CAMBRIDGE – Angesichts der Weltklimakonferenz (COP26) in Glasgow herrscht derzeit ein enormer Überschwang über das Potenzial grüner Energiequellen. Tatsache jedoch ist, dass nach wie vor 80% der weltweiten Energieversorgung auf fossile Energieträger entfallen – genau so viel wie vor sechs Jahren, als die Regierungen auf der COP21 mit großem Getöse das Pariser Klima-Abkommen unterzeichneten. Und obwohl viele Volkswirtschaften ihr BIP-Niveau von vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht haben, dürfte die Welt 2021 den zweitgrößten jährlichen Anstieg der CO2-Emissionen seit Beginn der Aufzeichnungen erleben.
Zwar gibt sich der jüngste World Energy Outlook der Internationalen Energie-Agentur, der weiterhin den Goldstandard der Energieanalyse darstellt, optimistisch, indem er den Schwerpunkt verstärkt darauf legt, was sich zur Bekämpfung des Klimawandels tun lässt. Doch zugleich scheint es so viele bewegliche Teile, Innovationen, Anpassungsmaßnahmen und Opfer zu erfordern, „die Tür für 1,5 °C offen zu halten“, dass schwer erkennbar ist, wie das ohne den weltweiten CO2-Preis klappen soll, den die meisten Ökonomen für notwendig halten. Insbesondere eine CO2-Steuer setzt Anreize für Maßnahmen zur Emissionssenkung, koordiniert diese und sorgt auf eine Weise, die staatliche Planung schlicht nicht leisten kann, für eine entsprechende Zuordnung von Ressourcen.
Die Idee einer CO2-Steuer bleibt in der Politik der USA ein rotes Tuch; sie wurde bei den jüngsten Haushaltsverhandlungen kurz thematisiert, aber fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Stattdessen wird Präsident Joe Biden ein Potpourri von Maßnahmen vorschlagen – etwa eine Umstellung auf Elektroautos und ein Ende der Erschließung fossiler Energieträger –, bei denen es sich überwiegend um gute Ideen handelt, die jedoch viel teurer und viel weniger effizient sind als eine CO2-Steuer.
Die Europäische Union hat mit ihrem Emissionshandelssystem (einer Alternative zu einer CO2-Steuer, bei der Emissionshöchstgrenzen festgelegt werden und mit Emissionszertifikaten gehandelt wird) größere Fortschritte beim CO2-Preis gemacht. Jedoch deckt das Programm derzeit nur etwa 50% der Treibhausgasemissionen der EU ab und gibt eine Menge Zertifikate kostenlos ab. Kein Wunder also, dass die Politiker in den Schwellenländern und einkommensschwachen Volkswirtschaften derart zynisch reagieren, wenn man sie auffordert, zur Bekämpfung des Klimawandels das Risiko einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Länder einzugehen. Viele von ihnen fragen stattdessen, warum die globalen Klima-Abkommen nicht alle Länder unter Druck setzen, ein ähnliches Emissionsniveau pro Kopf zu erreichen.
Selbst wenn wie durch ein Wunder eine globale CO2-Steuer verabschiedet würde, bräuchte die Welt noch immer einen Mechanismus zur Übertragung von Ressourcen und Know-how an die Entwicklungsländer, damit sich diese nicht zu den großen Emissionsverursachern der Zukunft entwickeln. Ich habe die Gründung einer CO2-Weltbank angeregt, die technische Fachkenntnisse bündeln, den Austausch bewährter Verfahren erleichtern und Unterstützung bei der Kanalisierung von hunderten von Milliarden Dollar an Subventionen und Krediten in die einkommensschwachen Länder leisten würde.
Die Entwicklungsländer mit an Bord zu holen ist unverzichtbar. Dreißig Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entfallen auf die Kohle, die in Ländern wie Indien und China wenig kostet und in großen Mengen vorhanden ist. Obwohl inzwischen 21 Länder zugesagt haben, ihre Kohlekraftwerke stillzulegen, liegen diese fast sämtlich in Europa, und es entfallen auf sie nur etwa 5% der weltweiten Kohlekraftwerke. Chinas jüngstes Versprechen, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr zu bauen, ist ein guter Anfang. Doch produziert China selbst mehr als die Hälfte des weltweiten Kohlestroms, und viele andere Länder, wie etwa Vietnam, werden vermutlich nun selbst mehr Kohlekraftwerke bauen.
Auch werden die Regulierungsbehörden selbst bei Einführung einer CO2-Steuer noch eine Unzahl Probleme bewältigen müssen; z. B. werden sie entscheiden müssen, wo Windräder aufgestellt werden dürfen, wie vorhandene Kohlekraftwerke stillgelegt werden können und in welchem Umfang Erdgas als Energieträger für den Übergang eingesetzt werden kann. Weil Wind- und Sonnenenergie intermittierende Energiequellen sind, spricht viel für eine neuerliche Ausweitung der Atomkraft. Dies würde den Einsatz viel sicherer moderner Technologien umfassen, um sowohl Großkraftwerke als auch die Art von Kleinreaktoren zu bauen, die in Atom-U-Booten zum Einsatz kommen.
Grünen Parteien mag bei dieser Idee schlecht werden, aber wir müssen Klimaverstand mit Energieverstand vereinen. Um bis 2050, wenn auf der Welt womöglich noch zwei Milliarden Menschen mehr leben werden, CO2-Neutralität zu erreichen, sind einige harte Entscheidungen erforderlich.
Politik und Öffentlichkeit zu überzeugen, sich diesen Entscheidungen zu stellen, ist nicht einfach. Ein Mangel an Wind in Europa im vergangenen Sommer hat zu der derzeitigen Krise dort beigetragen, und jetzt hoffen die europäischen Regierungen, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Region mit mehr Erdgas beliefern wird. In ähnlicher Weise hat US-Präsident Biden die OPEC-Länder angesichts des für diesen Winter zu erwartenden Anstiegs der Energiepreise dringend aufgefordert, mehr Öl zu liefern, während seine Regierung gleichzeitig versucht, die Produktion fossiler Energieträger im eigenen Land zu drosseln.
Investitionen nach dem Prinzip der Umwelt-, Sozial- und Regierungsverantwortung, deren Befürworter Investitionen in fossile Energieträger das Kapital zu entziehen suchen, sind derzeit große Mode und schienen für eine Weile sogar gute Renditen zu bieten. Doch angesichts des neuerlichen Anstiegs der Energiepreise ist das möglicherweise nicht länger der Fall. Und selbst wenn die hochentwickelten Länder – womöglich unter Einschluss der USA und des widerborstigen Australiens – die Exploration fossiler Energieträger verbieten, haben die weniger entwickelten Länder trotzdem starke Anreize, die Erschließung ihrer eigenen CO2-verursachenden Ressourcen auszuweiten.
Es ist ermutigend, dass die IEA die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C noch immer als erreichbares Ziel einstuft, selbst wenn der Weg dahin äußerst schwierig ist. Leider bleibt es äußerst fraglich, ob die politischen Bemühungen, dieses Ziel zu erreichen, mit dem Tempo der Erwärmung des Planeten Schritt halten werden. Was Klimakonferenzen angeht, kann man daher nur hoffen, dass 26 eine Glückszahl ist.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
CAMBRIDGE – Angesichts der Weltklimakonferenz (COP26) in Glasgow herrscht derzeit ein enormer Überschwang über das Potenzial grüner Energiequellen. Tatsache jedoch ist, dass nach wie vor 80% der weltweiten Energieversorgung auf fossile Energieträger entfallen – genau so viel wie vor sechs Jahren, als die Regierungen auf der COP21 mit großem Getöse das Pariser Klima-Abkommen unterzeichneten. Und obwohl viele Volkswirtschaften ihr BIP-Niveau von vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht haben, dürfte die Welt 2021 den zweitgrößten jährlichen Anstieg der CO2-Emissionen seit Beginn der Aufzeichnungen erleben.
Zwar gibt sich der jüngste World Energy Outlook der Internationalen Energie-Agentur, der weiterhin den Goldstandard der Energieanalyse darstellt, optimistisch, indem er den Schwerpunkt verstärkt darauf legt, was sich zur Bekämpfung des Klimawandels tun lässt. Doch zugleich scheint es so viele bewegliche Teile, Innovationen, Anpassungsmaßnahmen und Opfer zu erfordern, „die Tür für 1,5 °C offen zu halten“, dass schwer erkennbar ist, wie das ohne den weltweiten CO2-Preis klappen soll, den die meisten Ökonomen für notwendig halten. Insbesondere eine CO2-Steuer setzt Anreize für Maßnahmen zur Emissionssenkung, koordiniert diese und sorgt auf eine Weise, die staatliche Planung schlicht nicht leisten kann, für eine entsprechende Zuordnung von Ressourcen.
Die Idee einer CO2-Steuer bleibt in der Politik der USA ein rotes Tuch; sie wurde bei den jüngsten Haushaltsverhandlungen kurz thematisiert, aber fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Stattdessen wird Präsident Joe Biden ein Potpourri von Maßnahmen vorschlagen – etwa eine Umstellung auf Elektroautos und ein Ende der Erschließung fossiler Energieträger –, bei denen es sich überwiegend um gute Ideen handelt, die jedoch viel teurer und viel weniger effizient sind als eine CO2-Steuer.
Die Europäische Union hat mit ihrem Emissionshandelssystem (einer Alternative zu einer CO2-Steuer, bei der Emissionshöchstgrenzen festgelegt werden und mit Emissionszertifikaten gehandelt wird) größere Fortschritte beim CO2-Preis gemacht. Jedoch deckt das Programm derzeit nur etwa 50% der Treibhausgasemissionen der EU ab und gibt eine Menge Zertifikate kostenlos ab. Kein Wunder also, dass die Politiker in den Schwellenländern und einkommensschwachen Volkswirtschaften derart zynisch reagieren, wenn man sie auffordert, zur Bekämpfung des Klimawandels das Risiko einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Länder einzugehen. Viele von ihnen fragen stattdessen, warum die globalen Klima-Abkommen nicht alle Länder unter Druck setzen, ein ähnliches Emissionsniveau pro Kopf zu erreichen.
Selbst wenn wie durch ein Wunder eine globale CO2-Steuer verabschiedet würde, bräuchte die Welt noch immer einen Mechanismus zur Übertragung von Ressourcen und Know-how an die Entwicklungsländer, damit sich diese nicht zu den großen Emissionsverursachern der Zukunft entwickeln. Ich habe die Gründung einer CO2-Weltbank angeregt, die technische Fachkenntnisse bündeln, den Austausch bewährter Verfahren erleichtern und Unterstützung bei der Kanalisierung von hunderten von Milliarden Dollar an Subventionen und Krediten in die einkommensschwachen Länder leisten würde.
Die Entwicklungsländer mit an Bord zu holen ist unverzichtbar. Dreißig Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entfallen auf die Kohle, die in Ländern wie Indien und China wenig kostet und in großen Mengen vorhanden ist. Obwohl inzwischen 21 Länder zugesagt haben, ihre Kohlekraftwerke stillzulegen, liegen diese fast sämtlich in Europa, und es entfallen auf sie nur etwa 5% der weltweiten Kohlekraftwerke. Chinas jüngstes Versprechen, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr zu bauen, ist ein guter Anfang. Doch produziert China selbst mehr als die Hälfte des weltweiten Kohlestroms, und viele andere Länder, wie etwa Vietnam, werden vermutlich nun selbst mehr Kohlekraftwerke bauen.
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Auch werden die Regulierungsbehörden selbst bei Einführung einer CO2-Steuer noch eine Unzahl Probleme bewältigen müssen; z. B. werden sie entscheiden müssen, wo Windräder aufgestellt werden dürfen, wie vorhandene Kohlekraftwerke stillgelegt werden können und in welchem Umfang Erdgas als Energieträger für den Übergang eingesetzt werden kann. Weil Wind- und Sonnenenergie intermittierende Energiequellen sind, spricht viel für eine neuerliche Ausweitung der Atomkraft. Dies würde den Einsatz viel sicherer moderner Technologien umfassen, um sowohl Großkraftwerke als auch die Art von Kleinreaktoren zu bauen, die in Atom-U-Booten zum Einsatz kommen.
Grünen Parteien mag bei dieser Idee schlecht werden, aber wir müssen Klimaverstand mit Energieverstand vereinen. Um bis 2050, wenn auf der Welt womöglich noch zwei Milliarden Menschen mehr leben werden, CO2-Neutralität zu erreichen, sind einige harte Entscheidungen erforderlich.
Politik und Öffentlichkeit zu überzeugen, sich diesen Entscheidungen zu stellen, ist nicht einfach. Ein Mangel an Wind in Europa im vergangenen Sommer hat zu der derzeitigen Krise dort beigetragen, und jetzt hoffen die europäischen Regierungen, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Region mit mehr Erdgas beliefern wird. In ähnlicher Weise hat US-Präsident Biden die OPEC-Länder angesichts des für diesen Winter zu erwartenden Anstiegs der Energiepreise dringend aufgefordert, mehr Öl zu liefern, während seine Regierung gleichzeitig versucht, die Produktion fossiler Energieträger im eigenen Land zu drosseln.
Investitionen nach dem Prinzip der Umwelt-, Sozial- und Regierungsverantwortung, deren Befürworter Investitionen in fossile Energieträger das Kapital zu entziehen suchen, sind derzeit große Mode und schienen für eine Weile sogar gute Renditen zu bieten. Doch angesichts des neuerlichen Anstiegs der Energiepreise ist das möglicherweise nicht länger der Fall. Und selbst wenn die hochentwickelten Länder – womöglich unter Einschluss der USA und des widerborstigen Australiens – die Exploration fossiler Energieträger verbieten, haben die weniger entwickelten Länder trotzdem starke Anreize, die Erschließung ihrer eigenen CO2-verursachenden Ressourcen auszuweiten.
Es ist ermutigend, dass die IEA die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C noch immer als erreichbares Ziel einstuft, selbst wenn der Weg dahin äußerst schwierig ist. Leider bleibt es äußerst fraglich, ob die politischen Bemühungen, dieses Ziel zu erreichen, mit dem Tempo der Erwärmung des Planeten Schritt halten werden. Was Klimakonferenzen angeht, kann man daher nur hoffen, dass 26 eine Glückszahl ist.
Aus dem Englischen von Jan Doolan