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Relevanz für ESG-Ratings

SELANGOR, MALAYSIA – MSCI, eine der einflussreichsten Rating-Agenturen für ökologische, soziale und leitungsbezogene Kriterien (ESG, environmental, social, governance), ist gerade dabei, auf einen Schlag die ESG-Einschätzungen von 31.000 Investmentfonds zu senken. Diese dramatische Entwicklung kommt daher, dass MSCI seine Methodik überarbeitet hat und von den Fonds nun verlangt, für AA- oder AAA-Ratings höhere Standards zu erfüllen. Man würde erwarten, dass eine Aktion mit derart weitreichendem Einfluss auf die Finanzmärkte vorher von den Regulierungsbehörden unter die Lupe genommen wird. Aber leider werden die ESG-Rating-Agenturen (ERP, ESG ratings providers) bis jetzt kaum reguliert.

ESG-Ratings haben einen erheblichen Einfluss auf Investitionsentscheidungen. Aber wie die Abstufungen durch MSCI zeigen, sind diese Ratings momentan höchst subjektiv und oft überhöht. Tatsächlich war die Hälfte einer Gruppe von Unternehmen, die Bloomberg Businessweek 2021 analysiert hat, von MSCI aufgrund methodischer Veränderungen aufgewertet worden. Und jetzt, nur zwei Jahre später, führt eine neue Anpassungsrunde zu massiven Abwertungen – und zu noch mehr Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung.

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Dieses Problem betrifft nicht nur MSCI. Laut einem Bericht des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) von 2022 ist die Methodik, anhand derer die ERP Risiken oder Einflüsse messen, sehr uneinheitlich. Dass es an gemeinsamen Standards und transparenten Methoden mangelt, führt zu Fehlbewertungen von Aktien und Anleihen – und dies überträgt sich, wie nun durch MSCI, auch auf die Fonds, die diese Papiere halten. Auf dieser Grundlage können Investoren keine effektiven Entscheidungen treffen.

Um ein stabiles und glaubwürdiges ESG-Bewertungssystem zu schaffen, das sowohl genau als auch vorhersehbar ist, muss dringend regulatorisch eingegriffen werden. In einem ersten Schritt ist zu gewährleisten, dass alle von den ERP verwendeten Methoden transparent sind und von Anfang an unabhängig verifiziert werden. Die Regulierungsbehörden müssen die ERP dazu verpflichten, konkrete und genaue Nachweise zu liefern, mit denen die erteilten Ratings und die Gültigkeit ihrer Kriterien untermauert werden können.

Darüber hinaus sollte jegliche Änderung der Methoden oder internen Richtlinien eines ERP unabhängig überprüft und bestätigt werden. Und auch, wenn sich die Ratings durch wechselnde Kriterien oder Methoden massiv verändern, muss dies durch die Regulierer geprüft und genehmigt werden – so wie es auch bei großen Abstufungen der Kredit-Ratings geschieht.

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Die ESG-Fondsratings von MSCI beruhen nicht auf dem Einfluss der Unternehmen auf die Umwelt oder Gesellschaft, sondern auf einer unregulierten Einschätzung ihrer finanziellen Risiken – ein Ansatz, der als „einfache Wesentlichkeit“ bekannt ist. Zwar behaupten einige ERP, ihre Ratings bezögen auch weitreichendere Effekte mit ein, aber dies lässt sich anhand dessen, was von ihrer Methodik bekannt ist, nur schwer verifizieren.

Besonders unangemessen ist der Ansatz der „einfachen Wesentlichkeit“ für Fonds, die in fossile Energiekonzerne investieren. Die IEEFA-Untersuchung ergab, dass MSCI an manche Fonds, die zu über 85% in solche Firmen investieren, beste ESG-Ratings vergeben hat. Diese Bewertungen sind massiv irreführend, da so nicht nur die Gefahren durch die Aktivitäten solcher Firmen unterschätzt, sondern auch deren positiven Einfluss übertrieben wird.

Durch Investitionen in fossile Energieträger gehen Investoren Klimarisiken ein, die, wenn sie nicht richtig berücksichtigt werden, erhebliche Verluste durch Wertvernichtung und hohe Opportunitätskosten verursachen können. Letztlich lassen zu hohe ESG-Ratings Unternehmen grüner erscheinen, als sie eigentlich sind – was Investoren dazu bewegen kann, Konzerne mit Nachhaltigkeitsproblemen in ihren Portfolios überzugewichten.

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Die ERP sollten darüber nachdenken, einen Ansatz der „doppelten Wesentlichkeit“ einzuführen, der den Einfluss einer Firma auf die Gesellschaft und den Planeten widerspiegelt. Nur mit einem solcher Ansatz – und stringenter regulatorischer Überwachung – kann gewährleistet werden, dass die ESG-Ratings Greenwashing vermeiden und wirklich nachhaltige Investments fördern.

Das Ausmaß dieses Problems sollten wir nicht unterschätzen. ESG-Ratings beeinflussen Geldflüsse auf den Finanzmärkten in Höhe von vielen Billionen Dollar. Aufgeblähte und irreführende Ratings – aufgrund beliebiger Regeln, undurchsichtiger Methoden und verzerrter, auf Input-Faktoren basierende Angaben – könnten ebenso in die Katastrophe führen wie die fehlerhaften Ratings der hypothekengesicherten Wertpapiere, die die globale Finanzkrise von 2008 ermöglicht haben.

Eine bessere Regulierung der ESG-Bewertungsindustrie ist nicht nur wichtig, um die nächste Finanzkrise zu verhindern, sondern auch, um echte Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit zu machen. Die gute Nachricht ist, dass die britische Finanzaufsichtsbehörde, die indische Börsenaufsichtsbehörde, die Europäische Kommission und die japanische Finanzdienstleistungsbehörde bereits Wege suchen, um die Standards für die ESG-Ratings zu straffen. Andere Marktregulierer sollten diesem Beispiel folgen, da es nicht nur den Investoren dient, sondern auch dem Planeten.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://prosyn.org/elNxb1ode