pa3788 Paul Lachine

Vom Winde verweht

KOPENHAGEN – Die Bemühungen, die globale Erwärmung aufzuhalten, haben weltweit zu einem starken Trend zum Ausbau erneuerbarer Energien geführt. So hat sich auch die Nutzung von Windturbinen im letzten Jahrzehnt verzehnfacht, und Windkraft wird oft als grüne Energie mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis angesehen. Laut Connie Hedegaard, der Kommissarin für Klimamaßnahmen der Europäischen Union, sollen “die Menschen glauben, dass [Windkraft] sehr, sehr billig ist.”

Diese Behauptung ist allerdings sehr problematisch. Windenergie ist zwar billiger als andere, weniger effiziente erneuerbare Energien, wie Solarenergie, Gezeitenkraft oder Biosprit, ist aber immer noch weit von der Wettbewerbsfähigkeit entfernt. Wäre sie wettbewerbsfähig, müssten wir keine derart hohen Summen für ihre Subventionierung ausgeben.

So ist beispielsweise in Großbritannien der Wind immer noch deutlich teurer als andere Energiequellen. Zieht man die neuesten Werte der dortigen Kosten für Elektrizitätserzeugung von 2010 zu Rate und betrachtet die Kosten je produzierter Kilowattstunde, ist Wind immer noch 20 bis 200% teurer als der günstigste fossile Energieträger. Und sogar das ist eine deutliche Untertreibung.

Während Großbritannien und andere Industrieländer die Aufstellung von Windkrafträdern vorangetrieben haben, haben sie natürlich mit den windigsten Standorten begonnen und die anderen für später aufgehoben. Gleichzeitig nahm der Protest von Anwohnern gegen die Windfarmen zu. Die regionale Opposition hat sich in den letzten drei Jahren verdreifacht, und die lokalen Zustimmungswerte für neue Windfarmen sind auf ein Allzeittief gefallen.

Die meisten Menschen glauben, einige wenige Windräder könnten attraktiv sein, aber etwas ganz anderes sei es, wenn Turbinen über die ganze Landschaft verstreut sind oder wenn industrielle Windfarmen sich meilenweit ausbreiten. Auch über die niederfrequenten Geräusche der riesigen neuen Windräder gibt es immer mehr Beschwerden.

Angesichts der abnehmenden öffentlichen Zustimmung dürfte der Hauptanteil der zukünftigen neuen Windturbinen offshore aufgestellt werden, wo es weniger Widerstand gibt, aber die Kosten deutlich höher sind.

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Mit ihrer Politik der “20-20-20” hat die EU versprochen, bis 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid 20% unter das Niveau von 1990 zu bringen und den Anteil der erneuerbaren Energien in der Union auf 20% zu steigern. Für Großbritannien bedeutet dies eine dramatische Zunahme an Windkraftanlagen, insbesondere offshore.

Dies wird überraschend teuer. Der UK Carbon Trust schätzt, dass die Kosten des Ausbaus der Windkraft auf 40 Gigawatt, der für die Erzeugung von 31% der Elektrizität bis 2020 erforderlich wäre, bis zu 75 Milliarden Pfund (90 Milliarden Euro) betragen könnten. Und der Nutzen im Kampf gegen die globale Erwärmung wäre sehr begrenzt: eine Reduktion von nur 86 Megatonnen CO2 jährlich über zwei Jahrzehnte. Bezogen auf den dadurch verhinderten Temperaturanstieg ist dieser Wert völlig unbedeutend. Anhand eines Standard-Klimamodells berechnet, würde durch diesen enormen Kostenaufwand Großbritanniens die globale Erwärmung um lediglich zehn Tage verzögert.

Darüber hinaus ist diese Schätzung zweifellos zu optimistisch. Wenn wir ihn brauchen, bläst der Wind oft nicht. Einem Bericht der BBC zufolge war das kalte Wetter am 21.Dezember 2010 typisch für eine ausgedehnte Kaltfront mit hohem Luftdruck und wenig Wind. Während die Windkraft durchschnittlich 5% des gesamten Stroms in Großbritannien erzeugt, fiel der Wert an diesem Tag auf nur 0,04%. Da die Nachfrage an diesem Tag natürlich sehr hoch war, mussten andere Quellen wie Kohle und Gas die Lücke füllen.

Ein 5-prozentiger Ausfall ist noch zu ersetzen, aber wenn Großbritannien den Anteil der Windkraft am Stromverbrauch bis 2020 auf die geplanten 31% erhöht, wird sich die Lage dramatisch ändern. Beziehen wir die großen Energiereserven, die für Windstille bereit gehalten werden müssen, in die Rechnung mit ein, wird Windkraft viel teurer.

Der bei weitem billigste Ersatz sind offene Gaskraftwerke, die mehr CO2 emittieren. Daher ist die Windkraft letztlich sowohl teurer als auch weniger klimaschonend als offiziell geschätzt. (Dies ist auch der Grund dafür, warum einfache Rechnungen auf der Grundlage von Kosten pro kWh oft ziemlich irreführend sind und dazu beitragen, Windkraft und andere schwankungsintensive erneuerbare Energiequellen billiger zu rechnen, als sie tatsächlich sind.)

Belegt wird dies durch aktuelle Berichte von KPMG/Mercados und Civitas, einem unabhängigen Thinktank. In einem neuen Bericht schätzt Professor Gordon Hughes von der University of Edinburgh für die Global Warming Policy Foundation, dass 36 GW zusätzliche Windkraft bei einer jährlichen Einsparung von nur 23 Megatonnen CO2 120 Milliarden Pfund kosten würden. Anders betrachtet würde dadurch der Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts um lediglich 66 Stunden verzögert.

Im Gegensatz zur allgemeinen Ansicht sind die Kosten für Windkraft sowohl im Inland als auch auf See bisher nicht gesunken. Vielmehr sind sie im letzten Jahrzehnt gestiegen. Dies ergibt sich aus dem aktuellen Bericht über erneuerbare Energien des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) der Vereinten Nationen. Und auch das UK Energy Research Center kommt zu der traurigen Erkenntnis, dass die Kosten für Windkraft “seit Mitte der 2000er Jahre deutlich gestiegen sind.”

Ebenso wie die EU hat sich Großbritannien in die Idee der Reduktion von CO2 durch Windkrafttechnik verliebt. Aber die meisten wissenschaftlichen Modelle zeigen, dass die günstigste Methode, bis zum Jahr 2020 20% CO2 einzusparen, darin besteht, Kohle durch saubereres Erdgas zu ersetzen. Laut dem Durchschnitt der wichtigsten Energiemodelle kostet das Erreichen des Ziels von 20%, auf Großbritannien herunter gerechnet, in den nächsten zehn Jahren insgesamt etwa 95 Milliarden Pfund und danach jährlich weitere 18 Milliarden. Natürlich beinhalten diese Zahlen auch Einsparungen in anderen Bereichen als der Stromerzeugung, und sie gehen von insgesamt höheren Energiekosten für die Volkswirtschaft aus.

Trotzdem ist das Ergebnis eindeutig: Soll das Ziel der Einsparungen von CO2-Emissionen ausschließlich durch erneuerbare Energien erreicht werden, vervielfachen sich die Kosten den Modellen zufolge auf 188 Milliarden Pfund für dieses Jahrzehnt und 36 Milliarden jährlich nach 2020. Insgesamt kann man sagen, dass das Beharren auf Windkraft unwirtschaftlich ist, den Klimawandel nicht abwenden kann und allein in Großbritannien 92 Milliarden Pfund zusätzlich kostet.

Dies scheint für kein Land eine gute Wahl zu sein.

https://prosyn.org/IokCAoZde