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Die Weltmeisterschaft und afrikanische Frauen

NAIROBI – Als ich vor 25 Jahren geboren wurde, hätte man afrikanische Frauen nur selten über Fußball reden hören – es galt damals sogar als Tabu. Heutzutage ist es das, was meine Freundinnen und ich tun.

Ich bin in Kenia aufgewachsen, wo meine Landsleute, vielleicht aufgrund unserer kolonialen Verbindung zu England, eifrig die Spiele der englischen Premier League verfolgen. Kenianer sind der Premier League so leidenschaftlich verbunden, dass sich der Arsenal-Fan Suleiman Omondi vergangenes Jahr erhängte, nachdem sein Team gegen Manchester United verloren hatte. Dieses Jahr stieß ein anderer Arsenal-Fan aus dem Küstenort Lamu einem Manchester United-Fan ein Messer in den Bauch.

Auch kenianische Frauen lieben Fußball. Ich bin, wie die meisten meiner Freundinnen, Chelsea-Fan. Wir sind nur selten uneins. Wir trösten uns gegenseitig, wenn Chelsea verliert und sind gemeinsam beunruhigt, wenn unsere Mannschaft gegen große Clubs antritt, wie neulich gegen Liverpool, dem einzigen großen Rivalen, der zwischen Chelsea und dem englischen Titel stand. Zum Glück hat Chelsea gewonnen.

Mit Beginn des Viertelfinales und den näher rückenden Spielen im Halbfinale der Weltmeisterschaft haben meine Freundinnen dann doch angefangen zu streiten. Anders als bei Männern kommt es bei uns zwar nicht zum Schlagabtausch, in Sachen Leidenschaft stehen wir ihnen allerdings in nichts nach, insbesondere, weil das berühmteste Fußballturnier der Welt auf unserem Kontinent ausgetragen wird. Manchmal kommt es uns so vor, als würden wir mehr Zeit damit verbringen über Fußball zu streiten als uns über Männer zu unterhalten.

Zu Beginn des Turniers konnten meine Freundinnen und ich uns einfach nicht einigen, welche Mannschaft wir unterstützen sollen. Sollen wir aus Algerien, Kamerun, Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria und Südafrika wählen, den Ländern, die Afrika vertreten? Wir waren hin- und hergerissen zwischen dem natürlichen Instinkt unsere Brüder anzufeuern und dem Drang uns auf die Seite von Mannschaften wie Argentinien, Brasilien, Italien, Deutschland und anderen zu schlagen, bei denen die Wahrscheinlichkeit auf den Titelgewinn höher schien. Anfangs war ich für Frankreich, weil ich Nicolas Anelka von Chelsea mag, aber als afrikanische Frau konnte ich mich auch dem Traum nicht entziehen, Freudengesänge anzustimmen, wenn eine afrikanische Mannschaft gewinnt.

Dass wir als junge Afrikanerinnen mehr über Sport reden, ist ein Hoffnungszeichen für den Frauenfußball auf dem Kontinent. Ein erfahrener Sportjournalist einer kenianischen Tageszeitung erzählte mir neulich, dass Frauen dieses Mal daran interessiert seien die Spielregeln zu lernen und mehr über die Spieler und ihre Position auf dem Spielfeld zu erfahren. Sie wollen Spaß am Spiel haben, anstatt neben ihren männlichen Verwandten zu sitzen ohne eine Ahnung davon zu haben, was auf dem Spielfeld vor sich geht.

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Wird die Weltmeisterschaft 2010 afrikanischen Frauen mehr bringen als Stoff für Klatsch und Tratsch? Die Austragung der Weltmeisterschaft 1994 in den Vereinigten Staaten hat die Popularität von Fußball dort erhöht und 1996 zur Bildung einer professionellen Fußballiga geführt, der Major League Soccer. 1999 waren die USA zum zweiten Mal Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft der Frauen, holten zum zweiten den Titel und lösten eine Revolution im Frauenfußball des Landes aus. Mehr und mehr Frauen melden ihre Kinder in Fußballschulen an und die Bezeichnung soccer mom ist in den USA inzwischen geläufig. Wird die Austragung des weltweit bedeutendsten Sportereignisses in Afrika bei den Frauen auf dem Kontinent ähnliches Interesse wecken?

Neulich wurde mir geraten mich über Simphiwe Dludlu zu informieren, eine Spielerin, die mittlerweile zu den prominentesten Sportlerinnen Südafrikas zählt. Sie ist von der FIFA zur Mitwirkung bei der offiziellen Eröffnungsfeier der Weltmeisterschaft eingeladen worden. Dludlu spielt seit sie zehn Jahre alt ist und ist gegenwärtig beim Tuks FC in Pretoria, wo sie auch die Universität besucht. Im Jahr 2006 ist Dludlu erstmals in die Banyana Banyana berufen worden, wie die südafrikanische Frauenmannschaft genannt wird, und hatte seither 33 Einsätze im Trikot der Nationalmannschaft. Durch ihren Erfolg wird deutlich, dass afrikanische Fußballerinnen Großes erreichen können. Für die meisten jungen Frauen und Mädchen in Afrika ist es allerdings nicht ganz so einfach.

Obwohl Frauenfußball in Afrika so alt ist wie die Republiken selbst (die ersten Mannschaften kamen Anfang der Sechzigerjahre in Westafrika auf), ist Fußball auf dem Kontinent immer noch ein Männersport. Den meisten afrikanischen Ehefrauen graust es vor der Saison. Sie werden zu Fußballwitwen, während ihre Männer in die Bars strömen. Beim täglichen Abendessen bleibt es den Müttern überlassen die Fragen ihrer Kinder zu beantworten, ob Papa überhaupt noch zu Hause wohnt.

Auch die Ehefrauen von Männern, die die Spiele zu Hause verfolgen, müssen sich gewissen Problemen stellen. Der Ehemann von Joyce, meiner ehemaligen Arbeitskollegin, ist eingefleischter Manchester United-Fan. In jeder Saison geht mindestens ein Möbelstück zu Bruch, wenn seine Mannschaft verliert. Die Sofas werden mit Bier besudelt und beim Anfeuern seiner Lieblingsmannschaften getreten. Seit sie vor vier Jahren geheiratet hat, musste sie ihre Möbel mindestens zwei Mal erneuern.

Angesichts der männlichen Dominanz in der afrikanischen Politik und im Fußball wird jede Chance die Situation des Fußballsports zu verbessern, die sich aus der Weltmeisterschaft 2010 ergibt, höchstwahrscheinlich Männern zu Gute kommen. Das liegt daran, dass in den meisten afrikanischen Ländern sogar die Nationalmannschaften der Männer zu kämpfen haben. Fußballschulen und -vereine für männliche Jugendliche sind entweder gar nicht vorhanden oder mittelmäßig.

Bis sie auf ein Niveau gebracht werden, mit dem sie bei internationalen Turnieren außerhalb von Afrika antreten können, werden Frauenfußballmannschaften sich weiter durchkämpfen müssen. Angesichts der blühenden Korruption, von der unser Kontinent geplagt wird, kann es gut und gern hundert Jahre dauern, bis allein die Fußballmannschaften der Männer entsprechend gemanagt und finanziert werden.

Amerikanische Frauen konnten ihr Spiel verbessern, weil soccer moms nicht in dem Maße darauf angewiesen sind, dass Ehemänner das Training ihrer Töchter finanzieren. Doch die Zahl afrikanischer Frauen mit einer Ausbildung wächst, und ich träume von dem Tag, an dem auch wir in der Lage sein werden selbst zu entscheiden.

Etwas Ermutigung hat mir allerdings die Erkenntnis verschafft, dass Frauen aus der Generation meiner Mutter seit fünf Jahren in einer Fußball-Liga spielen. Nach der Weltmeisterschaft werden Vakhegula Vakhegula (Die Omas), eine Frauenmannschaft, deren Spielerinnen zwischen 50 und 84 Jahre alt sind, in die USA reisen, um an der Meisterschaft für Veteranen teilzunehmen. Unseren Jungs mag der Sieg in Südafrika verwehrt bleiben, aber vielleicht können ihnen die Omas zeigen, wie man das macht.

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