PRAG – Seit Jahrzehnten beflügelt die Idee des Elektroautos die Fantasie der Erfinder – schon Henry Ford und Thomas Edison beschäftigten sich vor über hundert Jahren damit. Prominente, Experten und auch Spitzenpolitiker erklären diese Fahrzeuge zur Apotheose einer umweltverträglichen Zukunft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat verkündet, dass es bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Autobahnen geben wird. US-Präsident Barack Obama hat ebenfalls eine Million Elektroautos in den Vereinigten Staaten versprochen – allerdings fünf Jahre eher.
Eines Tages wird das Elektroauto tatsächlich ein großartiges Produkt sein – nur jetzt noch nicht. Es ist zu teuer, es ist unpraktisch und sein Nutzen für die Umwelt ist gering (und in einigen Fällen nicht vorhanden).
Viele Industrieländer gewähren großzügige Subventionen für Elektroautos: Beträge in Höhe von bis zu 7.500 Dollar in den USA, 8.500 Dollar in Kanada, 9.000 Euro in Belgien und 6.000 Euro sogar im klammen Spanien. In Dänemark fallen die Zuschüsse besonders großzügig aus; dort entfällt beim Kauf von Elektroautos die Zulassungssteuer, die bis zu 180% des Anschaffungspreises betragen kann und die für alle anderen Fahrzeuge bezahlt werden muss. Beim weltweit beliebtesten Elektroauto, dem Nissan Leaf, ist diese Steuerbefreiung 63.000 Euro wert.
Doch das reicht offensichtlich nicht aus. In Dänemark gibt es bislang nur 1.224 Elektroautos. In Deutschland wurden 2011 zwar insgesamt 3,2 Millionen Autos verkauft, aber nur 2.154 mit Elektromotor.
Aufgrund der Zahlen sahen sich Obama und Merkel gezwungen, ihre Zielsetzungen an die Realität anzupassen. Das US-Energieministerium rechnet inzwischen mit nur etwa 250.000 Elektroautos bis zum Jahr 2015 – 0,1% aller Autos auf amerikanischen Straßen. Angela Merkel hat unlängst zugegeben, dass es Deutschland nicht gelingen wird, auch nur annähernd eine Million Elektroautos bis zum Jahr 2020 auf die Straße zu bringen.
Das sollte niemanden überraschen. Einer Analyse der überparteilichen Etat-Behörde des US-Kongresses (CBO) zufolge, sind die Kosten über die Lebensdauer eines typischen Elektroautos um 12.000 Dollar höher als bei benzinbetriebenen Fahrzeugen. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Break-even-Preis für Elektroautos, also der Punkt ab dem ein Umstieg gerade noch lohnt, gegenüber Hybridfahrzeugen erst 2026 und gegenüber herkömmlichen Autos erst 2032 erreicht werden könnte; nachdem Regierungen 100-150 Milliarden Euro für Subventionen ausgegeben haben.
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Abgesehen von Kosten und Subventionen haben sich Elektroautos bislang als unglaublich unpraktisch erwiesen. Ein Reporter der BBC hat die 778 Kilometer von London nach Edinburgh in einem Elektro-Mini zurückgelegt und musste acht Mal anhalten, um die Akkus aufzuladen – was oft sechs Stunden oder länger gedauert hat. Er hat insgesamt 80 Stunden mit Warten oder Fahren verbracht und sich durchschnittlich 10 Kilometer pro Stunde fortbewegt – eine Geschwindigkeit, die nicht einmal vor der Erfindung der Dampfmaschine beneidenswert gewesen sein dürfte.
Auch die Umweltbilanz von Elektroautos reicht nicht an die Erwartungen heran. Sie werden häufig als „Null-Emissions-Fahrzeuge“ verkauft, was aber nur zutrifft, wenn sie fahren.
Zunächst einmal ist für den Herstellungsprozess von Elektroautos – vor allem für die Batterien – eine ungeheure Menge Energie erforderlich, die weitgehend aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Eine Lebenszyklusanalyse zeigt, dass fast die Hälfte der gesamten CO2-Emissionen eines Elektroautos bei seiner Produktion entstehen, mehr als doppelt so hohe Emissionen wie bei der Produktion eines benzinbetriebenen Fahrzeugs.
Hinzukommt, dass Strom, der benötigt wird, um ein Elektroauto aufzuladen, überwiegend aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Es ist richtig, dass es pro gefahrenem Kilometer (für den europäische Energie genutzt wird) anschließend etwa halb so viel CO2 ausstößt wie ein herkömmliches Auto. Doch angesichts der hohen CO2-Emissionen, die es verursacht hat, wenn es vom Fließband rollt, muss es viel gefahren werden, um die Nase vorn zu haben.
Befürworter verkünden voller Stolz, dass ein Elektroauto, das 300.000 Kilometer gefahren wird, weniger als halb so viel CO2 ausgestoßen haben wird wie ein benzinbetriebenes Auto. Aber seine Batterie wird wahrscheinlich ausgetauscht werden müssen lange bevor dieses Ziel erreicht ist, was viele weitere Tonnen CO2-Emissionen nach sich zieht.
Tatsächlich wirken derartige Entfernungen angesichts der geringen Reichweite von Elektroautos unwahrscheinlich: So kommt etwa der Nissan Leaf mit einer Akku-Ladung nur 117 Kilometer weit. Aus diesem Grund kaufen die meisten Leute ein Elektroauto als Zweitwagen für kurze Wege. Wird das Auto weniger als 50.000 Kilometer mit europäischem Strom gefahren, wird es insgesamt mehr CO2 ausgestoßen haben als ein Benziner.
Auch wenn ein Elektroauto viel weiter gefahren wird, 150.000 Kilometer, wird es nur 28% weniger CO2-Emissionen verursacht haben als ein Benziner. Über seine Lebensdauer wird das Auto 11 Tonnen CO2-Emissionen oder Klimaschäden im Wert von etwa 44 Euro vermeiden.
In Anbetracht des Umfangs der bereitstehenden Subventionen, ist das ein sehr geringer Nutzen. Bei den Zuschüssen, die in Dänemark gezahlt werden, kostet es beispielsweise fast 6.000 Euro, eine Tonne CO2-Emissionen zu vermeiden. Verschmutzungsrechte für eine Tonne CO2 im europäischen Emissionshandelssystem würden etwa 5 Euro kosten. Dänemark hätte die CO2-Emissionen also für das gleiche Geld um mehr als das Tausendfache verringern können.
Schlimmer noch: Elektroautos, die in der Europäischen Union gekauft werden, werden den globalen CO2-Ausstoß tatsächlich erhöhen. Da die EU für das Jahr 2020 ein Emissionsziel festgelegt hat, wird sie Emissionen an anderer Stelle ausgleichen (vielleicht mit mehr Windkraft), unabhängig davon, welche Art von Auto gekauft wird: 38,75 Tonnen CO2 von einem Benziner und 16 Tonnen der Elektrizität, die für ein Elektroauto erzeugt wird. Aber während die EU-Emissionen gleich bleiben, kommen die meisten Akkus für Elektrofahrzeuge aus Asien, also werden weitere 11,5 Tonnen Emissionen nicht ausgeglichen.
In China, wo der meiste Strom in Kohlekraftwerken produziert wird, ergibt sich eine noch schlechtere Umweltbilanz für Elektroautos. Ein mit diesem Strom betriebenes Elektroauto wird 21% mehr CO2 ausstoßen als ein benzinbetriebenes Fahrzeug. Aus einer aktuellen Studie geht außerdem hervor, dass Elektroautos die lokale Luftverschmutzung verstärken, weil Chinas Kohlekraftwerke so viele Schadstoffe freisetzen. In Schanghai würde die Luftverschmutzung durch eine zusätzliche Million benzinbetriebene Fahrzeuge schätzungsweise neun Menschen pro Jahr das Leben kosten. Aber eine zusätzliche Million Elektroautos würde, aufgrund der vermehrten Umweltverschmutzung durch Kohle, jedes Jahr 26 Menschen das Leben kosten.
Das Mantra vom Elektroauto lenkt die Aufmerksamkeit von dem ab, was wirklich wichtig ist: ein kosteneffizienter Übergang von fossilen Energieträgern zu billigerer grüner Energie, wofür Forschung und Innovation notwendig sind. In einigen Jahrzehnten könnten Elektroautos uns auf dem Weg zu diesem Ziel ein großes Stück voranbringen. Doch die großzügigen Zuschüsse von heute ermöglichen lediglich eine teure und unpraktische Technologie, die Umweltanforderungen oftmals nicht genügt.
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At the end of a year of domestic and international upheaval, Project Syndicate commentators share their favorite books from the past 12 months. Covering a wide array of genres and disciplines, this year’s picks provide fresh perspectives on the defining challenges of our time and how to confront them.
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PRAG – Seit Jahrzehnten beflügelt die Idee des Elektroautos die Fantasie der Erfinder – schon Henry Ford und Thomas Edison beschäftigten sich vor über hundert Jahren damit. Prominente, Experten und auch Spitzenpolitiker erklären diese Fahrzeuge zur Apotheose einer umweltverträglichen Zukunft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat verkündet, dass es bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Autobahnen geben wird. US-Präsident Barack Obama hat ebenfalls eine Million Elektroautos in den Vereinigten Staaten versprochen – allerdings fünf Jahre eher.
Eines Tages wird das Elektroauto tatsächlich ein großartiges Produkt sein – nur jetzt noch nicht. Es ist zu teuer, es ist unpraktisch und sein Nutzen für die Umwelt ist gering (und in einigen Fällen nicht vorhanden).
Viele Industrieländer gewähren großzügige Subventionen für Elektroautos: Beträge in Höhe von bis zu 7.500 Dollar in den USA, 8.500 Dollar in Kanada, 9.000 Euro in Belgien und 6.000 Euro sogar im klammen Spanien. In Dänemark fallen die Zuschüsse besonders großzügig aus; dort entfällt beim Kauf von Elektroautos die Zulassungssteuer, die bis zu 180% des Anschaffungspreises betragen kann und die für alle anderen Fahrzeuge bezahlt werden muss. Beim weltweit beliebtesten Elektroauto, dem Nissan Leaf, ist diese Steuerbefreiung 63.000 Euro wert.
Doch das reicht offensichtlich nicht aus. In Dänemark gibt es bislang nur 1.224 Elektroautos. In Deutschland wurden 2011 zwar insgesamt 3,2 Millionen Autos verkauft, aber nur 2.154 mit Elektromotor.
Aufgrund der Zahlen sahen sich Obama und Merkel gezwungen, ihre Zielsetzungen an die Realität anzupassen. Das US-Energieministerium rechnet inzwischen mit nur etwa 250.000 Elektroautos bis zum Jahr 2015 – 0,1% aller Autos auf amerikanischen Straßen. Angela Merkel hat unlängst zugegeben, dass es Deutschland nicht gelingen wird, auch nur annähernd eine Million Elektroautos bis zum Jahr 2020 auf die Straße zu bringen.
Das sollte niemanden überraschen. Einer Analyse der überparteilichen Etat-Behörde des US-Kongresses (CBO) zufolge, sind die Kosten über die Lebensdauer eines typischen Elektroautos um 12.000 Dollar höher als bei benzinbetriebenen Fahrzeugen. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Break-even-Preis für Elektroautos, also der Punkt ab dem ein Umstieg gerade noch lohnt, gegenüber Hybridfahrzeugen erst 2026 und gegenüber herkömmlichen Autos erst 2032 erreicht werden könnte; nachdem Regierungen 100-150 Milliarden Euro für Subventionen ausgegeben haben.
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Auch die Umweltbilanz von Elektroautos reicht nicht an die Erwartungen heran. Sie werden häufig als „Null-Emissions-Fahrzeuge“ verkauft, was aber nur zutrifft, wenn sie fahren.
Zunächst einmal ist für den Herstellungsprozess von Elektroautos – vor allem für die Batterien – eine ungeheure Menge Energie erforderlich, die weitgehend aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Eine Lebenszyklusanalyse zeigt, dass fast die Hälfte der gesamten CO2-Emissionen eines Elektroautos bei seiner Produktion entstehen, mehr als doppelt so hohe Emissionen wie bei der Produktion eines benzinbetriebenen Fahrzeugs.
Hinzukommt, dass Strom, der benötigt wird, um ein Elektroauto aufzuladen, überwiegend aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Es ist richtig, dass es pro gefahrenem Kilometer (für den europäische Energie genutzt wird) anschließend etwa halb so viel CO2 ausstößt wie ein herkömmliches Auto. Doch angesichts der hohen CO2-Emissionen, die es verursacht hat, wenn es vom Fließband rollt, muss es viel gefahren werden, um die Nase vorn zu haben.
Befürworter verkünden voller Stolz, dass ein Elektroauto, das 300.000 Kilometer gefahren wird, weniger als halb so viel CO2 ausgestoßen haben wird wie ein benzinbetriebenes Auto. Aber seine Batterie wird wahrscheinlich ausgetauscht werden müssen lange bevor dieses Ziel erreicht ist, was viele weitere Tonnen CO2-Emissionen nach sich zieht.
Tatsächlich wirken derartige Entfernungen angesichts der geringen Reichweite von Elektroautos unwahrscheinlich: So kommt etwa der Nissan Leaf mit einer Akku-Ladung nur 117 Kilometer weit. Aus diesem Grund kaufen die meisten Leute ein Elektroauto als Zweitwagen für kurze Wege. Wird das Auto weniger als 50.000 Kilometer mit europäischem Strom gefahren, wird es insgesamt mehr CO2 ausgestoßen haben als ein Benziner.
Auch wenn ein Elektroauto viel weiter gefahren wird, 150.000 Kilometer, wird es nur 28% weniger CO2-Emissionen verursacht haben als ein Benziner. Über seine Lebensdauer wird das Auto 11 Tonnen CO2-Emissionen oder Klimaschäden im Wert von etwa 44 Euro vermeiden.
In Anbetracht des Umfangs der bereitstehenden Subventionen, ist das ein sehr geringer Nutzen. Bei den Zuschüssen, die in Dänemark gezahlt werden, kostet es beispielsweise fast 6.000 Euro, eine Tonne CO2-Emissionen zu vermeiden. Verschmutzungsrechte für eine Tonne CO2 im europäischen Emissionshandelssystem würden etwa 5 Euro kosten. Dänemark hätte die CO2-Emissionen also für das gleiche Geld um mehr als das Tausendfache verringern können.
Schlimmer noch: Elektroautos, die in der Europäischen Union gekauft werden, werden den globalen CO2-Ausstoß tatsächlich erhöhen. Da die EU für das Jahr 2020 ein Emissionsziel festgelegt hat, wird sie Emissionen an anderer Stelle ausgleichen (vielleicht mit mehr Windkraft), unabhängig davon, welche Art von Auto gekauft wird: 38,75 Tonnen CO2 von einem Benziner und 16 Tonnen der Elektrizität, die für ein Elektroauto erzeugt wird. Aber während die EU-Emissionen gleich bleiben, kommen die meisten Akkus für Elektrofahrzeuge aus Asien, also werden weitere 11,5 Tonnen Emissionen nicht ausgeglichen.
In China, wo der meiste Strom in Kohlekraftwerken produziert wird, ergibt sich eine noch schlechtere Umweltbilanz für Elektroautos. Ein mit diesem Strom betriebenes Elektroauto wird 21% mehr CO2 ausstoßen als ein benzinbetriebenes Fahrzeug. Aus einer aktuellen Studie geht außerdem hervor, dass Elektroautos die lokale Luftverschmutzung verstärken, weil Chinas Kohlekraftwerke so viele Schadstoffe freisetzen. In Schanghai würde die Luftverschmutzung durch eine zusätzliche Million benzinbetriebene Fahrzeuge schätzungsweise neun Menschen pro Jahr das Leben kosten. Aber eine zusätzliche Million Elektroautos würde, aufgrund der vermehrten Umweltverschmutzung durch Kohle, jedes Jahr 26 Menschen das Leben kosten.
Das Mantra vom Elektroauto lenkt die Aufmerksamkeit von dem ab, was wirklich wichtig ist: ein kosteneffizienter Übergang von fossilen Energieträgern zu billigerer grüner Energie, wofür Forschung und Innovation notwendig sind. In einigen Jahrzehnten könnten Elektroautos uns auf dem Weg zu diesem Ziel ein großes Stück voranbringen. Doch die großzügigen Zuschüsse von heute ermöglichen lediglich eine teure und unpraktische Technologie, die Umweltanforderungen oftmals nicht genügt.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.