LONDON, ONTARIO – Es ist der Forschung an zwei Fronten zu verdanken, dass Fortschritte gegen viele Arten von Krebs erzielt werden und mehr Patienten länger überleben: Verbesserte Methoden zur Früherkennung und die Entwicklung von Therapien, die effektiver und weniger toxisch sind. Schätzungen zufolge gibt es zurzeit allein in den Vereinigten Staaten mehr als 10 Millionen Menschen, die Krebserkrankungen überlebt haben und ihre Zahl wächst kontinuierlich weiter. Andere Industrieländer weisen ähnliche Statistiken im Verhältnis zur Bevölkerungszahl auf.
Krebstumore, die früh erkannt werden – wenn sie klein sind und die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass sich Metastasen (vom Primärtumor ausgehende Absiedlungen) gebildet haben – sind eher mit lokaler Therapie behandelbar, während eine erfolgreiche Behandlung letztlich unwahrscheinlich ist, wenn sich erst einmal metastatische Tumore entwickeln. Und verbesserte Therapien bedeuten, dass Patienten mit Medikamenten behandelt werden können, die besser funktionieren (und dass Patienten eher die volle notwendige Dosis erhalten).
Doch unsere spektakulären Fortschritte bei der Erkennung und Behandlung von Krebs lassen auch das Problem im Ruhezustand befindlicher Tumore, der so genannten Tumor Dormancy, zunehmend ins Bewusstsein rücken: Ein Patient scheint geheilt, doch dann kehrt der gleiche Krebs nach Jahren oder sogar Jahrzehnten zurück. So ist etwa bei Brustkrebs oder Melanomen 25 Jahre nach der ersten Behandlung ein erneutes Auftreten beobachtet worden.
Mit der wachsenden Zahl von Patienten, die Krebserkrankungen überleben, müssen wir die parallel verlaufenden Prozesse ruhender Tumore und des erneuten Auftretens von Krebsmetastasen besser verstehen. Während beim Verständnis der Krebsbiologie bemerkenswerte Fortschritte erzielt wurden – was unter anderem zur Entwicklung neuer, weniger toxischer Medikamente geführt hat – hinken wir mit dem Verständnis der Biologie der Tumormetastasierung und insbesondere der Entwicklung von Metastasen nach einer langen Phase, in der der Tumor geruht hat, hinterher.
Was wir wissen ist, dass die Metastasenbildung ein sehr ineffizienter Prozess ist, bei dem es den meisten Krebszellen, die in den Blutkreislauf gelangen, nicht gelingt Metastasen in entfernten Organen zu bilden. Neuere Studien – sowohl aus dem Labor als auch am Patienten – lassen darauf schließen, dass sich viele Krebszellen, die den Primärtumor verlassen, in neuen Organen ansiedeln können und dort in einen Ruhezustand übergehen.
Es gibt ebenfalls Beweise, die dafür sprechen, dass diese ruhenden Zellen den meisten aktuellen Behandlungsmethoden widerstehen können. Das bedeutet, dass adjuvante (also unterstützende oder ergänzende) Krebstherapien, die darauf abzielen mutmaßliche Mikrometastasen zu vernichten einen wichtigen Bruchteil der ausgestreuten Krebszellen verfehlen können, von denen einige möglicherweise später erneut aktiv werden.
Außerdem beginnen wir molekulare Mechanismen zu erkennen, die den Eintritt von Krebszellen in den Ruhezustand sowie ihre neuerliche Aktivität zu einem späteren Zeitpunkt steuern. Unser Wissen, wie ruhende Tumore funktionieren, steckt noch völlig in den Kinderschuhen. Doch angesichts der zunehmenden Zahl von Menschen, die Krebs überleben wird die Notwendigkeit dieses Wissen zu erlangen immer dringender.
Tatsächlich gibt es Erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass Tumor Dormancy einen sinnvollen Ansatz für Therapien darstellt. So können Patientinnen bei einigen Formen von Brustkrebs mehr als zehn Jahre lang mit Anti-Hormon-Therapien behandelt werden und diese Langzeitbehandlungen funktionieren – sie können einige der bei kürzeren Behandlungszeiträumen erneut auftretenden Krebserkrankungen erfolgreich verhindern. Diese langfristigen Behandlungen sind zwar relativ sicher, haben aber dennoch Nebenwirkungen und die Zahl der erneut auftreten Erkrankungen, die sie verhindern, ist gering.
Somit besteht die Herausforderung vor der wir heute stehen darin, den Prozess der Tumor Dormancy und Metastasenbildung besser zu verstehen, um genauer bestimmen zu können, welche Patienten von einer langfristigen Therapie profitieren werden. Es gibt viel zu lernen und zu diesem Zeitpunkt kennen wir noch nicht einmal alle Fragen, die wir stellen müssen.
Wäre eine Therapie mit Unterbrechungen genauso sinnvoll wie eine Langzeitbehandlung? Gibt es Merkmale bei Primärtumoren oder bei einzelnen Patienten, die uns dabei helfen können vorherzusagen, wer erneut erkranken und Metastasen bilden wird? Was ist, wenn sich spätere Rückfälle einfach nicht bei der Diagnose prognostizieren lassen? Gibt es veränderbare Faktoren – etwa im Bereich Lebensführung, Zustand des Immunsystems oder Umweltbedingungen –, die beeinflussen, ob eine Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt erneut auftritt oder nicht?
Um Antwort auf diese Fragen zu erhalten, ist Forschungsarbeit notwendig und die Erforschung von Metastasenbildung und im Ruhezustand befindlicher Tumore ist schwierig. Voraussetzung hierfür sind Geduld, die Entwicklung von Modellen und die Bereitschaft Langzeitstudien durchzuführen. Außerdem müssen wir die Prävalenz besser verstehen, mit der langfristig ruhende Erkrankungen bei Patienten vorliegen. Wie häufig ist das Phänomen, das wir untersuchen? Es kann sein, dass viele Krebspatienten gestreute Tumorzellen in sich tragen und nicht alle diese Zellen dazu bestimmt sind erneut aktiv zu werden.
In gewisser Hinsicht erhöht der Erfolg der Krebsforschung den Druck Krebs schnell „zu heilen“ und lenkt die Forschung im Labor und klinische Studien von der schwierigen Problematik der Metastasierung und langfristig ruhender Tumore ab. Dieser Schwerpunkt könnte sich letztlich als kurzsichtig erweisen, da sich mit der zunehmenden Zahl der Menschen, die Krebs überleben auch die Zahl späterer Rückfälle erhöht.
Metastasen, nicht der Primärtumor, sind für die meisten krebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Wenn wir die Überlebensstatistiken von Krebspatienten weiter verbessern wollen, müssen wir lernen wie wir die Prozesse, die die Metastasenbildung hervorrufen verhindern, verzögern oder unterdrücken.
LONDON, ONTARIO – Es ist der Forschung an zwei Fronten zu verdanken, dass Fortschritte gegen viele Arten von Krebs erzielt werden und mehr Patienten länger überleben: Verbesserte Methoden zur Früherkennung und die Entwicklung von Therapien, die effektiver und weniger toxisch sind. Schätzungen zufolge gibt es zurzeit allein in den Vereinigten Staaten mehr als 10 Millionen Menschen, die Krebserkrankungen überlebt haben und ihre Zahl wächst kontinuierlich weiter. Andere Industrieländer weisen ähnliche Statistiken im Verhältnis zur Bevölkerungszahl auf.
Krebstumore, die früh erkannt werden – wenn sie klein sind und die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass sich Metastasen (vom Primärtumor ausgehende Absiedlungen) gebildet haben – sind eher mit lokaler Therapie behandelbar, während eine erfolgreiche Behandlung letztlich unwahrscheinlich ist, wenn sich erst einmal metastatische Tumore entwickeln. Und verbesserte Therapien bedeuten, dass Patienten mit Medikamenten behandelt werden können, die besser funktionieren (und dass Patienten eher die volle notwendige Dosis erhalten).
Doch unsere spektakulären Fortschritte bei der Erkennung und Behandlung von Krebs lassen auch das Problem im Ruhezustand befindlicher Tumore, der so genannten Tumor Dormancy, zunehmend ins Bewusstsein rücken: Ein Patient scheint geheilt, doch dann kehrt der gleiche Krebs nach Jahren oder sogar Jahrzehnten zurück. So ist etwa bei Brustkrebs oder Melanomen 25 Jahre nach der ersten Behandlung ein erneutes Auftreten beobachtet worden.
Mit der wachsenden Zahl von Patienten, die Krebserkrankungen überleben, müssen wir die parallel verlaufenden Prozesse ruhender Tumore und des erneuten Auftretens von Krebsmetastasen besser verstehen. Während beim Verständnis der Krebsbiologie bemerkenswerte Fortschritte erzielt wurden – was unter anderem zur Entwicklung neuer, weniger toxischer Medikamente geführt hat – hinken wir mit dem Verständnis der Biologie der Tumormetastasierung und insbesondere der Entwicklung von Metastasen nach einer langen Phase, in der der Tumor geruht hat, hinterher.
Was wir wissen ist, dass die Metastasenbildung ein sehr ineffizienter Prozess ist, bei dem es den meisten Krebszellen, die in den Blutkreislauf gelangen, nicht gelingt Metastasen in entfernten Organen zu bilden. Neuere Studien – sowohl aus dem Labor als auch am Patienten – lassen darauf schließen, dass sich viele Krebszellen, die den Primärtumor verlassen, in neuen Organen ansiedeln können und dort in einen Ruhezustand übergehen.
Es gibt ebenfalls Beweise, die dafür sprechen, dass diese ruhenden Zellen den meisten aktuellen Behandlungsmethoden widerstehen können. Das bedeutet, dass adjuvante (also unterstützende oder ergänzende) Krebstherapien, die darauf abzielen mutmaßliche Mikrometastasen zu vernichten einen wichtigen Bruchteil der ausgestreuten Krebszellen verfehlen können, von denen einige möglicherweise später erneut aktiv werden.
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Außerdem beginnen wir molekulare Mechanismen zu erkennen, die den Eintritt von Krebszellen in den Ruhezustand sowie ihre neuerliche Aktivität zu einem späteren Zeitpunkt steuern. Unser Wissen, wie ruhende Tumore funktionieren, steckt noch völlig in den Kinderschuhen. Doch angesichts der zunehmenden Zahl von Menschen, die Krebs überleben wird die Notwendigkeit dieses Wissen zu erlangen immer dringender.
Tatsächlich gibt es Erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass Tumor Dormancy einen sinnvollen Ansatz für Therapien darstellt. So können Patientinnen bei einigen Formen von Brustkrebs mehr als zehn Jahre lang mit Anti-Hormon-Therapien behandelt werden und diese Langzeitbehandlungen funktionieren – sie können einige der bei kürzeren Behandlungszeiträumen erneut auftretenden Krebserkrankungen erfolgreich verhindern. Diese langfristigen Behandlungen sind zwar relativ sicher, haben aber dennoch Nebenwirkungen und die Zahl der erneut auftreten Erkrankungen, die sie verhindern, ist gering.
Somit besteht die Herausforderung vor der wir heute stehen darin, den Prozess der Tumor Dormancy und Metastasenbildung besser zu verstehen, um genauer bestimmen zu können, welche Patienten von einer langfristigen Therapie profitieren werden. Es gibt viel zu lernen und zu diesem Zeitpunkt kennen wir noch nicht einmal alle Fragen, die wir stellen müssen.
Wäre eine Therapie mit Unterbrechungen genauso sinnvoll wie eine Langzeitbehandlung? Gibt es Merkmale bei Primärtumoren oder bei einzelnen Patienten, die uns dabei helfen können vorherzusagen, wer erneut erkranken und Metastasen bilden wird? Was ist, wenn sich spätere Rückfälle einfach nicht bei der Diagnose prognostizieren lassen? Gibt es veränderbare Faktoren – etwa im Bereich Lebensführung, Zustand des Immunsystems oder Umweltbedingungen –, die beeinflussen, ob eine Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt erneut auftritt oder nicht?
Um Antwort auf diese Fragen zu erhalten, ist Forschungsarbeit notwendig und die Erforschung von Metastasenbildung und im Ruhezustand befindlicher Tumore ist schwierig. Voraussetzung hierfür sind Geduld, die Entwicklung von Modellen und die Bereitschaft Langzeitstudien durchzuführen. Außerdem müssen wir die Prävalenz besser verstehen, mit der langfristig ruhende Erkrankungen bei Patienten vorliegen. Wie häufig ist das Phänomen, das wir untersuchen? Es kann sein, dass viele Krebspatienten gestreute Tumorzellen in sich tragen und nicht alle diese Zellen dazu bestimmt sind erneut aktiv zu werden.
In gewisser Hinsicht erhöht der Erfolg der Krebsforschung den Druck Krebs schnell „zu heilen“ und lenkt die Forschung im Labor und klinische Studien von der schwierigen Problematik der Metastasierung und langfristig ruhender Tumore ab. Dieser Schwerpunkt könnte sich letztlich als kurzsichtig erweisen, da sich mit der zunehmenden Zahl der Menschen, die Krebs überleben auch die Zahl späterer Rückfälle erhöht.
Metastasen, nicht der Primärtumor, sind für die meisten krebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Wenn wir die Überlebensstatistiken von Krebspatienten weiter verbessern wollen, müssen wir lernen wie wir die Prozesse, die die Metastasenbildung hervorrufen verhindern, verzögern oder unterdrücken.