MAILAND – Fossile Brennstoffe bereiten viele Probleme. Sie sind kostspielig und eine Ursache für politische Unbeständigkeit und angebotsseitige Schwankungen. Da der weltweite Verbrauch steigt, werden auch die damit verbundenen Kosten möglicherweise drastisch emporschnellen. Am schlimmsten jedoch sind die hohen und untragbaren Kosten im Hinblick auf den CO2-Ausstoß. Tatsächlich beginnt der Beitrag der fossilen Brennstoffe zum CO2-Gehalt der Atmosphäre die anderen Probleme zu überschatten.
Doch der Verbrauch fossiler Brennstoffe und die damit verbundenen höheren CO2-Emissionen gehen Hand in Hand mit dem Wirtschaftswachstum. Das ist das größte Problem bei den Bemühungen, ein Rahmenwerk zur Bekämpfung des Klimawandels auszuarbeiten. Im Vergleich zu den industrialisierten Ländern weisen die Entwicklungsländer sowohl niedrige Pro-Kopf-Einkommen als auch geringe CO2-Emissionen pro Einwohner auf. Eine massive Eindämmung des Emissionsanstiegs in diesen Ländern würde auch ihr BIP-Wachstum hemmen und die Chancen, der Armut zu entfliehen, massiv einschränken.
Die Entwicklungsländer empfinden es auch als überaus unfair, dass sie für eine Eindämmung des Klimawandels bezahlen sollen. Die Industrieländer sind für einen Großteil des aktuellen CO2-Gehalts in der Atmosphäre sowie für einen signifikanten (wenn auch sinkenden) Anteil der weltweiten jährlichen Emissionen verantwortlich. Aus diesem Grund, so argumentieren die Vertreter der Entwicklungsländer, soll die industrialisierte Welt auch die Verantwortung für das Problem übernehmen.
Allerdings ist es mit einer simplen Verschiebung der Verantwortung auf die Industrieländer und einer Befreiung der Entwicklungsländer vom Eindämmungsprozess nicht getan. Um erfolgreich zu sein, muss eine Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels nicht nur fair, sondern auch wirksam sein. Wenn man den Entwicklungsländern Wachstum zugesteht und es keine entsprechende Abschwächung des Anstiegs ihrer CO2-Emissionen gibt, werden sich die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen in den nächsten 50 Jahren weltweit fast verdoppeln und damit etwa das Vierfache des Grenzwertes überschreiten und zwar ungeachtet dessen, was die Industrieländer tun.
Alleine können die entwickelten Länder einfach nicht sicherstellen, dass tragbare globale CO2-Werte erreicht werden. Und darauf zu warten, dass die stark wachsenden Entwicklungsländer zu den Industrieländern aufschließen, ist schon gar keine Lösung.
Die wichtigste Herausforderung ist es daher, eine Strategie auszuarbeiten, die das Wachstum in den Entwicklungsländern zwar fördert, aber auch dafür sorgt, dass bis zur Jahrhundertmitte akzeptable CO2-Emissionswerte erreicht werden.
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Dies kann durch eine Entkoppelung der Frage, wer für den Großteil der Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels bezahlt von der Frage, wo diese Bemühungen stattfinden, bewerkstelligt werden. Oder anders formuliert: Wenn die Industrieländer kurzfristig die Kosten der Eindämmung übernehmen und diese Bemühungen zu einem geringeren Anstieg der Emissionen in den Entwicklungsländern führen, wäre damit der Konflikt zwischen Wachstum in Entwicklungsländern und einer Begrenzung globaler Emissionen gelöst – oder zumindest substanziell verringert.
Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass den Entwicklungsländern keine Ziele zur Emissionsverringerung auferlegt werden sollen, bis diese mit den Industrieländern vergleichbare BIP-Werte erreicht haben. Die entwickelten Länder sollten sich diese Ziele selbst auferlegen, aber gleichzeitig in der Lage sein, ihren Verpflichtungen zumindest teilweise dadurch nachzukommen, dass sie für eine Reduktion der Emissionen in den Entwicklungsländern bezahlen (wo derartige Bemühungen von größeren Nutzen sein könnten).
Eine maßgebliche Konsequenz dieser Strategie ist ein umfassender Technologietransfer in die Entwicklungsländer, der diesen sowohl Wachstum als auch eine Senkung ihrer Emissionen ermöglicht. Je näher diese Länder einer Einbeziehung in das System der Beschränkungen rücken, desto größer der Anreiz für sie, zusätzliche eigene Investitionen zur Eindämmung der Emissionen zu tätigen.
Allgemein hat man bereits das Grundprinzip akzeptiert, wonach die Reichen einen größeren Anteil der Kosten zur Eindämmung des Klimawandels übernehmen sollten. Im Kyoto-Protokoll sind eine Reihe „gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeiten“ festgelegt, die eine ungleiche Verteilung der Lasten auf Industrie- und Entwicklungsländer implizieren, wobei die Verpflichtungen der Entwicklungsländer mit ihrem Wachstum zunehmen.
Die Bestandteile einer solchen groß angelegten Übereinkunft liegen klar auf der Hand. Die Industrieländer müssen ihre CO2-Emissionen substanziell verringern, während die Emissionen in den Entwicklungsländern steigen können, um ihnen einen Aufholprozess hinsichtlich des Wirtschaftswachstums zuzugestehen. Das Ziel ist nicht, die wachstumsbedingten Emissionen der Entwicklungsländer zu verhindern, sondern ihren Anstieg zu verlangsamen und die Verhältnisse letztlich umzudrehen, wenn es diese Länder zu mehr Wohlstand gebracht haben.
Die beste Möglichkeit, diese Strategie umzusetzen, ist ein „Emissionshandelsystem“ in den Industrieländern, wobei jedes Land eine gewisse Anzahl an Emissionszertifikaten zuerkannt bekommt, um die für dieses Land zulässigen Emissionswerte zu festzulegen. Überschreitet ein Land diesen Wert, muss es sich von Ländern, deren Emissionswerte niedriger als die zulässige Höchstgrenze liegen, zusätzliche Zertifikate kaufen. Allerdings könnte eine Industrieland auch durch Bemühungen zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes zusätzliche Zertifikate im Wert dieser Bemühungen erhalten (wodurch im eigenen Land wieder höhere Emissionswerte möglich wären).
Ein derartiges System würde die unternehmerisch motivierte Suche nach kostengünstigen Eindämmungsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern begünstigen, weil es reiche Länder bevorzugen würden, durch die Verringerung der Emissionen in anderen Ländern weniger zu zahlen. Die Eindämmung wäre effizienter und die gleichen Ausgaben der Industrieländer würden zu einer verstärkten Reduktion der globalen Emissionen führen.
Die Entwicklungsländer hätten keine expliziten Zertifikate oder Emissionsziele, bis sie zu den Industrieländern aufschließen, aber sie wüssten, dass sie zu einem gewissen Zeitpunkt (wenn ihre CO2-Emissionen beispielsweise die durchschnittlichen Werte der Industrieländer erreichen) in das weltweite Beschränkungssystem aufgenommen würden. Das wäre ein Anreiz, schon vor diesem Zeitpunkt, Entscheidungen im Hinblick auf Energiepreise und –effizienz zu treffen, die zu einer Verlangsamung des Anstiegs ihrer Emissionen ohne Behinderung des Wirtschaftswachstums führen und somit den Zeitraum zu verlängern, in dem ihre Emissionswerte keinen Beschränkungen unterliegen.
Der Konflikt zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern über die Verantwortung zur Eindämmung der CO2-Emissionen darf die Aussichten auf ein weltweites Abkommen nicht trüben. Eine faire Lösung ist ebenso komplex wie die Herausforderung durch den Klimawandel selbst, aber diese Lösung ist bestimmt möglich.
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Anders Åslund
considers what the US presidential election will mean for Ukraine, says that only a humiliating loss in the war could threaten Vladimir Putin’s position, urges the EU to take additional steps to ensure a rapid and successful Ukrainian accession, and more.
MAILAND – Fossile Brennstoffe bereiten viele Probleme. Sie sind kostspielig und eine Ursache für politische Unbeständigkeit und angebotsseitige Schwankungen. Da der weltweite Verbrauch steigt, werden auch die damit verbundenen Kosten möglicherweise drastisch emporschnellen. Am schlimmsten jedoch sind die hohen und untragbaren Kosten im Hinblick auf den CO2-Ausstoß. Tatsächlich beginnt der Beitrag der fossilen Brennstoffe zum CO2-Gehalt der Atmosphäre die anderen Probleme zu überschatten.
Doch der Verbrauch fossiler Brennstoffe und die damit verbundenen höheren CO2-Emissionen gehen Hand in Hand mit dem Wirtschaftswachstum. Das ist das größte Problem bei den Bemühungen, ein Rahmenwerk zur Bekämpfung des Klimawandels auszuarbeiten. Im Vergleich zu den industrialisierten Ländern weisen die Entwicklungsländer sowohl niedrige Pro-Kopf-Einkommen als auch geringe CO2-Emissionen pro Einwohner auf. Eine massive Eindämmung des Emissionsanstiegs in diesen Ländern würde auch ihr BIP-Wachstum hemmen und die Chancen, der Armut zu entfliehen, massiv einschränken.
Die Entwicklungsländer empfinden es auch als überaus unfair, dass sie für eine Eindämmung des Klimawandels bezahlen sollen. Die Industrieländer sind für einen Großteil des aktuellen CO2-Gehalts in der Atmosphäre sowie für einen signifikanten (wenn auch sinkenden) Anteil der weltweiten jährlichen Emissionen verantwortlich. Aus diesem Grund, so argumentieren die Vertreter der Entwicklungsländer, soll die industrialisierte Welt auch die Verantwortung für das Problem übernehmen.
Allerdings ist es mit einer simplen Verschiebung der Verantwortung auf die Industrieländer und einer Befreiung der Entwicklungsländer vom Eindämmungsprozess nicht getan. Um erfolgreich zu sein, muss eine Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels nicht nur fair, sondern auch wirksam sein. Wenn man den Entwicklungsländern Wachstum zugesteht und es keine entsprechende Abschwächung des Anstiegs ihrer CO2-Emissionen gibt, werden sich die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen in den nächsten 50 Jahren weltweit fast verdoppeln und damit etwa das Vierfache des Grenzwertes überschreiten und zwar ungeachtet dessen, was die Industrieländer tun.
Alleine können die entwickelten Länder einfach nicht sicherstellen, dass tragbare globale CO2-Werte erreicht werden. Und darauf zu warten, dass die stark wachsenden Entwicklungsländer zu den Industrieländern aufschließen, ist schon gar keine Lösung.
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Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass den Entwicklungsländern keine Ziele zur Emissionsverringerung auferlegt werden sollen, bis diese mit den Industrieländern vergleichbare BIP-Werte erreicht haben. Die entwickelten Länder sollten sich diese Ziele selbst auferlegen, aber gleichzeitig in der Lage sein, ihren Verpflichtungen zumindest teilweise dadurch nachzukommen, dass sie für eine Reduktion der Emissionen in den Entwicklungsländern bezahlen (wo derartige Bemühungen von größeren Nutzen sein könnten).
Eine maßgebliche Konsequenz dieser Strategie ist ein umfassender Technologietransfer in die Entwicklungsländer, der diesen sowohl Wachstum als auch eine Senkung ihrer Emissionen ermöglicht. Je näher diese Länder einer Einbeziehung in das System der Beschränkungen rücken, desto größer der Anreiz für sie, zusätzliche eigene Investitionen zur Eindämmung der Emissionen zu tätigen.
Allgemein hat man bereits das Grundprinzip akzeptiert, wonach die Reichen einen größeren Anteil der Kosten zur Eindämmung des Klimawandels übernehmen sollten. Im Kyoto-Protokoll sind eine Reihe „gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeiten“ festgelegt, die eine ungleiche Verteilung der Lasten auf Industrie- und Entwicklungsländer implizieren, wobei die Verpflichtungen der Entwicklungsländer mit ihrem Wachstum zunehmen.
Die Bestandteile einer solchen groß angelegten Übereinkunft liegen klar auf der Hand. Die Industrieländer müssen ihre CO2-Emissionen substanziell verringern, während die Emissionen in den Entwicklungsländern steigen können, um ihnen einen Aufholprozess hinsichtlich des Wirtschaftswachstums zuzugestehen. Das Ziel ist nicht, die wachstumsbedingten Emissionen der Entwicklungsländer zu verhindern, sondern ihren Anstieg zu verlangsamen und die Verhältnisse letztlich umzudrehen, wenn es diese Länder zu mehr Wohlstand gebracht haben.
Die beste Möglichkeit, diese Strategie umzusetzen, ist ein „Emissionshandelsystem“ in den Industrieländern, wobei jedes Land eine gewisse Anzahl an Emissionszertifikaten zuerkannt bekommt, um die für dieses Land zulässigen Emissionswerte zu festzulegen. Überschreitet ein Land diesen Wert, muss es sich von Ländern, deren Emissionswerte niedriger als die zulässige Höchstgrenze liegen, zusätzliche Zertifikate kaufen. Allerdings könnte eine Industrieland auch durch Bemühungen zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes zusätzliche Zertifikate im Wert dieser Bemühungen erhalten (wodurch im eigenen Land wieder höhere Emissionswerte möglich wären).
Ein derartiges System würde die unternehmerisch motivierte Suche nach kostengünstigen Eindämmungsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern begünstigen, weil es reiche Länder bevorzugen würden, durch die Verringerung der Emissionen in anderen Ländern weniger zu zahlen. Die Eindämmung wäre effizienter und die gleichen Ausgaben der Industrieländer würden zu einer verstärkten Reduktion der globalen Emissionen führen.
Die Entwicklungsländer hätten keine expliziten Zertifikate oder Emissionsziele, bis sie zu den Industrieländern aufschließen, aber sie wüssten, dass sie zu einem gewissen Zeitpunkt (wenn ihre CO2-Emissionen beispielsweise die durchschnittlichen Werte der Industrieländer erreichen) in das weltweite Beschränkungssystem aufgenommen würden. Das wäre ein Anreiz, schon vor diesem Zeitpunkt, Entscheidungen im Hinblick auf Energiepreise und –effizienz zu treffen, die zu einer Verlangsamung des Anstiegs ihrer Emissionen ohne Behinderung des Wirtschaftswachstums führen und somit den Zeitraum zu verlängern, in dem ihre Emissionswerte keinen Beschränkungen unterliegen.
Der Konflikt zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern über die Verantwortung zur Eindämmung der CO2-Emissionen darf die Aussichten auf ein weltweites Abkommen nicht trüben. Eine faire Lösung ist ebenso komplex wie die Herausforderung durch den Klimawandel selbst, aber diese Lösung ist bestimmt möglich.