Endloser Krieg gegen die Frauen im Kongo

NEW YORK – Die Gewalt im Kongo ist unbeschreiblich. Doch wenn das Grauen der jüngsten Kriege im Kongo – in denen mehr Menschen getötet wurden als in irgendeinem anderen Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg – aufhören soll, muss das Unbeschreibliche beschrieben werden.

In den gesamten östlichen Gebieten der Demokratischen Republik Kongo vergewaltigen Regierungssoldaten, Mitglieder von abtrünnigen Militäreinheiten und unzählige Milizen gruppenweise tausende von Frauen. Aus einigen Frauen machen sie Sexsklaven, versehen sie mit einem Brandmal wie Vieh, verkrüppeln und verstümmeln Frauen und Mädchen, von denen manche erst drei Jahre alt sind, indem sie ihre Vaginen und andere innere Organe zerstören.

Manchmal zwingen die Bewaffneten die Väter, Brüder und Ehemänner ihrer Opfer, diese zu vergewaltigen, oder sie zwingen die Frauen, das Fleisch ihrer ermordeten Verwandten zu essen. Danach sind viele der Frauen vollkommen auf sich allein gestellt, während sie an den körperlichen und psychologischen Folgen des Traumas leiden und mit Armut, ungewollten Schwangerschaften und Kindern, HIV/AIDS und der Ächtung durch ihre Familien, die sie als „krank“ oder „befleckt“ zurückweisen, zurechtkommen müssen.

Wer sind diese Mörder und Vergewaltiger, diese Männer, die seit über einem Jahrzehnt völlig ungestraft entsetzliche Verbrechen begehen? Viele gehören zu den so genannten „Génocidaires“ (Völkermördern), die von Ruanda in den Kongo flohen, nachdem sie sich 1994 an dem Massaker an 800.000 Tutsis beteiligt hatten. Andere sind ruandische Rebellen und Mitglieder der kongolesischen Armee. Andere wiederum sind Männer und Jungen, die rekrutiert und in Milizeneinheiten gezwungen wurden.

Seit Anfang 2007 sind über 350.000 Menschen im Ostkongo aufgrund von Gewalt zu Flüchtlingen geworden. In jüngster Zeit sind wieder tausende von Menschen vor neuen Gefechtsausbrüchen zwischen örtlichen Milizen und den Anhängern von Laurent Nkunda geflohen, einem abtrünnigen General der kongolesischen Armee, der einer Aufforderung zur Entwaffnung seiner Truppen nicht Folge leistete. Die in den Ostkongo entsendeten Friedenstruppen der Vereinten Nationen sollten die Zivilisten in der Region schützen, doch dass es diesen Truppen nicht gelang, die Frauen zu beschützen, blieb unbemerkt, teilweise weil eine Hülle des Schweigens das derzeitige Geschehen umgibt.

Frauen im Ostkongo haben in dem Entscheidungsprozess, der zu dem so viele Frauenleben fordernden Konflikt führt, nichts zu sagen. In einer Gesellschaft, die ihren Wert geringschätzt, verfügen sie über keinen Zugang zu politischer oder wirtschaftlicher Macht.

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Die kongolesische Regierung hat keine bedeutenden Anstrengungen unternommen, um die Verantwortlichen für diese geschlechtsbezogenen Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen. Neue Gesetze leisten Lippendienst gegen sexuelle Gewalt, doch wurde bislang niemand strafrechtlich verfolgt. Auch die internationale Gemeinschaft hat versagt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, der wegen der Verbrechen im Ostkongo ermittelt, hat erst in dieser Woche den ersten kongolesischen Milizenkommandeur für sexuelle Gewaltverbrechen angeklagt.

Es ist die Pflicht des UNO-Generalsekretärs Ban Ki-moon, seine Stimme zu erheben, eine Führungsrolle zu übernehmen, die Angelegenheit vor den Sicherheitsrat zu bringen, ihn zu einer Sondersitzung aufzufordern und darauf zu drängen, dass er sofort wirksam dagegen vorgeht. Weitere tausend Blauhelme – von denen viele weiblich sein sollten – müssen in die betroffenen Provinzen entsandt werden.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Luis Moreno Ocampo, sollte aufgefordert werden, seine Ermittlungen zu beschleunigen und, sobald genügend Beweise vorhanden sind, diejenigen anzuklagen, die diese Verbrechen begangen bzw. die Täter nicht diszipliniert oder strafrechtlich verfolgt haben. Die örtlichen Behörden sollten in ihren Bemühungen unterstützt werden, die angeklagten Täter zu verfolgen, zu verhaften und vor die neuen lokalen Gerichte zu stellen, die über beträchtliche staatsanwaltliche und polizeiliche Gewalt verfügen. Die mutigen örtlichen Frauengruppen, die sich um die Opfer kümmern, sollten gefördert werden. Um die unermesslich hohe Anzahl von Opfern zu behandeln, wird medizinische und andere Hilfe benötigt.

Wenn die Menschen, die die Macht haben, der Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo ein Ende zu setzen, weiterhin schweigen und nichts tun, werden die Täter nur noch unerschrockener bei der Zerstörung der Leben von Frauen vorgehen. Wenn die Straflosigkeit für unbeschreibliche Taten nicht hinterfragt wird, werden diese Handlungen noch unbeschreiblicher.

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