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So gelingt Europas Grüner Deal

BRÜSSEL – Seit der Einführung des Europäischen Grünen Deals im Jahr 2019 wird er von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als neue Wachstumsagenda der Europäischen Union angepriesen. Schließlich soll das eigentliche Klimaziel der Strategie – eine klimaneutrale EU bis 2025 – durch die Modernisierung der Wirtschaft und Innovationsförderung erreicht werden. Das überzeugt aber nicht alle.

In den letzten Monaten haben Europas Autofahrer darüber gemeckert, dass die EU Herstellung und Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotor verbieten will. Haushalte wehren sich gegen den schrittweisen Austausch von Gasheizungen und Bauern protestieren gegen ihrer Meinung nach übertriebene Umweltvorschriften. Wenige Wochen vor der Wahlen des Europäischen Parlaments versuchen rechtsextreme Parteien mit allen Mitteln, sich als offizielle Fahnenträger dieses wachsenden Unmuts zu etablieren und bereiten sich darauf vor, mit jedem gewonnenen Sitz die grüne Agenda zu sabotieren.

Die Protestierenden haben ein paar gute Argumente. Der radikale Umbau, den der Europäische Grüne Deal anstoßen soll, bringt auch die schwierige Frage mit sich, wie die Kosten für mehr Klimaschutz zwischen den Ländern und innerhalb der Länder verteilt werden sollen. Landen diese Kosten am Ende zu einem übergroßen Teil bei normalen Arbeitnehmern, oder gar den ärmsten und besonders hilfsbedürftigen Bevölkerungsgruppen, wird die Klimawende auch die Ungleichheit verschärfen – mit potenziell schwerwiegenden sozialen und politischen Folgen. Zum Glück kann eine gut durchdachte Klimapolitik dieses Problem vermeiden und sogar zu mehr sozialer Gleichheit beitragen.

Der Europäische Grüne Deal hat die Frage der Klimagerechtigkeit von Anfang an mitberücksichtigt. Seine Befürworter wussten schon immer, dass sie die politische Unterstützung des stark von der Kohle abhängigen Polens brauchen. Und sie hatte auch die „Gelbwestenbewegung“ nicht vergessen, die 2018 in Frankreich gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante höhere Besteuerung fossiler Kraftstoffe auf die Straße gegangen ist.

Es ist kein Zufall, dass die erste Leitinitiative des Europäischen Grünen Deals der „Fonds für einen gerechten Übergang“ ist, über den von 2021 bis 2027 20 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um die „wirtschaftliche Diversifizierung und Umstellung“ der Gebiete zu unterstützen, die vermutlich am stärksten von der Klimatransformation betroffen sein werden. Ebenso wenig ein Zufall ist, dass die Europäische Kommission zwar den weltweit ersten Emissionsmarkt für Gebäude und den Straßenverkehr geschaffen, gleichzeitig jedoch den Klima-Sozialfonds eingerichtet hat, der zwischen 2026 und 2032 besonders hilfsbedürftige Gruppen mit mindestens 86,7 Milliarden Euro für steigenden Energiepreise kompensieren soll.

Diese politischen Initiativen folgen den Empfehlungen, die sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zum Thema Klima-Dividenden finden. Sie werden aber nicht reichen, um die tiefgreifenden Umverteilungseffekte der Klimapolitik auszugleichen, insbesondere, wenn sich der Ausstieg aus fossilen Energieträgern weiter beschleunigt und auch auf Sektoren wie Wohnen und Verkehr ausgeweitet wird, die den Alltag der Menschen unmittelbar betreffen. Aus diesem Grund braucht Europa einen neuen grünen Gesellschaftsvertrag, der sich vor allem auf diese Sektoren konzentriert.

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Die EU sollte demnach ihre bestehenden Förderinstrumente vereinheitlichen und vereinfachen, sodass der Umbau in kohle- und emissionsintensiven Regionen noch entschiedener unterstützt wird. Außerdem sollte sie mit geeigneten Maßnahmen dafür sorgen, dass die EU-Länder die Einnahmen aus dem Emissionshandel besser und gezielter einsetzen und dabei vor allem den Umstieg auf Elektrofahrzeuge, klimafreundliche Heizanlagen und andere grüne Alternativen fördern. Und sie sollte sich für einen „Grünen Deal für die Landwirtschaft“ einsetzen, der kleine Landwirte unterstützt und einen grundlegenden Umbau der Agrar- und Ernährungsindustrie festschreibt. Solche Maßnahmen der EU würden die Umverteilungseffekte der Klimapolitik zwar nicht völlig ausgleichen, aber doch erheblich abmildern.

Des Weiteren muss die EU eine solide grüne Industriepolitik entwickeln und aus der Klimawende eine echte Chance für die Wirtschaft machen. Dazu müsste in erster Linie die „langweilige“ Binnenmarktagenda der EU wiederbelebt werden, damit Europa sein größtes Kapital – einen riesigen Binnenmarkt für Waren, Finanzdienstleistungen, Energie, Arbeitskräfte und Ideen – voll nutzen und Anreize für neue Investitionen in saubere Technologien setzen kann.

Auch Interventionen in bestimmten Technologiebereichen sind unvermeidlich. Dabei sollte die EU nicht das großflächige Konjunkturpaket der USA kopieren, sondern ihre begrenzten Ressourcen optimal einsetzen und gezielt die Bereiche fördern, in denen sie auf soliden Wettbewerbsvorteilen aufbauen kann. Natürlich braucht auch die eine oder andere etablierte Branche Hilfe bei der Klimawende. Vorrangiges Ziel sollte aber die Förderung bahnbrechender Innovationen sein.

Der Europäische Grüne Deal hat seit seiner Vorstellung vor fünf Jahren schon viel bewegt. Will die EU jedoch wirklich ihre Klimaziele für 2030 erreichen und bis 2050 klimaneutral werden, muss sie jetzt handeln, damit sich nicht von dem unvermeidlichen politischen Gegenwind ausgebremst wird. Entscheidende dafür sind ein neuer grüner Gesellschaftsvertrag und eine grüne Industriepolitik.

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