mpaul4_MichaelBrochsteinSOPAImagesLightRocketviaGettyImages_greennewdealprotestors Michael Brochstein/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Amerikas parteiübergreifendes Versagen in der Klimapolitik

SARASOTA – Die Anti-Klimaschutz-Agenda von US-Präsident Donald Trump wird mit  Hochdruck abgearbeitet. Seine Administration hat bereits 117 Mal Maßnahmen ergriffen, um Klimaschutz-Regulierungen aufzuheben oder abzuschwächen und noch viel mehr Deregulierung ist in Planung. Durch die Aufhebung von Umweltschutzmaßnahmen in bisher ungeahntem Ausmaß, etwa auch durch präsidentielle Dekrete, setzt Trump sämtliche ihm zur Verfügung stehende Mittel ein, um die Förderung fossiler Brennstoffe und die Produktion schmutziger Energie zu steigern. Er ist offenbar wild entschlossen, den Boom der fossilen Brennstoffe unter seinem Vorgänger noch zu übertreffen.  

Ja, der ehemalige Präsident Barack Obama stand an der Spitze eines Booms an fossilen Brennstoffen, nämlich der durch hydraulische Frakturierung (oder Fracking) ermöglichten amerikanischen Schiefer-Energierevolution. Faktum ist, dass keine der beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten sich in einem Maße für das Klima einsetzt, wie es das Land – und die Welt – brauchen würden. Während sich junge Aktivisten weltweit engagieren und zeigen, wie wahre Klimaführerschaft aussieht, schenken Politiker dem kaum Beachtung. Die demokratische US-Senatorin aus Kalifornien, Dianne Feinstein, ließ eine Gruppe junger Menschen, die sich für den Green New Deal einsetzen, herablassend wissen: „Ich mache das seit 30 Jahren. Ich weiß, was ich tue.“

Je länger beide Parteien an einer Politik des „Business as usual” festhalten, desto wahrscheinlicher ist es, dass uns eine Klimakatastrophe bevorsteht, in der Millionen von Menschen umkommen werden oder deren Leben völlig umgekrempelt wird. In Wirklichkeit liegt nämlich die Verantwortung für die Umsetzung eines neuen Paradigmas letztendlich bei den Demokraten. Denn obwohl Trumps Aktionen für den Planeten katastrophal sind, erfolgen sie im Einklang mit der Linie der Republikanischen Partei, die sich nicht so schnell ändern wird.

Im Rahmen einer kürzlich durchgeführten Überprüfung von mehr als 1.000 klimarelevanten Gesetzesvorlagen, die seit dem Jahr 2000 im US-Kongress vorgelegt wurden, stellten wir fest, dass die Republikaner allein in den letzten zehn Jahren 187 Gesetzesvorlagen einbrachten, die zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen führen würden. In den meisten dieser Gesetzesanträge wird versucht, die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie über die Interessen aller anderen zu stellen. Das vorgebliche Ziel der Republikaner besteht darin, „Energieunabhängigkeit” zu erreichen. In der Praxis heißt das, den Öl-, Gas- und Kohleunternehmen, die exorbitante Wahlkampfspenden überwiesen haben,  eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen.  

Kurz nach seinem Amtsantritt versprach Trump, dass seine Regierung durch die Nutzung der fossilen Brennstoffreserven Amerikas „unzählige Arbeitsplätze für die Menschen im Land schaffen und unseren Freunden, Partnern und Verbündeten auf der ganzen Welt echte Energiesicherheit bieten würde.“ Der gleichen Logik entsprechend hat der republikanische Kongressabgeordnete Don Young aus Alaska eine Gesetzesvorlage unter dem Titel American Energy Independence and Job Creation Act eingebracht, die die Erkundung und Förderung von Öl- und Gasreserven in Alaskas Naturschutzgebiet Arctic National Wildlife Refuge ermöglichen würde. Und um alles noch schlimmer zu machen, würde die Hälfte der mit der Ausbeutung öffentlicher Ressourcen erzielten Steuereinnahmen direkt in einen Topf mit Anreizen für die fossile Brennstoffindustrie wandern.

Doch das wahre Trauerspiel ist das Verhalten der demokratischen Parteiführung, die weiterhin betreibt, was James K. Boyce von der  University of Massachusetts als „Klimawandel-Leugnung light“ bezeichnet. Man denke an den Fall des Democratic National Committee. Letztes Jahr beschloss dieses oberste Gremium der Demokraten, keine Wahlkampfspenden von politischen Aktionskomitees mit Verbindungen zur fossilen Brennstoffindustrie mehr zu akzeptieren, nur um wenige Monate später eine Kehrtwende zu vollziehen und eine „All-Inclusive“- Energiepolitik zu verfolgen.

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Die Demokraten im Kongress haben zwar bescheidene Vorschläge zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen unterbreitet, aber seit dem gescheiterten Gesetzesentwurf American Clean Energy and Security Act of 2009 (Waxman-Markey-Gesetzesvorlage) zur Reduktion von Treibhausgasen keine größeren Anstrengungen im Bereich Klimagesetzgebung unternommen. Und selbst mit dieser Gesetzesvorlage hätte man die Emissionen im Vergleich zu den Anforderungen aufgrund der Klimakrise nicht rasch genug gesenkt.

Zu den bedeutsameren von den Demokraten in den letzten Jahren eingebrachten Gesetzesvorlagen im Bereich des Klimaschutzes gehört der 100 by ‘50 Act, dessen Bestimmungen vorsehen, „bis 2050 100 Prozent saubere und erneuerbare Energie zu erzeugen.“ Aber auch das ist viel zu wenig, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu beschränken – jener Schwelle, ab der der Weltklimarat verheerende Folgen prognostiziert.

Glücklicherweise beginnen sich bei den Demokraten immer mehr Stimmen zu erheben, die echte Maßnahmen fordern, um die Jahrzehnte der Klimawandel-Leugnung light wettzumachen. Ihnen ist klar, dass das Klima ohne erhebliche und umfassende Maßnahmen der USA unmöglich auf einem Niveau stabilisiert werden kann, das dem menschlichen Wohlergehen noch zuträglich ist.

Anstatt zu sagen, was die Menschen alles aufgeben müssen, um Emissionen zu reduzieren, versuchen die Klimarealisten, den Wählern eine neue Vision der Wirtschaft zu vermitteln, die langfristige wirtschaftliche Sicherheit und Umweltstabilität bietet. Die Anfang des Jahres eingebrachte Resolution über einen Green New Deal hat das Zeitfenster des Diskurses so rasch verschoben, dass einst radikale Vorschläge mittlerweile öffentliche Unterstützung erhalten und ernsthaft diskutiert werden.

Obwohl die Einzelheiten des Green New Deal noch ausgearbeitet werden müssen, unterbreiten demokratische Präsidentschaftskandidaten wie der Gouverneur von Washington, Jay Inslee, bereits konkrete Vorschläge in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Resolution. Der Green New Deal könnte zu einem „Fixstern” auf dem Weg des Landes in Richtung Dekarbonisierung werden. Viel wird jedoch von den Spitzenpolitikern der Demokraten im Kongress wie Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi abhängen, die ehrgeizige klimapolitische Maßnahmen als „grünen Traum” abtun. Wenn sich das nicht ändert, werden wir uns alle in einem ökologischen Albtraum wiederfinden.  

https://prosyn.org/QmNoZttde