerika respektiert Indien, und Amerika wird dem indischen Volk immer treuer und loyaler Freunde [sic] sein.“

Nach der vollständigen Invasion der Ukraine durch Russland im Jahr 2022 trübten sich die Beziehungen zwischen den USA und Indien ein. Die Biden-Regierung mobilisierte Amerikas Verbündete und Partner, die sich ihrer Kampagne zur Bestrafung Russlands - und im Idealfall zur Änderung seines Verhaltens - anschließen sollten. Indien dachte jedoch nicht daran, sich an diesen Bemühungen zu beteiligen, sondern blieb neutral und nutzte die Gelegenheit, sich billiges russisches Öl zu sichern.

Darüber hinaus gab es noch weitere Streitpunkte. Die Biden-Regierung versuchte, durch strenge Sanktionen gegen Myanmar und die Lieferung „nicht-tödlicher Hilfe“ an Rebellengruppen die Militärjunta des Landes zu schwächen – eine Politik, die zur Instabilität in Indiens Grenzstaat Manipur beigetragen hat. Biden hofierte auch das militärgestützte Regime in Pakistan, unter anderem durch die Genehmigung eines 450-Millionen-Dollar-Deals im Jahr 2022 zur Aufrüstung der F-16-Kampfflugzeugflotte des Landes.

Ebenso begrüßte Biden die Übergangsregierung in Bangladesch, die das Militär nach dem Sturz der indienfreundlichen Regierung des Landes im vergangenen August eingesetzt hatte. Bangladeschs rascher Abstieg in Gesetzlosigkeit und islamistische Gewalt haben seither zu ernsthaften Sicherheitsrisiken für Indien geführt, wo sich bereits Millionen illegal eingewanderter Menschen aus Bangladesch aufhalten.

Auch der Umgang der USA mit separatistischen Sikh-Führern in Amerika hat die Gemüter in Indien erhitzt. Unter der Regierung Biden führten die USA eine strafrechtliche Untersuchung über die angebliche Beteiligung Indiens an mutmaßlichen Mordanschlägen gegen militante Sikhs in den USA und Kanada durch. Im vergangenen September, nur wenige Tage vor Bidens Treffen mit Modi in Delaware, trafen sich hochrangige Beamte des Weißen Hauses und der US-Geheimdienste mit sikhistischen Separatisten, um diesen zu versichern, dass sie vor „transnationaler Unterdrückung“ geschützt wären. Im darauffolgenden Monat klagten die USA einen ehemaligen indischen Geheimdienstoffizier wegen eines angeblich gescheiterten Anschlags auf einen in New York ansässigen Sikh-Militanten an, der auf der Liste der meistgesuchten Personen Indiens steht.

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Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum der Sieg Trumps bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen November in Indien Hoffnungen auf eine Neugestaltung der bilateralen Beziehungen weckt. Hilfreich dabei ist, dass Trump wiederholt versprochen hat, den Ukraine-Krieg rasch zu beenden, sodass es keine Rolle mehr spielt, dass sich Indien in diesem Konflikt nicht positioniert hat.

Einige Wochen nach Beginn der zweiten Amtszeit von Trump sind jedoch Zweifel an diesem rosigen Szenario angebracht. Bisher hat Trump nichts unternommen, um Indien von seinen hektischen Vorstößen zur Umsetzung seiner Wahlversprechen auszunehmen, die von der Erhöhung der Zölle bis zur Abschiebung undokumentierter Einwanderer reichen. Als die Trump-Regierung über 100 indische Staatsbürger in einem Militärflugzeug nach Indien zurückschickte – eine 40-stündige Tortur – waren sie an Händen und Füßen gefesselt. Modi schwieg.

Tatsächlich hat Modi Trump in keiner Weise Paroli geboten, sondern stattdessen präventiv die Zölle auf US-Importe drastisch gesenkt, in der Hoffnung, der „Tariff Man“ würde Indien dadurch nicht mehr ins Visier nehmen. Doch ein unzufriedener Trump, der Indien als „sehr großen Missbraucher“ von Zöllen bezeichnete, hat Indien von seinen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium nicht ausgenommen. Er fordert, Indien solle seinen bilateralen Handelsüberschuss in Höhe von 35 Milliarden US-Dollar durch den Kauf von mehr Öl und Erdölprodukten sowie mehr Waffen aus den USA abbauen.

Indien ist nach China und den USA der drittgrößte Primärenergieverbraucher der Welt und das Land mit dem größten Nachfragewachstum nach Öl. Das macht Indien zu einem äußerst attraktiven Markt für eine US-Regierung, die entschlossen ist, die heimische Öl- und Gasproduktion zu steigern. Das bedeutet auch, dass Trumps Engagement für eine Senkung der Ölpreise, unter anderem durch Druck auf den OPEC-Führer Saudi-Arabien, der indischen Wirtschaft zugutekommen würde.

Allerdings ist es Trump noch nie besonders am Herzen gelegen, dass seine Handelsabkommen für beide Seiten von Vorteil sind. Mit Blick auf Indien könnte sein Plan durchaus darin bestehen, die Regierung Modi mit der Androhung von Zöllen dazu zu zwingen, ein Handelsabkommen nach seinen Vorstellungen zu akzeptieren. Genau das hat er während seiner ersten Präsidentschaft mit Japan gemacht. Versucht hat er es auch mit Indien, ist damit aber gescheitert. Stattdessen hat Trump Indien den besonderen Handelsstatus entzogen, weswegen sich das Land veranlasst sah, Vergeltungszölle auf einige US-Produkte zu erheben.

Sollte Trump Indien am Ende mit weiteren Zöllen belegen, könnte sich das Wirtschaftswachstum des Landes zumindest leicht verlangsamen. Ganz allgemein droht Trumps „America First“-Handelsagenda, die im Widerspruch zu Modis Initiative „Make in India“ steht, Indiens Status als „Backoffice“ der Welt zu schwächen, denn Indien ist ein wichtiger Anbieter von IT- und Unternehmensdienstleistungen für US-Unternehmen.

Handelspolitisch macht Trump keinen Unterschied zwischen Freund und Feind. Trotzdem ist es wichtig, dass Indien zu den Freunden zählt – und Trump sollte daran interessiert sein, dass dies so bleibt. Die strategische Partnerschaft zwischen den USA und Indien trägt dazu bei, die gemeinsamen Interessen der beiden Länder in der indopazifischen Region, dem aufstrebenden wirtschaftlichen und geopolitischen Zentrum der Welt, zu fördern. Dazu gehören die Stärkung der Sicherheit auf See und die Unterstützung eines stabilen Kräfteverhältnisses. Die beiden Länder arbeiten bereits daran, die militärische Interoperabilität zu vertiefen, und, wie neue Verträge zeigen, haben die USA Russland als führender Waffenlieferant Indiens überholt.

Während Trump und Modi ihre Beziehung weiter ausbauen, sollten beide anerkennen, dass Indien Amerikas wichtigster Partner im Kampf gegen die hegemonialen Bestrebungen Chinas ist. Daher liegt es im Interesse beider Länder, die bilateralen Beziehungen wiederherzustellen und zu vertiefen, unter anderem durch eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich kritischer und neu entstehender Technologien, von künstlicher Intelligenz bis hin zur Biotechnologie. Gute persönliche Beziehungen sind ein zusätzlicher Bonus.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

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