P5+1 leaders Iran nuclear deal Prensa Internacional/ZumaPress

Die Zukunft des Nuklearabkommens mit dem Iran

NEW YORK – Ein altes Sprichwort sagt: „Verkaufe nicht das Fell, bevor du den Bären erlegt hast“. Eine mögliche Lösung ist etwas anderes als eine tatsächliche Sicherheit. Falls es auf Farsi noch keine solche Redensart gibt, wird sich dies vermutlich bald ändern.

Dabei geht es natürlich um die „Parameter für einen umfassenden gemeinsamen Handlungsplan bezüglich des Nuklearprogramms der Islamischen Republik Iran“, auf die sich der Iran und die P5+1-Länder kürzlich geeinigt haben (die P5+1 sind die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats – China, Großbritannien, Frankreich, Russland und die USA – plus Deutschland). Das Abkommen ist ein wichtiger politischer und diplomatischer Meilenstein, mit mehr Details und größerem Umfang, als es viele im Vorfeld für möglich hielten.

Aber trotzdem lässt der Text mindestens ebenso viele Fragen unbeantwortet. In den kommenden Wochen, Monaten und Jahren wird sich zeigen, dass einige große Themen noch geregelt werden müssen. Näher an der Wahrheit ist, dass die tatsächliche Debatte über das Nuklearabkommen mit dem Iran erst jetzt beginnt.

Das Rahmenwerk setzt dem iranischen Nuklearprogramm erhebliche Grenzen. Es regelt die Anzahl und den Typ von Zentrifugen, die Art von Reaktoren sowie die Menge und Qualität des angereicherten Urans, die das Land besitzen darf. Es setzt Standards für die Inspektionen, die Beweise dafür liefern sollen, dass der Iran seine Verpflichtungen erfüllt. Und es trifft Vorbereitungen für die Erleichterung der Wirtschaftssanktionen, sollte der Iran seine Verpflichtungen nachgewiesenermaßen erfüllen.

Der Kern des Abkommens besteht darin, dass zwischen dem Moment, in dem sich der Iran für den Bau von Nuklearwaffen entscheidet, und dem Zeitpunkt ihrer Fertigstellung etwa ein Jahr Warnfrist möglich ist. Dahinter steht die Annahme, dass durch die vereinbarte Überwachung ein Fehlverhalten früh genug erkannt wird, um noch vor dem iranischen Besitz von Nuklearwaffen eine koordinierte internationale Reaktion zu ermöglichen – insbesondere die Wiedereinführung von Sanktionen.

Es gibt allerdings nicht weniger als fünf Gründe für die Annahme, dass das Abkommen nicht in Kraft tritt oder nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Der erste betrifft die nächsten 90 Tage. Angekündigt wurde ein vorläufiges Rahmenwerk, und bis Juni soll eine formale, umfassende Vereinbarung getroffen werden. In der Zwischenzeit könnte es aber durchaus passieren, dass die Verhandler nach der Rückkehr in ihre Heimatländer von ihren Regierungen und Bürgern für die Details des Abkommens kritisiert werden und ihre Meinung ändern. Bereits jetzt gibt es deutliche Unterschiede in der Art, wie die Ergebnisse der Verhandlungen in den USA und im Iran jeweils dargestellt werden.

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Zweitens machen auch die Details der Probleme Sorgen, die noch gelöst werden müssen. Am schwierigsten könnte der Zeitplan für die Rücknahme der einzelnen Sanktionen werden – das für den Iran wichtigste Thema. Aber genau diese Sanktionen sind auch das beste Druckmittel für eine iranische Kooperation, was bedeutet, dass in den USA und Europa viele dafür plädieren werden, sie bis zur vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen des Landes beizubehalten.

Drittens kann bezweifelt werden, ob die verschiedenen Parteien einer langfristigen Vereinbarung zustimmen. Am wenigsten sicher ist dies beim Iran und bei den USA. Die so genannten Hardliner im Iran werden einer Übereinkunft mit dem „Großen Satan“, die die nuklearen Ambitionen ihres Landes einschränkt, kaum zustimmen. Aber viele Iraner sehnen sich auch danach, den Wirtschaftssanktionen zu entkommen. Und sollte, wie es den Anschein hat, der Oberste Rechtsgelehrte Ayatollah Ali Khamenei das Abkommen befürworten, wird der Iran zustimmen.

In den USA sind die Unsicherheiten größer. Präsident Barack Obama hat es mit einem viel komplexeren politischen Umfeld zu tun, was bereits mit dem US-Kongress beginnt. Dort herrscht eine verständliche Besorgnis darüber vor, dem Iran überhaupt nukleare Möglichkeiten zu gewähren, und darüber, ob die Maßnahmen zur Überwachung und Inspektion ausreichen und was in zehn oder fünfzehn oder fünfundzwanzig Jahren geschieht, wenn die verschiedenen Beschränkungen gegenüber dem Iran auslaufen. Dass der Kongress dem endgültigen Abkommen und/oder der Aufhebung der Sanktionen zustimmt, ist noch keineswegs sicher.

Die Frage nach der politischen Zustimmung ist eng mit einer vierten Sorge verbunden: darüber, wie eine endgültige Vereinbarung umgesetzt werden soll. Bisherige Erfahrungen mit Waffenkontrollen legen nahe, dass der Iran, der den UN-Waffeninspektoren bereits in der Vergangenheit wichtige Informationen vorenthalten hat, verdächtigt werden könnte, sich nicht an die – formalen und impliziten – Ergebnisse der Verhandlungen zu halten. Auch darüber, wie das Verhalten des Iran bewertet und gegebenenfalls beantwortet wird, muss eine Einigung erzielt werden.

Der fünfte unklare Bereich hängt nicht so sehr mit dem Abkommen zusammen, sondern vielmehr mit allen anderen Aspekten der iranischen Außen- und Sicherheitspolitik. Das Abkommen umfasst nur die nuklearen Aktivitäten des Landes. Es geht dort nicht um das iranische Raketenprogramm und die Unterstützung für Terroristen und ihre Vertreter, und noch weniger darum, was das Land im Irak, im Jemen oder anderswo im turbulenten Nahen und Mittleren Osten tut, genauso wenig wie um die Menschenrechte im Land selbst.

Der Iran ist eine imperialistische Macht, die in der Region die Vorherrschaft anstrebt. Diese Tatsache ändert sich auch durch eine unterschriebene und umgesetzte Nuklearvereinbarung. Vielleicht wird sie dadurch sogar noch verschlimmert, da der Iran durch diese sein Prestige steigern und langfristig doch noch zu Atomwaffen kommen könnte.

Obama hat Recht: Der Abschluss eines solchen Nuklearabkommen ist besser als die Möglichkeit, dass der Iran in den Besitz von Nuklearwaffen kommt oder durch einen Krieg daran gehindert werden muss. Aber eine Vereinbarung jeglicher Art muss in den USA und in der Region das Vertrauen schaffen, dass sie das Nuklearprogramm des Irans klar begrenzt und dazu führt, dass jeglicher Täuschungsversuch der iranischen Seite früh erkannt und streng geahndet wird. Dies wird nicht einfach sein, und so ist es bestimmt nicht übertrieben zu sagen, dass die Bemühungen, ein solches Vertrauen zu schaffen, eine ähnliche Herausforderung darstellen werden wie die Verhandlungen selbst.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

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