fcb6d20346f86f6804396700_dr3397c.jpg Dean Rohrer

Werden wir das anthropogene Zeitalter überleben?

In den vergangenen drei Jahrhunderten sind die Auswirkungen des Menschens auf die globale Umwelt explodiert. Mehr noch, aufgrund unserer CO2-Emissionen können globale Klimamuster sogar für viele Jahrtausende von ihrem natürlichen Verlauf abweichen.

Die Bezeichnung „anthropogen“, als Ergänzung zum Holozän, erscheint durchaus angemessen für die aktuelle geologische Epoche der Erdgeschichte, die in vielerlei Hinsicht vom Menschen geprägt wird. Die anthropogene Periode hat, sagen wir, im späten achtzehnten Jahrhundert begonnen, als Analysen von im Polareis eingeschlossener Luft auf eine wachsende globale Konzentration von CO2 und Methan hinwiesen. In diese Zeit fällt auch die Erfindung der Dampfmaschine von James Watt im Jahr 1784.

Der wachsende Einfluss des Menschen auf die Umwelt wurde bereits 1873 erkannt, als der italienische Geologe Antonio Stoppani von der „anthropozoiden“ Epoche sprach, die von einer „neuen tellurischen Kraft geprägt ist, die in Macht und Universalität durchaus mit den größeren Kräften der Erde vergleichbar ist“.

In ähnlicher Weise erkannte auch V. I. Vernadsky 1926 die Auswirkungen des Menschen auf „die Richtung, die die Evolutionsvorgänge nehmen müssen, gerade in Richtung auf ein vermehrtes Bewusstsein und Denken und auf Formen, die immer mehr Einfluss auf ihre Umgebung haben“. Vernadsky und Teilhard de Chardin verwendeten den Begriff „Noosphäre“ – die Welt der Gedanken, um der wachsenden Rolle des Einflusses des menschlichen Gehirns auf die Gestaltung der eigenen Zukunft und der Umwelt Rechnung zu tragen.

Die schnelle Expansion des Menschen in Bezug auf Bevölkerung und Pro-Kopf-Nutzen der Ressourcen der Welt ist rasend schnell vorangeschritten. In den vergangenen drei Jahrhunderten hat sich die Weltbevölkerung auf über sechs Milliarden verzehnfacht und wird noch in diesem Jahrhundert die Zehn-Milliarden-Grenze erreichen. Das bedeutet, dass 30 bis 50 Prozent der Festlandfläche der Erde vom Menschen ausgebeutet werden.

Gleichzeitig ist der Methan produzierende Rinderbestand auf 1,4 Milliarden Stück angestiegen, was zur zunehmenden Zerstörung des tropischen Regenwaldes und zum Artensterben beiträgt sowie Kohlendioxid freisetzt. Die Nutzung von Land als Weide (und als Bauland), zusammen mit dem Ackerbau hat auch zu einer 15 Mal höheren Bodenerosion geführt. Mit der aktuellen Geschwindigkeit würde die anthropogene Bodenerosion den Grand Canyon in 50 Jahren füllen.

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Ähnlich sind Dämme und Flussumleitungen heute an der Tagesordnung, weil der Wasserverbrauch der Menschen in den vergangenen hundert Jahren um das Neunfache gestiegen ist. Die Menschheit nutzt heute mehr als die Hälfte des insgesamt zugänglichen Süßwassers, zwei Drittel davon für die Landwirtschaft. Die Fischerei entnimmt mehr als 25 Prozent der Primärproduktion in den auftreibenden Meeresregionen und 35 Prozent im temperierten Bereich der Festlandsockel.

Dazu hat sich der Energieverbrauch im 20. Jahrhundert versechzehnfacht und produziert 160 Millionen Tonnen Schwefeldioxidemissionen pro Jahr – mehr als doppelt so viel wie die natürlichen Emissionen. In der Landwirtschaft wird mehr Stickstoffdünger verwendet, als natürlich in allen Ökosystemen der Erde gebunden werden könnte, die Schwefeldioxid-Produktion aus dem Verbrennen von fossilen Brennstoffen und Biomasse übertrifft auch die natürlichen Emissionen.

Gleichzeitig hat der Verbrauch der Menschen von fossilen Brennstoffen, zusammen mit der Landwirtschaft, einen erheblichen Anstieg der Treibhausgas-Konzentration hervorgerufen: Beim CO2 um 30 Prozent und beim Methan um mehr als 100 Prozent. Diese Konzentrationen sind tatsächlich höher als jemals zuvor in den vergangen 400 Jahrtausenden. Damit nicht genug, denn bisher wurden diese Folgen nur von nur 25 Prozent der Weltbevölkerung verursacht.

Die Konsequenzen sind vielfältig und tiefgreifend: Säurefällung, photochemischer Smog und Erderwärmung, um nur einige zu nennen. Laut den letzten Schätzungen des Weltklimarates (IPCC) werden die Temperaturen auf der Erde in diesem Jahrhundert zwischen 1,4 und 5,8 Grad Celsius ansteigen. Viele toxische Substanzen werden in die Umgebung freigesetzt sowie einige andere Stoffe, die zwar nicht giftig sind, aber großen Schaden anrichten können: zum Beispiel Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die das Ozonloch über der Antarktis verursacht haben (und die jetzt reguliert sind).

Alles könnte noch viel schlimmer sein: die Ozon zerstörenden Eigenschaften von Halogenen wurden ab Mitte der 70er Jahre untersucht. Hätte sich dabei herausgestellt, dass sich Chlor chemisch wie Brom verhält, wäre das Ozonloch ein ganzjähriges Phänomen, das die ganze Welt beträfe und nicht nur ein Ereignis des antarktischen Frühlings. Wir hatten mehr Glück als Verstand, dass sich diese Situation nicht in eine Katastrophe verwandelt hat.

Wenn es keine globale Katastrophe gibt, wie einen Meteoriteneinschlag, einen Weltkrieg oder eine Pandemie, wird die Menschheit auf Jahrtausende hinaus einen großen Einfluss auf die Umwelt haben. Daher müssen sich Wissenschaftler und Ingenieure während der anthropogenen Epoche einer äußerst schwierigen Aufgabe stellen, nämlich eine nachhaltige Umweltwirtschaft führen. Dazu sind auf allen Ebenen ein angemessenes Verhalten erforderlich und vielleicht auch international anerkannte, großformatige geotechnische Projekte zur Optimierung des Klimas. Heute befinden wir uns jedoch noch immer auf terra incognita .

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