BRÜSSEL – Aufgrund seiner früheren Bemerkungen über die Gehaltszahlungen bei Banken und Kredite an China haben Kritiker den neuen Weltbankpräsidenten David Malpass einen Brandstifter genannt, der zum Brandmeister gemacht wurde. Viel wichtiger ist es allerdings, sich auf Fortschritte bei der Erfüllung der Kernaufgabe der Weltbank zu konzentrieren, der Beseitigung extremer Armut.
In ihrem letzten Geschäftsjahr hat die Weltbank fast 67 Milliarden US-Dollar an Finanzierungen, Investitionen und Garantien verteilt. Doch unter dem „neuen Kurs“, den der bisherige Präsident Jim Yong Kim 2016 vorgegeben hat, will die Bank mehr als ein Viertel ihrer Mittel für den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen. Dank Kim besteht die Bank außerdem darauf, dass jeder einzelne Dollar, den sie ausgibt, dem Klimawandel Rechnung tragen muss, und sie hat die finanzielle Unterstützung für Kohlekraftwerke eingestellt.
Das Thema Entwicklung durch das Prisma des Klimawandels wird mit dem Argument angegangen, dass steigende Temperaturen Probleme wie Malaria und fehlenden Zugang zu Bildung verschärfen. Das ist zwar richtig, gilt aber für die Auswirkungen fast aller Probleme. Eine Zunahme der Malaria macht Kinder anfälliger für Hunger; schlechte Ernährung und das Fehlen sanitärer Anlagen beeinträchtigen die schulische Leistung; fehlende Schulen führen zu größerer Armut und so weiter.
Die wichtigere Überlegung ist, welche Maßnahmen am meisten helfen. Sollten wir den Armen helfen, indem wir jetzt die Kohlendioxidemissionen verringern und die Temperaturen in 100 Jahren etwas senken, oder sollten wir uns stattdessen unmittelbar auf Malaria und Bildung konzentrieren? Die Beweise sprechen eindeutig dafür, dass direkte Maßnahmen viel effektiver sind.
Der Klimafokus der Weltbank steht außerdem im Widerspruch zu den Wünschen der ärmsten Bürger der Welt. Als die Vereinten Nationen fast zehn Millionen Menschen auf aller Welt in einer Umfrage nach ihren Prioritäten fragten, erwiesen sich eine bessere Bildung und Gesundheitsversorgung, weniger Korruption, mehr Arbeitsplätze und bezahlbare Lebensmittel als besonders wichtig. Die globale Erwärmung belegte den letzten Platz unter 16 Politikfeldern.
Unter Kim propagierte die Bank die allzu einfache Idee, dass fossile Brennstoffe immer schädlich sind, Kohle verboten werden muss und „Klimahilfe“ die Lösung ist. Die Wahrheit ist viel komplexer.
Fossile Brennstoffe tragen zur globalen Erwärmung bei – aber auch zu Wohlstand und Wohlergehen. Eine Milliarde Menschen weltweit leben in Häusern ohne Strom für auch nur eine einzige Glühbirne. Und mehr als drei Milliarden Menschen leben in Ländern ohne zuverlässige Energienetze, die Krankenhäuser und Fabriken rund um die Uhr mit Strom versorgen könnten.
In der Praxis bedeutet die Politik der Weltbank, fossilen Brennstoffen den Laufpass zu geben und durch eine „Klimabrille“ zu blicken, häufig Unterstützung für netzunabhängige Solarzellen, die lediglich ausreichend Strom für eine einzige Glühbirne oder zum Aufladen eines Mobiltelefons liefern. An einigen Orten kann das wichtig sein. Aber in den meisten Situationen sind netzunabhängige Solarzellen nutzlos für die Bewältigung der zentralen Probleme bei der Energieversorgung der Armen in der Welt. Kein Land in der Geschichte ist durch netzferne Energie wohlhabend und global wettbewerbsfähig geworden. Jede einkommensstarke Volkswirtschaft ist auf reichlich vorhandene, billige und meist auf fossilen Brennstoffen beruhende Energie angewiesen.
Gleichzeitig leiden derzeit drei Milliarden Menschen unter schlimmer Luftverschmutzung in Innenräumen, weil die Armut sie zwingt, schmutzige Brennstoffe wie Holz und Viehdung zu verbrennen, um zu kochen und sich warm zu halten. Aber Solarmodule können keine sauberen Öfen, Heizungen oder Kühlschränke betreiben, die verhindern würden, dass Impfstoffe und Lebensmittel verderben. Sie können auch nicht die Land- und Industriemaschinen mit Strom versorgen, die Arbeitsplätze und Wege aus der Armut begünstigen. In dieser Hinsicht ist die Verteilung von Solarmodulen meist eine Möglichkeit für reiche Menschen, sich gut zu fühlen, wenn sie Maßnahmen gegen die globale Erwärmung ergreifen.
Kohle wird von reichen und armen Ländern gleichermaßen genutzt, weil sie oft noch immer die billigste und zuverlässigste Energiequelle ist. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass neue Solar- und Windenergie sogar bis 2040 in allen wichtigen Märkten immer noch teurer sein wird als die vorhandene Kohle, wenn man die diskontinuierlich zur Verfügung stehender Energie aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt.
In einer Studie des Thinktanks Copenhagen Consensus Center wurden weiterhin die Auswirkungen des Baus von Kohlekraftwerken in Bangladesch untersucht. Die Studie schätzt, dass diese Anlagen in den nächsten 15 Jahren globale Klimaschäden im Wert von 0,6 Milliarden Dollar verursachen werden. Das ist nicht trivial. Aber durch die Erhöhung der für die industrielle Entwicklung verfügbaren Energie würde das Projekt einen Gesamtnutzen von 258 Milliarden Dollar generieren – ein Nutzen, dessen Wert etwa 500-mal so hoch ist wie die Schäden. Infolgedessen wäre der durchschnittliche Einwohner Bangladeschs bis 2030 um 16% reicher. Das Projekt könnte es sich leisten, Emissionen auszugleichen und dennoch außerordentlich effektiv sein.
Das sind die Berechnungen, die die Weltbank anstellen sollte. Durch die Verweigerung eines Kredits zur Finanzierung solcher Kohlekraftwerke würde die Bank 23 Cent an Kosten vermeiden und gleichzeitig auf 100 US-Dollar an Entwicklungsvorteilen verzichten. Das ist weder moralisch noch vernünftig.
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Energieversorgung und Wohlstand. Die Weltbank selbst hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, nach der das Leben in einer Gemeinde mit Energieengpässen die Beschäftigungschancen einer Person um 35%-41% reduziert. Und eine andere Studie hat wie zu erwarten gezeigt, dass die Verteilung von Solarmodulen keine messbaren Auswirkungen hat, die über die Bereitstellung von etwas Strom hinausgehen, und nicht zu mehr Ersparnissen, Ausgaben, Beschäftigung, Einkommen oder Zugang zu Bildung für Kinder führt.
Die Welt wird ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nur dann verringern, wenn echte Alternativen billiger und besser sind. Dies erfordert innovative Forschung und Entwicklung, um den Preis für grüne Energie unter den Preis für fossile Brennstoffe zu senken. Die Weltbank könnte sogar eine Rolle dabei spielen.
Doch Malpass muss das Hauptaugenmerk zunächst erneut auf die Kernaufgabe der Weltbank richten. Trotz ihres schlecht durchdachten Klimafokus leistet die Bank viel wichtige Arbeit. Malpass sollte sicherstellen, dass sie sich auf ihre wirksamsten Initiativen konzentriert – einschließlich des freieren Handels, der Bekämpfung von Tuberkulose, der Ernährung im frühen Kindesalter, der Familienplanung und der computergestützten Bildung.
Der neue Präsident der Weltbank hat die Chance, sich in einer noch immer wertvollen Organisation zu profilieren. Er sollte damit beginnen, sich erneut für die Beseitigung der Armut einzusetzen – einschließlich der Energiearmut, die so viele Leben zerstört.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.
BRÜSSEL – Aufgrund seiner früheren Bemerkungen über die Gehaltszahlungen bei Banken und Kredite an China haben Kritiker den neuen Weltbankpräsidenten David Malpass einen Brandstifter genannt, der zum Brandmeister gemacht wurde. Viel wichtiger ist es allerdings, sich auf Fortschritte bei der Erfüllung der Kernaufgabe der Weltbank zu konzentrieren, der Beseitigung extremer Armut.
In ihrem letzten Geschäftsjahr hat die Weltbank fast 67 Milliarden US-Dollar an Finanzierungen, Investitionen und Garantien verteilt. Doch unter dem „neuen Kurs“, den der bisherige Präsident Jim Yong Kim 2016 vorgegeben hat, will die Bank mehr als ein Viertel ihrer Mittel für den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen. Dank Kim besteht die Bank außerdem darauf, dass jeder einzelne Dollar, den sie ausgibt, dem Klimawandel Rechnung tragen muss, und sie hat die finanzielle Unterstützung für Kohlekraftwerke eingestellt.
Das Thema Entwicklung durch das Prisma des Klimawandels wird mit dem Argument angegangen, dass steigende Temperaturen Probleme wie Malaria und fehlenden Zugang zu Bildung verschärfen. Das ist zwar richtig, gilt aber für die Auswirkungen fast aller Probleme. Eine Zunahme der Malaria macht Kinder anfälliger für Hunger; schlechte Ernährung und das Fehlen sanitärer Anlagen beeinträchtigen die schulische Leistung; fehlende Schulen führen zu größerer Armut und so weiter.
Die wichtigere Überlegung ist, welche Maßnahmen am meisten helfen. Sollten wir den Armen helfen, indem wir jetzt die Kohlendioxidemissionen verringern und die Temperaturen in 100 Jahren etwas senken, oder sollten wir uns stattdessen unmittelbar auf Malaria und Bildung konzentrieren? Die Beweise sprechen eindeutig dafür, dass direkte Maßnahmen viel effektiver sind.
Der Klimafokus der Weltbank steht außerdem im Widerspruch zu den Wünschen der ärmsten Bürger der Welt. Als die Vereinten Nationen fast zehn Millionen Menschen auf aller Welt in einer Umfrage nach ihren Prioritäten fragten, erwiesen sich eine bessere Bildung und Gesundheitsversorgung, weniger Korruption, mehr Arbeitsplätze und bezahlbare Lebensmittel als besonders wichtig. Die globale Erwärmung belegte den letzten Platz unter 16 Politikfeldern.
Unter Kim propagierte die Bank die allzu einfache Idee, dass fossile Brennstoffe immer schädlich sind, Kohle verboten werden muss und „Klimahilfe“ die Lösung ist. Die Wahrheit ist viel komplexer.
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Fossile Brennstoffe tragen zur globalen Erwärmung bei – aber auch zu Wohlstand und Wohlergehen. Eine Milliarde Menschen weltweit leben in Häusern ohne Strom für auch nur eine einzige Glühbirne. Und mehr als drei Milliarden Menschen leben in Ländern ohne zuverlässige Energienetze, die Krankenhäuser und Fabriken rund um die Uhr mit Strom versorgen könnten.
In der Praxis bedeutet die Politik der Weltbank, fossilen Brennstoffen den Laufpass zu geben und durch eine „Klimabrille“ zu blicken, häufig Unterstützung für netzunabhängige Solarzellen, die lediglich ausreichend Strom für eine einzige Glühbirne oder zum Aufladen eines Mobiltelefons liefern. An einigen Orten kann das wichtig sein. Aber in den meisten Situationen sind netzunabhängige Solarzellen nutzlos für die Bewältigung der zentralen Probleme bei der Energieversorgung der Armen in der Welt. Kein Land in der Geschichte ist durch netzferne Energie wohlhabend und global wettbewerbsfähig geworden. Jede einkommensstarke Volkswirtschaft ist auf reichlich vorhandene, billige und meist auf fossilen Brennstoffen beruhende Energie angewiesen.
Gleichzeitig leiden derzeit drei Milliarden Menschen unter schlimmer Luftverschmutzung in Innenräumen, weil die Armut sie zwingt, schmutzige Brennstoffe wie Holz und Viehdung zu verbrennen, um zu kochen und sich warm zu halten. Aber Solarmodule können keine sauberen Öfen, Heizungen oder Kühlschränke betreiben, die verhindern würden, dass Impfstoffe und Lebensmittel verderben. Sie können auch nicht die Land- und Industriemaschinen mit Strom versorgen, die Arbeitsplätze und Wege aus der Armut begünstigen. In dieser Hinsicht ist die Verteilung von Solarmodulen meist eine Möglichkeit für reiche Menschen, sich gut zu fühlen, wenn sie Maßnahmen gegen die globale Erwärmung ergreifen.
Kohle wird von reichen und armen Ländern gleichermaßen genutzt, weil sie oft noch immer die billigste und zuverlässigste Energiequelle ist. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass neue Solar- und Windenergie sogar bis 2040 in allen wichtigen Märkten immer noch teurer sein wird als die vorhandene Kohle, wenn man die diskontinuierlich zur Verfügung stehender Energie aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt.
In einer Studie des Thinktanks Copenhagen Consensus Center wurden weiterhin die Auswirkungen des Baus von Kohlekraftwerken in Bangladesch untersucht. Die Studie schätzt, dass diese Anlagen in den nächsten 15 Jahren globale Klimaschäden im Wert von 0,6 Milliarden Dollar verursachen werden. Das ist nicht trivial. Aber durch die Erhöhung der für die industrielle Entwicklung verfügbaren Energie würde das Projekt einen Gesamtnutzen von 258 Milliarden Dollar generieren – ein Nutzen, dessen Wert etwa 500-mal so hoch ist wie die Schäden. Infolgedessen wäre der durchschnittliche Einwohner Bangladeschs bis 2030 um 16% reicher. Das Projekt könnte es sich leisten, Emissionen auszugleichen und dennoch außerordentlich effektiv sein.
Das sind die Berechnungen, die die Weltbank anstellen sollte. Durch die Verweigerung eines Kredits zur Finanzierung solcher Kohlekraftwerke würde die Bank 23 Cent an Kosten vermeiden und gleichzeitig auf 100 US-Dollar an Entwicklungsvorteilen verzichten. Das ist weder moralisch noch vernünftig.
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Energieversorgung und Wohlstand. Die Weltbank selbst hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, nach der das Leben in einer Gemeinde mit Energieengpässen die Beschäftigungschancen einer Person um 35%-41% reduziert. Und eine andere Studie hat wie zu erwarten gezeigt, dass die Verteilung von Solarmodulen keine messbaren Auswirkungen hat, die über die Bereitstellung von etwas Strom hinausgehen, und nicht zu mehr Ersparnissen, Ausgaben, Beschäftigung, Einkommen oder Zugang zu Bildung für Kinder führt.
Die Welt wird ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nur dann verringern, wenn echte Alternativen billiger und besser sind. Dies erfordert innovative Forschung und Entwicklung, um den Preis für grüne Energie unter den Preis für fossile Brennstoffe zu senken. Die Weltbank könnte sogar eine Rolle dabei spielen.
Doch Malpass muss das Hauptaugenmerk zunächst erneut auf die Kernaufgabe der Weltbank richten. Trotz ihres schlecht durchdachten Klimafokus leistet die Bank viel wichtige Arbeit. Malpass sollte sicherstellen, dass sie sich auf ihre wirksamsten Initiativen konzentriert – einschließlich des freieren Handels, der Bekämpfung von Tuberkulose, der Ernährung im frühen Kindesalter, der Familienplanung und der computergestützten Bildung.
Der neue Präsident der Weltbank hat die Chance, sich in einer noch immer wertvollen Organisation zu profilieren. Er sollte damit beginnen, sich erneut für die Beseitigung der Armut einzusetzen – einschließlich der Energiearmut, die so viele Leben zerstört.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.