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Das Ende der Abholzung im Amazonasgebiet bis 2030

RIO DE JANEIRO – Das Amazonasbecken bewegt sich schnell auf einen unumkehrbaren Kipppunkt zu. Dies sollte uns allen zu denken geben, da das, was mit dem Wald dort geschieht, Folgen für den ganzen Planeten hat.

Das Amazonasgebiet, das sich über acht südamerikanische Länder und Französisch Guyana erstreckt, beherbergt über 60% der Tropenwälder, 20% der Süßwasserreserven und etwa 10% der Artenvielfalt der Welt. Wegen Landspekulation und der unersättlichen globalen Nachfrage nach Fleisch, Soja, Gold und anderen Rohstoffen wurden bereits etwa 20% des weltgrößten Tropenwalds zerstört. Nur 5% mehr Abholzung könnte ein katastrophales Waldsterben auslösen, dem das Pariser Klimaabkommen von 2015 zum Opfer fallen würde.

Manche fürchten, diese Entwicklung habe bereits begonnen. Die aktuelle Prognose ist nicht gut: 2020 hat die Abholzung des Amazonasgebiets in Brasilien ein Zwölfjahreshoch erreicht, und über 95% davon ist illegal. Sollten Regierungen und Märkte die natürlichen Leistungen des Regenwalds nicht radikal neu zu schätzen lernen, könnte dieses Albtraumszenario nicht mehr zu verhindern sein.

Ein Waldsterben im Amazonasbecken könnte soviel Treibhausgase freisetzen, wie in den letzten zehn Jahren weltweit emittiert wurden. Außerdem würde der Wald seine Fähigkeit verlieren, Milliarden Tonnen an Kohlendioxid zu absorbieren, was die hydrologischen Kreisläufe, die Verdunstung und die Meeresströmungen unterbrechen könnte. Der agroindustrielle Sektor würde kollabieren, und der Verlust an Artenvielfalt könnte verheerend sein. Wasserkraftwerke müssten aufgegeben werden, sinkende Wasserspiegel würden Städte unbewohnbar machen, und viele Fischereibetriebe würden unrentabel werden.

Um dies zu verhindern, müssen wir bis 2030 die Abholzung des Amazonasgebiets auf Null bringen. Und dies wiederum erfordert eine klare wissenschaftliche Untersuchung und Zielsetzung. Das Wissenschaftspanel für den Amazonas, eine Koalition von etwa 200 führenden Wissenschaftlern aus der Region, sollte dauerhaft bestehen bleiben. Und angesichts dessen, dass die Bewahrung der Artenvielfalt des Waldes enormen Wohlstand bringt, schützen wir diese Ressource am besten, indem wie eine grüne Wirtschaftsweise fördern.

Zuerst müsste dazu die illegale Abholzung und das damit verbundene Netzwerk bekämpft werden. Ibama, die brasilianische Umweltbehörde, hat 2020 aufgrund von Finanzierungskürzungen und geringeren Sanktionsmöglichkeiten 20% weniger Geldstrafen verhängt als 2019 – und weniger als 3% der Strafen werden tatsächlich bezahlt. Dass die Bundesbehörde Ibama refinanziert wird, ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Förderung bundesstaatlicher Institutionen an der vordersten Front gegen die Umweltkriminalität – wie der Polizei, der Feuerwehr und der Landregistrierungsbüros.

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Illegale Abholzung findet auf vielerlei Arten statt, aber normalerweise geht ihr eine rechtswidrige Landbesetzung voraus, gefolgt von der Rodung für kommerzielle Land- und Viehwirtschaft. Ein weiterer Eingriff, der Bergbau, der meist zur Goldsuche stattfindet, gefährdet lokale Ökosysteme und die menschliche Gesundheit. Außerdem wird der Wald durch den Wildtierschmuggel geschädigt, der sich aus der maßlosen weltweiten Nachfrage nach seltenen Vögeln, Reptilien und Säugetieren speist.

Momentan gibt es für zwei Drittel der globalen Lieferketten keinerlei Richtlinien gegen illegale Abholzung. Wir müssen massiv in hochauflösende Fernüberwachung und KI-gestützte Warnsysteme investieren, ebenso wie in die Nachverfolgung illegal abgebauter Rohstoffe innerhalb der globalen Lieferketten und die Stärkung von Aufklärung und Strafverfolgung.

Eine der wichtigsten Prioritäten im Amazonasgebiet ist die Entwicklung eines transparenten und zuverlässigen Systems, mit dem Eigentumsrechte und Grundstücksgrenzen über die Zeit hinweg richtig registriert und überwacht werden können. Angesichts der erheblichen Betrügerei und Korruption in den Landregisterstellen der meisten Amazonas-Anliegerstaaten ist der Aufbau digitalisierter, zugänglicher Grundbücher für die Durchsetzung bestehender Gesetze und zur Förderung legaler Märkte von entscheidender Bedeutung. Nicht weniger wichtig ist es, ein Online-Streitschlichtungsverfahren zu entwickeln, um bestehende Landrechtskonflikte aufgrund umstrittener Forderungen lösen zu können. Und die Einführung eines Blockchain-Verifizierungssystems zur Landregistrierung wäre zwar schwierig, könnte aber für eine klare Eigentumshistorie sorgen und die Aussichten auf eine grüne Wirtschaftsweise erheblich verbessern.

Eine weitere Priorität liegt darin, die Wiederaufforstung und Regeneration der Böden zu beschleunigen. In Brasilien, wo 60% des Amazonasgebiets liegen, ist der Bundesstaat Pará für solche Bemühungen ein wichtiger Ort. Und in Kolumbien, Peru und Ecuador, die 23% der Amazonasregion auf sich verteilen, stehen die Bundesstaaten Amazonas, Loreto und Pastaza im Mittelpunkt. Entscheidend ist dabei, eine prognostizierbare Reihe nachhaltiger Wiederaufforstungs-, Artenschutz- und Waldmanagementprojekte aufzubauen, die schnell räumlich vergrößert werden können.

Die Finanzierung solcher Bemühungen könnte mithilfe der Initiative zur Verringerung von Emissionen durch Abholzung und Schädigung von Wäldern beschleunigt werden. Hilfreich wären auch internationale Finanzmittel aus dem Amazonasfonds und von der Regierung des US-Präsidenten Joe Biden. Auch Werkzeuge wie grüne Anleihen können eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie lokale Finanzierungsmöglichkeiten. Hinzu kommen noch Initiativen wie die Global Commons Alliance und 1t.org – gemeinsam mit Aktivitäten von Investoren wie Staats- und Pensionsfonds. 2019 haben etwa 230 weltweite Investoren, die Anlagegelder in Höhe von über 16 Billionen Dollar verwalten, die Konzerne gedrängt, entweder ihre Aufforstungsziele zu erfüllen oder sich auf negative wirtschaftliche Folgen einzustellen.

Am wichtigsten sind Innovationen, die eine grüne Wirtschaft fördern und die im Amazonasbecken ansässigen Gemeinschaften unterstützen. Solche Initiativen könnten durch ein brasilianisches Gegenstück zur Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) der US-Regierung beschleunigt werden, um Forschung und Entwicklung zu fördern sowie die entsprechenden Regulierungsstrukturen zu schaffen, um im Amazonasgebiet eine inklusive Bioökonomie zu ermöglichen. Zu diesem Ansatz gehört auch eine anwendungsorientierte Forschung, um die Artenvielfalt des Amazonasgebiets zu ermitteln und zu dokumentieren. Wissenschaftler könnten Früchte, Samen, Pflanzenextrakte und -fasern untersuchen und die Artenvielfalt in schwer erreichbaren Gebieten durch Drohnen ermitteln. Außerdem sollten Erkenntnisse über die biologischen Reichtümer im Interesse der Bürger auf digitalen Plattformen veröffentlicht werden.

Um zu gewährleisten, dass indigene und lokale Bevölkerungsgruppen beteiligt sind und von den Maßnahmen profitieren, müssen all diese Bemühungen von klaren und durchsetzbaren Datenschutzregeln begleitet werden, um die lokale Schöpfung und Bewahrung von Werten zu fördern. Zusätzlich könnten in ausgewählten Ländern technologische Innovationsknotenpunkte gegründet werden, um die lokalen Innovationen zu stimulieren, traditionelles Wissen zu nutzen und die lokale Eigentümerschaft zu gewährleisten.

Ob eine grüne Wirtschaft und das Ende der Abholzung im Amazonasgebiet erreicht werden kann, wird von den gemeinsamen Bemühungen der Regierungen, des Privatsektors und der Zivilgesellschaft abhängen. In Brasilien spielen mehrere Initiativen – darunter Gemeinsam für den Amazonas und die Brasilianische Koalition für Klima, Wälder und Landwirtschaft – bei der Gestaltung der Agenda und der Verknüpfung der Interessengruppen eine entscheidende Rolle. Und da die Bundesregierung des Landes dieses Thema vernachlässigt, springen auch die Lokalregierungen ein.

Gemeinsame internationale und regionale Bemühungen – wie der Leticia-Pakt – können zusammen mit nationalen und subnationalen Eingriffen eine bessere Zukunft für die Amazonasregion sichern. Die Gesundheit des gesamten Planeten hängt davon ab.

Robert Muggah, Juan Carlos Castilla-Rubio und Julia Sekula haben zu diesem Kommentar beigetragen.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://prosyn.org/dhSo8fJde