LONDON – Die Hauptlast des Klimawandels – vom steigenden Meeresspiegel über extreme Wetterereignisse bis hin zu lang andauernden und schweren Dürren und Überflutungen – geht auf Kosten der verletzlichsten Gemeinschaften. Laut der Weltbank könnte der Klimawandel ohne effektive Gegenmaßnahmen bis 2030 über 100 Millionen Menschen in die Armut stürzen.
Um diesen Gemeinschaften dabei zu helfen, gegenüber den Effekten des Klimawandels weniger empfindlich zu werden, müssen die Finanzinstitutionen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unterstützen. In Entwicklungs- und Schwellenländern stellen diese Unternehmen 45% der Beschäftigungsmöglichkeiten bereit und erwirtschaften bis zu 33% des BIP – und bezieht man informelle KMU mit ein, sind die Zahlen noch deutlich höher. Stärkt ein KMU seine eigene klimatische Widerstandskraft, kann dies auf die umliegende Gemeinschaft einen Lawineneffekt haben.
Leider haben die Eigentümer der KMU im Allgemeinen Schwierigkeiten, Bankkredite zu bekommen, und müssen zur Unterstützung ihrer Unternehmen statt dessen auf informelle Kreditvergabe und alternative Finanzierungsquellen zurückgreifen. Laut der Weltbank haben 50% der formellen KMU keinen Zugang zu offiziellen Krediten, und die Gesamtlücke in der Kreditfinanzierung formeller und informeller KMU liegt weltweit bei 2,6 Billionen Dollar. Diese Lücke ist je nach Region sehr unterschiedlich und in Afrika und Asien am höchsten.
Mikrofinanzierung kann diese Lücke schließen, indem sie die für das Wachstum von KMU erforderlichen Kredite bereitstellt. Laut der OECD stellen Mikrofinanzinstitute wie nationale Entwicklungshilfeeinrichtungen, Banken, Kreditgenossenschaften oder gemeinnützige Organisationen bereits heute über 100 Millionen armen Kleinunternehmern Finanzdienstleistungen zur Verfügung, darunter 90% Frauen.
Die Rolle der Mikrofinanzierung bei der Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von KMU gegen den Klimawandel muss noch vollständiger definiert werden. In Afrika, Asien und Lateinamerika konnten KMU durch diese neue Finanzierungsmethode in dürreresistente Erntepflanzen investieren, bessere Bewässerungssysteme bauen und Klimaversicherungen abschließen, um ihre Einkommen bei Ernteausfällen durch zu viel oder zu wenig Regen zu sichern.
Die Erfolgsgeschichte dieser Projekte ist bereits nachgewiesen. Laut einer Untersuchung der OECD haben im Jahr 2010 43% der Mikrofinanzaktivitäten in Bangladesch zu einer verstärkten Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften geführt. Diese Projekte beinhalten Kreditprogramme für wetterresistente Gebäude sowie dürre- und salztolerantes Saatgut zur Verbesserung der Widerstandskraft gegen den Klimawandel. In Nepal unterstützt das Mikrofinanzwesen die Katastrophenhilfe und -vorsorge, die Diversifizierung von Kulturpflanzen und den verbesserten Zugang zu Bewässerung. So kann das Mikrofinanzwesen auch den Übergang der KMU hin zu kohlenstoffarmen Geschäftsmodellen fördern, indem sie die Bemühungen dieser Unternehmen zur Einführung erneuerbarer Energiequellen sowie nachhaltiger Produktions- und Angebotsketten unterstützt.
Mikrofinanzierung ist nicht die einzige Lösung und wird sicherlich auch kritisiert. Um Sorgen über schlecht investierte Gelder zu mildern, sollten die Mikrofinanzinstitute solche KMU-Eigentümer belohnen, die ihre Kredite zur Finanzierung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und für Projekte erneuerbarer Energien einsetzen. Dies muss nicht unbedingt im Rahmen der sozialen Verantwortlichkeit von Unternehmen geschehen. Laut der Kommission für Unternehmen und Nachhaltige Entwicklung, deren Vorsitzender ich bin, liegt ein solcher Ansatz für die Mikrofinanzinstitute in eigenem Interesse.
Der private Sektor muss verstehen, dass der Klimawandel, insbesondere im Zusammenhang mit KMU, auch Chancen bietet. Tatsächlich wird dies von einem Teil der Akteure dieses Sektors bereits erkannt.
Die GSMA – eine Handelsgruppe, die hunderte von Telekommunikationsbetreibern vertritt, und deren Generaldirektor, Mats Granryd, Mitglied der oben erwähnten Kommission ist – fördert gemeinsam mit ihren Mitgliedern die Mikrofinanzierung im ländlichen Raum. Mit Mobiltelefonen können Landwirte schnell an Informationen wie Saatgutpreise oder Wetterlagen kommen und sofortigen Zugriff auf die Gelder erlangen, die sie zum Abschluss von Transaktionen benötigen. Diese mobil verfügbaren Informationen führen zu besserer Entscheidungsfindung, sparen den Landwirten Geld und fördern ihre Widerstandskraft gegenüber extremen Wetterlagen und Dürren. Und von einem erweiterten ländlichen Markt profitieren natürlich auch die Mobilfunkanbieter.
Auch Peer-to-Peer-Netzwerke zur Kreditvergabe, die Sparer direkt mit Kreditnehmern in Verbindung bringen, bieten viele Möglichkeiten. P2P-Plattformen zur Mikrokreditvergabe wie lendwithcare.org, Lendico oder RainFin haben sich als sehr beliebt erwiesen. Sie könnten die Mikrofinanzgemeinde reaktivieren und den KMU in Entwicklungsländern einen besseren Zugang zu Krediten verschaffen. Und auch Finanzprodukte wie Wetterderivate – die den KMU und einigen der ärmsten Menschen der Welt als Ernteversicherung dienen können – haben großes Potenzial.
Meint es die Welt ernst mit dem Versuch, die schlimmsten Folgen des Klimawandels und insbesondere dessen überproportionalen Effekt auf verletzliche Gemeinschaften abzumildern, müssen sich sowohl der öffentliche als auch der private Sektor darum bemühen, das Mikrofinanzwesen auf KMU auszuweiten. Diejenigen, die an der Front zum Schutz des Lebens und der Einkommen stehen, brauchen unsere Hilfe.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff
LONDON – Die Hauptlast des Klimawandels – vom steigenden Meeresspiegel über extreme Wetterereignisse bis hin zu lang andauernden und schweren Dürren und Überflutungen – geht auf Kosten der verletzlichsten Gemeinschaften. Laut der Weltbank könnte der Klimawandel ohne effektive Gegenmaßnahmen bis 2030 über 100 Millionen Menschen in die Armut stürzen.
Um diesen Gemeinschaften dabei zu helfen, gegenüber den Effekten des Klimawandels weniger empfindlich zu werden, müssen die Finanzinstitutionen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unterstützen. In Entwicklungs- und Schwellenländern stellen diese Unternehmen 45% der Beschäftigungsmöglichkeiten bereit und erwirtschaften bis zu 33% des BIP – und bezieht man informelle KMU mit ein, sind die Zahlen noch deutlich höher. Stärkt ein KMU seine eigene klimatische Widerstandskraft, kann dies auf die umliegende Gemeinschaft einen Lawineneffekt haben.
Leider haben die Eigentümer der KMU im Allgemeinen Schwierigkeiten, Bankkredite zu bekommen, und müssen zur Unterstützung ihrer Unternehmen statt dessen auf informelle Kreditvergabe und alternative Finanzierungsquellen zurückgreifen. Laut der Weltbank haben 50% der formellen KMU keinen Zugang zu offiziellen Krediten, und die Gesamtlücke in der Kreditfinanzierung formeller und informeller KMU liegt weltweit bei 2,6 Billionen Dollar. Diese Lücke ist je nach Region sehr unterschiedlich und in Afrika und Asien am höchsten.
Mikrofinanzierung kann diese Lücke schließen, indem sie die für das Wachstum von KMU erforderlichen Kredite bereitstellt. Laut der OECD stellen Mikrofinanzinstitute wie nationale Entwicklungshilfeeinrichtungen, Banken, Kreditgenossenschaften oder gemeinnützige Organisationen bereits heute über 100 Millionen armen Kleinunternehmern Finanzdienstleistungen zur Verfügung, darunter 90% Frauen.
Die Rolle der Mikrofinanzierung bei der Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von KMU gegen den Klimawandel muss noch vollständiger definiert werden. In Afrika, Asien und Lateinamerika konnten KMU durch diese neue Finanzierungsmethode in dürreresistente Erntepflanzen investieren, bessere Bewässerungssysteme bauen und Klimaversicherungen abschließen, um ihre Einkommen bei Ernteausfällen durch zu viel oder zu wenig Regen zu sichern.
Die Erfolgsgeschichte dieser Projekte ist bereits nachgewiesen. Laut einer Untersuchung der OECD haben im Jahr 2010 43% der Mikrofinanzaktivitäten in Bangladesch zu einer verstärkten Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften geführt. Diese Projekte beinhalten Kreditprogramme für wetterresistente Gebäude sowie dürre- und salztolerantes Saatgut zur Verbesserung der Widerstandskraft gegen den Klimawandel. In Nepal unterstützt das Mikrofinanzwesen die Katastrophenhilfe und -vorsorge, die Diversifizierung von Kulturpflanzen und den verbesserten Zugang zu Bewässerung. So kann das Mikrofinanzwesen auch den Übergang der KMU hin zu kohlenstoffarmen Geschäftsmodellen fördern, indem sie die Bemühungen dieser Unternehmen zur Einführung erneuerbarer Energiequellen sowie nachhaltiger Produktions- und Angebotsketten unterstützt.
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Mikrofinanzierung ist nicht die einzige Lösung und wird sicherlich auch kritisiert. Um Sorgen über schlecht investierte Gelder zu mildern, sollten die Mikrofinanzinstitute solche KMU-Eigentümer belohnen, die ihre Kredite zur Finanzierung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und für Projekte erneuerbarer Energien einsetzen. Dies muss nicht unbedingt im Rahmen der sozialen Verantwortlichkeit von Unternehmen geschehen. Laut der Kommission für Unternehmen und Nachhaltige Entwicklung, deren Vorsitzender ich bin, liegt ein solcher Ansatz für die Mikrofinanzinstitute in eigenem Interesse.
Der private Sektor muss verstehen, dass der Klimawandel, insbesondere im Zusammenhang mit KMU, auch Chancen bietet. Tatsächlich wird dies von einem Teil der Akteure dieses Sektors bereits erkannt.
Die GSMA – eine Handelsgruppe, die hunderte von Telekommunikationsbetreibern vertritt, und deren Generaldirektor, Mats Granryd, Mitglied der oben erwähnten Kommission ist – fördert gemeinsam mit ihren Mitgliedern die Mikrofinanzierung im ländlichen Raum. Mit Mobiltelefonen können Landwirte schnell an Informationen wie Saatgutpreise oder Wetterlagen kommen und sofortigen Zugriff auf die Gelder erlangen, die sie zum Abschluss von Transaktionen benötigen. Diese mobil verfügbaren Informationen führen zu besserer Entscheidungsfindung, sparen den Landwirten Geld und fördern ihre Widerstandskraft gegenüber extremen Wetterlagen und Dürren. Und von einem erweiterten ländlichen Markt profitieren natürlich auch die Mobilfunkanbieter.
Auch Peer-to-Peer-Netzwerke zur Kreditvergabe, die Sparer direkt mit Kreditnehmern in Verbindung bringen, bieten viele Möglichkeiten. P2P-Plattformen zur Mikrokreditvergabe wie lendwithcare.org, Lendico oder RainFin haben sich als sehr beliebt erwiesen. Sie könnten die Mikrofinanzgemeinde reaktivieren und den KMU in Entwicklungsländern einen besseren Zugang zu Krediten verschaffen. Und auch Finanzprodukte wie Wetterderivate – die den KMU und einigen der ärmsten Menschen der Welt als Ernteversicherung dienen können – haben großes Potenzial.
Meint es die Welt ernst mit dem Versuch, die schlimmsten Folgen des Klimawandels und insbesondere dessen überproportionalen Effekt auf verletzliche Gemeinschaften abzumildern, müssen sich sowohl der öffentliche als auch der private Sektor darum bemühen, das Mikrofinanzwesen auf KMU auszuweiten. Diejenigen, die an der Front zum Schutz des Lebens und der Einkommen stehen, brauchen unsere Hilfe.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff