LONDON – Vor fünfunddreißig Jahren sind Charles Burton und ich mit einer globalen Expedition über den Nordpol durch die Arktis gefahren. Wir haben drei Monate lang auf einer sich schnell bewegenden Eisscholle gecampt. Für uns war es eine Reise, die unser Leben geprägt hat und Teil eines andauernden Weltrekords geworden ist.
Aber ein anderer Rekord, der wesentlich weniger stabil ist, gehört dem arktischen Eis selbst: im März dieses Jahres war es so klein wie nie seit Beginn der Messungen.
Grund für das Verschwinden des Polareises ist die Verwendung von fossilen Brennstoffen, was nicht nur die Erderwärmung vorantreibt, sondern aufgrund der weit verbreiteten Nutzung von Schweröl als Treibstoff für Schiffe auch ganz unmittelbare Folgen hat. Schweröl ist billig und leicht zu beschaffen, aber es ist auch toxisch und schmutzig. Wenn Schiffe in der Arktis navigieren, werden Schadstoffe wie Schwefeloxid und Ruß auf dem Eis und Schnee abgelagert. Die Akkumulation von Schadstoffen beschleunigt die Schneeschmelze, die das Meerwasser aufwärmt und dadurch einen sich selbst verstärkenden Kreislauf weiterer Schmelze erzeugt.
Die Welt hat jetzt die Chance, diesen Trend in dieser Woche umzukehren, wenn sich der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation in London trifft. Bei diesem Treffen wird Kanada zusammen mit einer Reihe von Staaten - einige davon sind Anrainerstaaten der Arktis, andere nicht - eine Strategie für die Beschränkung von Verwendung und Transport von Schweröl durch Schiffe in der Arktis vorschlagen. Es ist unbedingt erforderlich, dass jeder teilnehmende Staat diese wichtige Maßnahme unterstützt, um das fragile und schnell verschwindende Ökosystem der Arktis zu schützen.
Schweröl ist seit den 1960ern der König der Schiffskraftstoffe, aber es ist erst in den letzten Jahren in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Im August 2011 wurde es für Schiffe, die in die antarktischen Gewässer fuhren, verboten, aber die arktischen Staaten haben noch nicht nachgezogen. 2015 lag der Anteil von Schweröl am gesamten Kraftstoff von Schiffen, die in der Arktis unterwegs waren, bei fast 60 Prozent.
Schweröl ist hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen so beliebt, aber es setzt sich jetzt langsam die Erkenntnis durch, dass die Kosten für Umwelt und Menschen den ökonomischen Nutzen überwiegen. Wenn Schweröl in eisigem Wasser ausläuft, zersetzt es sich nur langsam und kann Ökosysteme und damit auch die Lebensgrundlage derjenigen zerstören, die von ihnen abhängig sind. Schweröl ist auch eine wesentliche Ursache für Luftverschmutzung. Die Erderwärmungseffekte von Ruß beispielsweise sind in der Arktis bis zu fünfmal höher als in niedrigeren Breiten.
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Dabei existieren alternative Schiffskraftstoffe durchaus. Schiffsdiesel und Flüssigerdgas sind beispielsweise kosteneffektiv und sauberer als Schweröl. Was nötig ist, ist der politische Wille, einen Übergang zu weniger verschmutzenden Optionen durchzusetzen. Bisher sind nur beschränkte Schwerölverbote umgesetzt worden, wie im Südlichen Ozean und in den Gewässern um die norwegische Inselgruppe Spitzbergen. Mit dem Rückgang des arktischen Eises stehen großen Schiffen neue Schifffahrtswege zur Verfügung, die unter der Flagge der verschiedensten Länder fahren, was eine Regulierung der Verwendung von Schweröl nur noch dringlicher macht. Der Arktische Rat hat bereits gewarnt, dass durch ein erhöhtes Schiffsverkehrsaufkommen das Risiko von verheerenden Ölkatastrophen steigt.
Einige Länder handeln bereits Maßnahmen ergriffen. 2016 kündigten die Vereinigten Staaten und Kanada einen Ausstieg aus dem Schweröl für Schiffe an, die in der Arktis unterwegs sind. Viele andere Länder unterstützen diese Arbeit passiv. Aber das ist nicht genug. Jetzt, da sich der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt trifft, müssen mehr Länder aufstehen und die Länder aktiv unterstützen, die ein Verbot von Schweröl in der Arktis fordern. Das Europäische Parlament hat ein solches bereits voll unterstützt.
Es formiert sich langsam eine breite Front für einen Ausstieg aus dem Schweröl in der Arktis. Der Verband der dänischen Reedereien und der Veranstalter für Arktis-Expeditionen Hurtigruten sind nur zwei der Akteure, die strengere Regulierungen bzw. ein Verbot verlangen. Andere Reedereien unterstreichen die Notwendigkeit, Vorschriften einzuführen, um faire Bedingungen für alle Beteiligten zu gewährleisten.
Im Januar 2017 hat sich Hurtigruten der Clean Arctic Alliance angeschlossen, um das so genannten Arctic Commitment ins Leben zu rufen, eine Initiative, die Schifffahrtsunternehmen, Polarforscher, NGO, Gemeinschaften und Unternehmen zusammenbringt, um einen Ausstieg aus dem Schweröl zu unterstützen, bevor der Schiffsverkehr dort zunimmt. Gleichzeitig wird die Schifffahrtsbranche allgemein aufgerufen, auf alternative Kraftstoffe umzustellen. (Ich selbst habe zu Beginn des Jahres unterschrieben.)
Beim Treffen des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt müssen die Mitglieder der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation auf dem bereits erzielten Fortschritt aufbauen, indem sie den Ausstieg aus dem Schweröl unterstützen, der von Kanada vorgeschlagen wurde. Besonders müssen sie sich verpflichten, Maßnahmen, die auf dem Treffen beschlossen werden, auch umzusetzen und sicherzustellen, dass die Nutzung von Schweröl in arktischen Gewässern in absehbarer Zukunft verboten wird. Noch haben wir Zeit zu handeln, aber wir müssen schnell sein.
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At the end of a year of domestic and international upheaval, Project Syndicate commentators share their favorite books from the past 12 months. Covering a wide array of genres and disciplines, this year’s picks provide fresh perspectives on the defining challenges of our time and how to confront them.
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LONDON – Vor fünfunddreißig Jahren sind Charles Burton und ich mit einer globalen Expedition über den Nordpol durch die Arktis gefahren. Wir haben drei Monate lang auf einer sich schnell bewegenden Eisscholle gecampt. Für uns war es eine Reise, die unser Leben geprägt hat und Teil eines andauernden Weltrekords geworden ist.
Aber ein anderer Rekord, der wesentlich weniger stabil ist, gehört dem arktischen Eis selbst: im März dieses Jahres war es so klein wie nie seit Beginn der Messungen.
Grund für das Verschwinden des Polareises ist die Verwendung von fossilen Brennstoffen, was nicht nur die Erderwärmung vorantreibt, sondern aufgrund der weit verbreiteten Nutzung von Schweröl als Treibstoff für Schiffe auch ganz unmittelbare Folgen hat. Schweröl ist billig und leicht zu beschaffen, aber es ist auch toxisch und schmutzig. Wenn Schiffe in der Arktis navigieren, werden Schadstoffe wie Schwefeloxid und Ruß auf dem Eis und Schnee abgelagert. Die Akkumulation von Schadstoffen beschleunigt die Schneeschmelze, die das Meerwasser aufwärmt und dadurch einen sich selbst verstärkenden Kreislauf weiterer Schmelze erzeugt.
Die Welt hat jetzt die Chance, diesen Trend in dieser Woche umzukehren, wenn sich der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation in London trifft. Bei diesem Treffen wird Kanada zusammen mit einer Reihe von Staaten - einige davon sind Anrainerstaaten der Arktis, andere nicht - eine Strategie für die Beschränkung von Verwendung und Transport von Schweröl durch Schiffe in der Arktis vorschlagen. Es ist unbedingt erforderlich, dass jeder teilnehmende Staat diese wichtige Maßnahme unterstützt, um das fragile und schnell verschwindende Ökosystem der Arktis zu schützen.
Schweröl ist seit den 1960ern der König der Schiffskraftstoffe, aber es ist erst in den letzten Jahren in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Im August 2011 wurde es für Schiffe, die in die antarktischen Gewässer fuhren, verboten, aber die arktischen Staaten haben noch nicht nachgezogen. 2015 lag der Anteil von Schweröl am gesamten Kraftstoff von Schiffen, die in der Arktis unterwegs waren, bei fast 60 Prozent.
Schweröl ist hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen so beliebt, aber es setzt sich jetzt langsam die Erkenntnis durch, dass die Kosten für Umwelt und Menschen den ökonomischen Nutzen überwiegen. Wenn Schweröl in eisigem Wasser ausläuft, zersetzt es sich nur langsam und kann Ökosysteme und damit auch die Lebensgrundlage derjenigen zerstören, die von ihnen abhängig sind. Schweröl ist auch eine wesentliche Ursache für Luftverschmutzung. Die Erderwärmungseffekte von Ruß beispielsweise sind in der Arktis bis zu fünfmal höher als in niedrigeren Breiten.
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Einige Länder handeln bereits Maßnahmen ergriffen. 2016 kündigten die Vereinigten Staaten und Kanada einen Ausstieg aus dem Schweröl für Schiffe an, die in der Arktis unterwegs sind. Viele andere Länder unterstützen diese Arbeit passiv. Aber das ist nicht genug. Jetzt, da sich der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt trifft, müssen mehr Länder aufstehen und die Länder aktiv unterstützen, die ein Verbot von Schweröl in der Arktis fordern. Das Europäische Parlament hat ein solches bereits voll unterstützt.
Es formiert sich langsam eine breite Front für einen Ausstieg aus dem Schweröl in der Arktis. Der Verband der dänischen Reedereien und der Veranstalter für Arktis-Expeditionen Hurtigruten sind nur zwei der Akteure, die strengere Regulierungen bzw. ein Verbot verlangen. Andere Reedereien unterstreichen die Notwendigkeit, Vorschriften einzuführen, um faire Bedingungen für alle Beteiligten zu gewährleisten.
Im Januar 2017 hat sich Hurtigruten der Clean Arctic Alliance angeschlossen, um das so genannten Arctic Commitment ins Leben zu rufen, eine Initiative, die Schifffahrtsunternehmen, Polarforscher, NGO, Gemeinschaften und Unternehmen zusammenbringt, um einen Ausstieg aus dem Schweröl zu unterstützen, bevor der Schiffsverkehr dort zunimmt. Gleichzeitig wird die Schifffahrtsbranche allgemein aufgerufen, auf alternative Kraftstoffe umzustellen. (Ich selbst habe zu Beginn des Jahres unterschrieben.)
Beim Treffen des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt müssen die Mitglieder der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation auf dem bereits erzielten Fortschritt aufbauen, indem sie den Ausstieg aus dem Schweröl unterstützen, der von Kanada vorgeschlagen wurde. Besonders müssen sie sich verpflichten, Maßnahmen, die auf dem Treffen beschlossen werden, auch umzusetzen und sicherzustellen, dass die Nutzung von Schweröl in arktischen Gewässern in absehbarer Zukunft verboten wird. Noch haben wir Zeit zu handeln, aber wir müssen schnell sein.
Aus dem Englischen von Eva Göllner.