MADRID – Während sich die Welt bemüht, COVID-19 unter Kontrolle zu bekommen und die Folgen der Krankheit für unser Leben und unseren Lebenserwerb abzumildern, sollte es jedem klar sein, dass dieser Kampf nur mit internationaler Zusammenarbeit gewonnen werden kann. Die staatlichen Maßnahmen sind wichtig, aber mittelfristig ist der Multilateralismus dabei die beste Waffe – und unsere beste Verteidigung gegen zukünftige globale Bedrohungen.
Mein Land Spanien steht in der Pandemie an vorderster Front. Das Coronavirus hat uns früher und härter getroffen als die meisten anderen Länder. Wir beklagen Tausende von Toten. Unser Gesundheitssystem wurde aufs äußerste strapaziert. Unser Volk erträgt lange Ausgangssperren mit beispielhaftem bürgerlichem Pflichtgefühl. Und wir mussten beispiellose Maßnahmen treffen, um unsere Wirtschaft zu schützen.
Als Regierungen sind wir in erster Linie gegenüber unseren Staatsbürgern verantwortlich. Aber wir wissen, dass kein Land völlig sicher sein wird, bevor die Pandemie in allen Ländern unter Kontrolle ist. Unsere anfänglichen internationalen Differenzen haben nur unseren Feind gestärkt und uns von unserem gemeinsamen Ziel entfernt.
Wenn wir aus diesen Lektionen lernen wollen, müssen wir für das öffentliche Gesundheitswesen dringend einen effektiveren Ansatz finden, der neue internationale, europäische und nationale Maßnahmen und Initiativen integriert.
Erstens benötigen wir auf der internationalen Ebene ein effektiveres Rahmenwerk, um Krankheiten und Pandemien vorbeugen, erkennen und auf sie reagieren zu können. Dieser Rahmen muss auf verstärkten Institutionen und neuen Mechanismen beruhen, die darauf ausgerichtet sind, einige der bisherigen Fehlschläge zu vermeiden. Die neuen internationalen Vorkehrungen müssen auf einer neu belebten und reformierten Weltgesundheitsorganisation beruhen, die über ein größeres Mandat und stärkere Durchsetzungskraft verfügt. Dazu muss die WHO in der Lage sein, bessere Vorbereitungs- und Reaktionsprotokolle zu entwickeln und durchzusetzen, die Weitergabe von Daten zu erzwingen und sämtliche Ressourcen zu mobilisieren, die wir benötigen.
Ein handlungsfähiger globaler Gesundheitsrahmen muss auch agil genug sein, um die gesamte Kette öffentlicher Gesundheitsinterventionen abzudecken – von wissenschaftlicher Forschung und Frühwarnung bis hin zur Formulierung, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen. Dies ist der Grund dafür, warum neben den nötigen Reformen des Entscheidungsfindungsprozesses und des Notfallkomittees der WHO auch beachtet werden sollte, welchen Beitrag andere internationale Plattformen und Organisationen zu einem notwendigen globalen Gesundheitssystem leisten können.
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Beispielsweise können die G20 und die G7 dazu beitragen, den nötigen politischen Willen zu koordinieren. Die Weltbank und andere regionale Entwicklungsbanken sind hervorragend dazu geeignet, eine Gesundheitsreform mit Ressourcen auszustatten. Und Organisationen wie die OECD haben die analytische Feuerkraft, um die besten gesundheitspolitischen Maßnahmen und Praktiken zu finden. Insgesamt müssen wir einen „einheitlichen Gesundheitsansatz“ einführen, der die ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Dimensionen der öffentlichen Gesundheit miteinander verbindet.
Zweitens muss die Europäische Union ihre Ressourcen bündeln und neue Mechanismen für gemeinsames Handeln einführen, um ein Modell zur Vorbereitung und zum Krisenmanagement zu entwickeln, dem andere Regionen folgen können. Dabei kann und muss die EU zusätzlich zu ihrer führenden Rolle bei der Einführung eines neuen und stärkeren globalen Gesundheitsrahmens ihre eigene interne Koordinierung verbessern. Immerhin wurde sie aus der internationalen Zusammenarbeit im Kohle- und Stahlsektor geboren und wurde so zum innovativsten globalen Verwaltungsmechanismus, den die Welt je gesehen hat. Ein ähnliches Niveau an Ehrgeiz wird nun benötigt, um unsere gemeinsamen Gesundheitsprobleme zu lösen.
Eine tiefere europäische Integration in diesem Bereich hätte mehrere erhebliche Vorteile. Das Europäische Zentrum für Seuchenschutz und -vorbeugung sollte größere Autonomie und mehr Ressourcen bekommen. Wir könnten eine echte europäische Zentrale für Krisenmanagement gründen, die eine schnelle Antwort auf Notfälle gewährleistet. Auch sollten die nationalen Gesundheitssysteme systematischen Stresstests unterworfen werden, um die Widerstandskraft der EU-Mitgliedstaaten gegen Schocks zu überprüfen. Ähnlich wie die rigorosen Stresstests für unsere Finanzsektoren könnte dieser Prozess dabei helfen, Schwächen zu bewältigen, optimale Vorgehensweisen zu teilen und Koordinierungswerkzeuge zu entwickeln.
Darüber hinaus sollte die EU in gemeinsame Datenbanken, medizinische Reserven und Vorräte investieren. Auch muss sie Protokolle harmonisieren und die wissenschaftliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Behandlungen und Impfstoffen fördern. Und kurzfristig sollten die europäischen Länder gemeinsam an einer koordinierten Übergangsstrategie arbeiten, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, ohne einen neuen Ausbruch auszulösen.
Auf nationaler Ebene schließlich haben wir alle viel zu tun – und sind dabei nicht nur uns selbst und unseren Bürgern verpflichtet, sondern auch unseren Nachbarn und der ganzen internationalen Gemeinschaft. Wir in Spanien werden eine Kommission bilden, um den Zustand unseres Gesundheitssystems zu bewerten und seine Schwächen und Mängel zu beheben. Aber da wir wissen, dass Pandemien die weltweit schwächsten Menschen am härtesten treffen, müssen wir auch unsere Gesundheitsdiplomatie verbessern. Um unsere Gesundheitssysteme stärken zu können, müssen wir unsere Erfahrungen mit anderen Ländern teilen und wiederum von ihnen lernen. Außerdem sollten wir im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit der Reform des Gesundheitssektors eine höhere Priorität geben.
Unternehmen wir solche Schritte, wie sie hier vorgeschlagen wurden, sind wir nach dieser Pandemie besser auf die nächste vorbereitet. Aber darauf sollten wir uns nicht beschränken: Die internationale gesundheitspolitische Zusammenarbeit muss auf andere „öffentliche Übel“ ausgeweitet werden, die wir bis jetzt noch nicht effektiv bewältigt haben: Klimawandel, bewaffnete Konflikte, Armut, steigende Ungleichheit, internationale Migration, Verbreitung von Kernwaffen, Terrorismus und mehr. Diese Herausforderungen scheinen momentan nicht so dringend zu sein, aber die Gefahr, die von ihnen ausgeht, dauert weiter an.
In unserer vernetzten Welt müssen wir den Multilateralismus wiederbeleben, indem wir in stringenter und zweckmäßiger machen. Dies bedeutet, die bereits funktionierenden Institutionen und Mechanismen zu stärken, die nicht funktionierenden zu reformieren oder abzuschaffen, und diejenigen, die wir brauchen, ins Leben zu rufen. Die Krise erinnert uns an unsere Unsicherheit und die Wichtigkeit der internationalen Einheit. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass wir alle im selben Boot sitzen. Und sie macht uns klar, warum wir eine engere gesundheitspolitische Zusammenarbeit als Katalysator für einen dringend benötigten Multilateralismus betrachten sollten.
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At the end of a year of domestic and international upheaval, Project Syndicate commentators share their favorite books from the past 12 months. Covering a wide array of genres and disciplines, this year’s picks provide fresh perspectives on the defining challenges of our time and how to confront them.
ask Project Syndicate contributors to select the books that resonated with them the most over the past year.
MADRID – Während sich die Welt bemüht, COVID-19 unter Kontrolle zu bekommen und die Folgen der Krankheit für unser Leben und unseren Lebenserwerb abzumildern, sollte es jedem klar sein, dass dieser Kampf nur mit internationaler Zusammenarbeit gewonnen werden kann. Die staatlichen Maßnahmen sind wichtig, aber mittelfristig ist der Multilateralismus dabei die beste Waffe – und unsere beste Verteidigung gegen zukünftige globale Bedrohungen.
Mein Land Spanien steht in der Pandemie an vorderster Front. Das Coronavirus hat uns früher und härter getroffen als die meisten anderen Länder. Wir beklagen Tausende von Toten. Unser Gesundheitssystem wurde aufs äußerste strapaziert. Unser Volk erträgt lange Ausgangssperren mit beispielhaftem bürgerlichem Pflichtgefühl. Und wir mussten beispiellose Maßnahmen treffen, um unsere Wirtschaft zu schützen.
Als Regierungen sind wir in erster Linie gegenüber unseren Staatsbürgern verantwortlich. Aber wir wissen, dass kein Land völlig sicher sein wird, bevor die Pandemie in allen Ländern unter Kontrolle ist. Unsere anfänglichen internationalen Differenzen haben nur unseren Feind gestärkt und uns von unserem gemeinsamen Ziel entfernt.
Wenn wir aus diesen Lektionen lernen wollen, müssen wir für das öffentliche Gesundheitswesen dringend einen effektiveren Ansatz finden, der neue internationale, europäische und nationale Maßnahmen und Initiativen integriert.
Erstens benötigen wir auf der internationalen Ebene ein effektiveres Rahmenwerk, um Krankheiten und Pandemien vorbeugen, erkennen und auf sie reagieren zu können. Dieser Rahmen muss auf verstärkten Institutionen und neuen Mechanismen beruhen, die darauf ausgerichtet sind, einige der bisherigen Fehlschläge zu vermeiden. Die neuen internationalen Vorkehrungen müssen auf einer neu belebten und reformierten Weltgesundheitsorganisation beruhen, die über ein größeres Mandat und stärkere Durchsetzungskraft verfügt. Dazu muss die WHO in der Lage sein, bessere Vorbereitungs- und Reaktionsprotokolle zu entwickeln und durchzusetzen, die Weitergabe von Daten zu erzwingen und sämtliche Ressourcen zu mobilisieren, die wir benötigen.
Ein handlungsfähiger globaler Gesundheitsrahmen muss auch agil genug sein, um die gesamte Kette öffentlicher Gesundheitsinterventionen abzudecken – von wissenschaftlicher Forschung und Frühwarnung bis hin zur Formulierung, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen. Dies ist der Grund dafür, warum neben den nötigen Reformen des Entscheidungsfindungsprozesses und des Notfallkomittees der WHO auch beachtet werden sollte, welchen Beitrag andere internationale Plattformen und Organisationen zu einem notwendigen globalen Gesundheitssystem leisten können.
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Zweitens muss die Europäische Union ihre Ressourcen bündeln und neue Mechanismen für gemeinsames Handeln einführen, um ein Modell zur Vorbereitung und zum Krisenmanagement zu entwickeln, dem andere Regionen folgen können. Dabei kann und muss die EU zusätzlich zu ihrer führenden Rolle bei der Einführung eines neuen und stärkeren globalen Gesundheitsrahmens ihre eigene interne Koordinierung verbessern. Immerhin wurde sie aus der internationalen Zusammenarbeit im Kohle- und Stahlsektor geboren und wurde so zum innovativsten globalen Verwaltungsmechanismus, den die Welt je gesehen hat. Ein ähnliches Niveau an Ehrgeiz wird nun benötigt, um unsere gemeinsamen Gesundheitsprobleme zu lösen.
Eine tiefere europäische Integration in diesem Bereich hätte mehrere erhebliche Vorteile. Das Europäische Zentrum für Seuchenschutz und -vorbeugung sollte größere Autonomie und mehr Ressourcen bekommen. Wir könnten eine echte europäische Zentrale für Krisenmanagement gründen, die eine schnelle Antwort auf Notfälle gewährleistet. Auch sollten die nationalen Gesundheitssysteme systematischen Stresstests unterworfen werden, um die Widerstandskraft der EU-Mitgliedstaaten gegen Schocks zu überprüfen. Ähnlich wie die rigorosen Stresstests für unsere Finanzsektoren könnte dieser Prozess dabei helfen, Schwächen zu bewältigen, optimale Vorgehensweisen zu teilen und Koordinierungswerkzeuge zu entwickeln.
Darüber hinaus sollte die EU in gemeinsame Datenbanken, medizinische Reserven und Vorräte investieren. Auch muss sie Protokolle harmonisieren und die wissenschaftliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Behandlungen und Impfstoffen fördern. Und kurzfristig sollten die europäischen Länder gemeinsam an einer koordinierten Übergangsstrategie arbeiten, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, ohne einen neuen Ausbruch auszulösen.
Auf nationaler Ebene schließlich haben wir alle viel zu tun – und sind dabei nicht nur uns selbst und unseren Bürgern verpflichtet, sondern auch unseren Nachbarn und der ganzen internationalen Gemeinschaft. Wir in Spanien werden eine Kommission bilden, um den Zustand unseres Gesundheitssystems zu bewerten und seine Schwächen und Mängel zu beheben. Aber da wir wissen, dass Pandemien die weltweit schwächsten Menschen am härtesten treffen, müssen wir auch unsere Gesundheitsdiplomatie verbessern. Um unsere Gesundheitssysteme stärken zu können, müssen wir unsere Erfahrungen mit anderen Ländern teilen und wiederum von ihnen lernen. Außerdem sollten wir im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit der Reform des Gesundheitssektors eine höhere Priorität geben.
Unternehmen wir solche Schritte, wie sie hier vorgeschlagen wurden, sind wir nach dieser Pandemie besser auf die nächste vorbereitet. Aber darauf sollten wir uns nicht beschränken: Die internationale gesundheitspolitische Zusammenarbeit muss auf andere „öffentliche Übel“ ausgeweitet werden, die wir bis jetzt noch nicht effektiv bewältigt haben: Klimawandel, bewaffnete Konflikte, Armut, steigende Ungleichheit, internationale Migration, Verbreitung von Kernwaffen, Terrorismus und mehr. Diese Herausforderungen scheinen momentan nicht so dringend zu sein, aber die Gefahr, die von ihnen ausgeht, dauert weiter an.
In unserer vernetzten Welt müssen wir den Multilateralismus wiederbeleben, indem wir in stringenter und zweckmäßiger machen. Dies bedeutet, die bereits funktionierenden Institutionen und Mechanismen zu stärken, die nicht funktionierenden zu reformieren oder abzuschaffen, und diejenigen, die wir brauchen, ins Leben zu rufen. Die Krise erinnert uns an unsere Unsicherheit und die Wichtigkeit der internationalen Einheit. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass wir alle im selben Boot sitzen. Und sie macht uns klar, warum wir eine engere gesundheitspolitische Zusammenarbeit als Katalysator für einen dringend benötigten Multilateralismus betrachten sollten.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff