Der PC auf meinem Schreibtisch ist hundert Mal schneller und hat tausend Mal mehr Speicherkapazität als der Rechner, der zu meiner Studienzeit für die ganze Univerität, an der ich studierte, zur Verfügung stand. Man erwartet, daß der Fortschritt bei Computern hinsichtlich der Arbeitsgeschwindigkeit und Speicherkapazität immer so weiter geht, bis Naturgesetze für eine gewisse Schranke sorgen. Schließlich können wir Atome nicht verkleinern und die Lichtgeschwindigkeit nicht steigern.
Nun stellen Sie sich bitte eine Computertechnologie vor, die sich diesen Grenzen nähert! Stellen Sie sich des weiteren vor, daß an Stelle eines jeden Sterns aller Galaxien des wahrnehmbaren Universums ein Computer dieses bestmöglichen Typs treten würde. Dann ergäbe das eine Menge sehr schneller Computer. Wenn man sie nun zu einem Netzwerk zusammenschließen würde, könnten wir sie uns als einen einzigen, gewaltigen Parallelcomputer denken. Nennen Sie ihn nun das ``Computeruniversum``!
Zugegebenermaßen gibt es Aufgaben - Textverarbeitung, zum Beispiel - für die sich ein solcher imaginärer Rechner kaum nützlicher erweisen würde als jeder einzelne Computer dieses Netzwerkes, wenn er unabhängig von den anderen betrieben würde. Aber für umfangreiche Aufgaben wie eine ständig sich wiederholende Trial and Error Suche, um zum Beispiel einen Kode zu brechen, würde die Geschwindigkeit und Schlagkraft dieses integrierten "Computeruniversums" alles, was wir uns je zu bauen erträumen konnten, bei weitem übertreffen - oder etwa nicht?
Halten Sie diesen Gedanken fest!
Die Quantenmechanik - diejenige Disziplin der Physik, die sich mit Elementarteilchen und den Eigenschaften der Materie im unendlich Kleinen befasst, - hat uns einige der tiefsten Einsichten in die Natur verschafft. Sie beschreibt einige erschreckend unanschauliche Phänomene. Sie setzt zum Beispiel voraus, dass sich Elementarteilchen, statt sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle aufzuhalten, gleichzeitig auf verschiedenen Flugbahnen bewegen.
Niemand stellt in Frage, dass Quantenphänomene, wenn man sie technisch nutzbar machen könnte, die Informationsverarbeitung revolutionieren würden. Sie würden Möglichkeiten der Datenverarbeitung erlauben, die keiner bisher vorhandenen Rechner, nicht einmal dem Prinzip nach, je erreichen könnte. Zu den Aufgaben, zu denen Quantencomputerprozesse sich ideal eignen würden, gehört "die Suche in Bahnen bestimmter Algorithmen``. Einfach ausgedrückt bedeutet solches Suchen nach Algorithmen das, was Computerprogrammierern als letzte Zuflucht bleibt, wenn sie eine mathematische Nadel in einem Heuhaufen suchen: Sie lassen dann den Rechner der Reihe nach jede nur mögliche Antwort durchspielen, bis er die richtige findet.
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Offensichtlich stehen die für eine solche Suche benötigten Hilfsmittel in einem direkten Verhältnis zur Anzahl aller möglichen Antworten: Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass beim Durchprobieren von eintausend Möglichkeiten ebenso viele Operationen mehr erforderlich sind, als beim Austesten nur einer einzigen Möglichkeit. Eine Million Möglichkeiten durchzuprobieren benötigt demnach eine Million Mal so viele Operationen wie nur ein Versuch.
Aber in der Grundlagenphysik gilt unser gesunder Menschenverstand nicht. 1996 entdeckte der Computerwissenschaftler Lov Grover einen Quantenalgorithmus - eine Methode einen sogenannten Quantenrechner zu programmieren. Darnach ließen sich eine Million Möglichkeiten in nur eintausend Mal der Zeit durchtesten, die man benötigt, um einen einzigen Testversuch durchzuführen, und eine Billion Versuche in nur einer Million Mal der Zeit, die man für einen Versuch braucht - und in diesem Sinne weiter, ohne je an Grenzen zu stoßen.
Was geschieht in einem Quantenrechner, wenn er eine Suche nach einem bestimmten Algorithmus durchführt? Die unerhörte Wahrheit ist, dass die meisten Physiker diese Frage verblüfft und in Verlegenheit bringt. Viele umgehen eine Erklärung der Quantenphänomene mit ein paar wegwerfenden Redensarten, oder - noch schlechter - sie verweigern überhaupt jede Erklärung. Zugegeben, Quantenphänomene lassen sich nicht direkt beobachten. Aber wir können auf ihre Existenz und auf gewisse Merkmale schließen, indem wir ihre Wirkungen auf Dinge messen, die unmittelbar wahrnehmbar sind
.
Wir haben ja auch niemals lebendige Dinosaurier beobachtet, aber wir wissen, dass sie existierten - und recht viel darüber, wie sie gelebt haben - und zwar nur aufgrund fossiler Funde.
Eine wachsende Minderheit an Physikern - ich zähle mich dazu - akzeptieren die Interpretation mit Hilfe ,,vieler Universen", welche die Quantenmechanik vorgibt. Wir folgern daraus, dass das, was wir als ein einzelnes Teilchen beobachten, in Wirklichkeit nur eines von unzählig vielen ähnlichen Wesenheiten in unterschiedlichen Universen ist. Diese beeinflussen einander durch subtile Vorgänge, die man "Quanten-Intervention`` nennt. Für uns gibt es in der Quantenberechnung keine Geheimnisse, sondern nur Wunder.
Quanten-Datenverarbeitung ist dieser Ansicht nach dann möglich, wenn ein Quantenrechner eine gewaltige Anzahlen getrennter Berechnungen in unterschiedlichen Universen ausführt und dann die Ergebnisse durch Quantenintervention zusammenbringt. Die Gleichungen der Quantentheorie beschreiben dieses Phänomen Schritt für Schritt. Aber, weil der Informationsaustausch
nur
durch Quantenintervention möglich ist, beschränken eben diese Gleichungen wiederum die Arten von Aufgabe drastisch, die mittels Quantenberechnung ausgeführt oder beschleunigt werden können. Denn unmittelbare Kommunikation zwischen den Universen ist hierbei zum Beispiel ausgeschlossen.
In der Tat kennt man zur Zeit nur eine Handvoll möglicher und brauchbarer Quantenalgorithmen. Grovers Algorithmus ist einer davon. Andere bekannte Quantenalgorithmen dürften mit Leichtigkeit die am weitesten verbreiteten kryptographischen Sicherheitssysteme von heute knacken können. Zufälligerweise sind kryptographische Systeme, die sich selbst schon der Quantenberechnung bedienen, in Labors schon gebräuchlich. Sie künden eine Entwicklung der Kommunikation an, die sowohl unanfechtbar sicher ist - sogar gegen Quantenangriffe -und die dann noch gegen künftige Fortschritte in Mathematik oder Technologie gefeit ist.
Quantenkryptographie lässt sich relativ leicht einführen. Leider haben wir keine Rechner, die leistungsfähig genug wären, um darauf beliebige andere brauchbare Quantenalgorithmen laufen zu lassen. Leistungsfähige Quantenrechner zu bauen, ist eine der größeren, wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Doch wissen die Experten der theoretischen Physik bereits, wie viele unterschiedliche Arten von Komponenten erforderlich sind, um einen Quantenrechner zu bauen, und wie kompliziert diese Bestandteile jeweils sein müssen. Die erstaunliche Antwort ist, dass dafür im Grunde jede Wechselwirkung zwischen zwei Informationsträgern, dazu gehören auch Atome oder Elementarteilchen, infrage kommen kann. Wie der Physiker Seth Lloyd einmal bemerkte, wird "fast alles zu einem Computer, wenn man die richtige Art von Licht darauf richtet."
Lang Zeit hatte man angenommen, dass eine einzige Art von Maschine, wenn man ihr nur genügend Zeit und Speicherkapazität lässt, das Verhalten eines jeden beliebigen Stücks Materie simulieren könnte. Es stellt sich aber heraus, dass vorhandene Computer - auch nicht unser imaginäres "Computeruniversum" - dazu nicht in der Lage wären. Aber ein Universalquantenrechner schaffte das. In der Quantenphysik gehört diese "rechnerbezogene Universalität" zum Wesen aller Materie - und damit auch zur Verstehbarkeit der Natur. Keine andere Disziplin der Physik umfasst ein derart weitreichendes Wechselspiel zwischen Theorie, Experiment, Technologie und Philosophie. Kein anderes Feld wissenschaftlicher Forschung hält für uns mehr vielversprechende Verknüpfungsmöglichkeiten zum Verständnis des Universums bereit.
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At the end of a year of domestic and international upheaval, Project Syndicate commentators share their favorite books from the past 12 months. Covering a wide array of genres and disciplines, this year’s picks provide fresh perspectives on the defining challenges of our time and how to confront them.
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Der PC auf meinem Schreibtisch ist hundert Mal schneller und hat tausend Mal mehr Speicherkapazität als der Rechner, der zu meiner Studienzeit für die ganze Univerität, an der ich studierte, zur Verfügung stand. Man erwartet, daß der Fortschritt bei Computern hinsichtlich der Arbeitsgeschwindigkeit und Speicherkapazität immer so weiter geht, bis Naturgesetze für eine gewisse Schranke sorgen. Schließlich können wir Atome nicht verkleinern und die Lichtgeschwindigkeit nicht steigern.
Nun stellen Sie sich bitte eine Computertechnologie vor, die sich diesen Grenzen nähert! Stellen Sie sich des weiteren vor, daß an Stelle eines jeden Sterns aller Galaxien des wahrnehmbaren Universums ein Computer dieses bestmöglichen Typs treten würde. Dann ergäbe das eine Menge sehr schneller Computer. Wenn man sie nun zu einem Netzwerk zusammenschließen würde, könnten wir sie uns als einen einzigen, gewaltigen Parallelcomputer denken. Nennen Sie ihn nun das ``Computeruniversum``!
Zugegebenermaßen gibt es Aufgaben - Textverarbeitung, zum Beispiel - für die sich ein solcher imaginärer Rechner kaum nützlicher erweisen würde als jeder einzelne Computer dieses Netzwerkes, wenn er unabhängig von den anderen betrieben würde. Aber für umfangreiche Aufgaben wie eine ständig sich wiederholende Trial and Error Suche, um zum Beispiel einen Kode zu brechen, würde die Geschwindigkeit und Schlagkraft dieses integrierten "Computeruniversums" alles, was wir uns je zu bauen erträumen konnten, bei weitem übertreffen - oder etwa nicht?
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Die Quantenmechanik - diejenige Disziplin der Physik, die sich mit Elementarteilchen und den Eigenschaften der Materie im unendlich Kleinen befasst, - hat uns einige der tiefsten Einsichten in die Natur verschafft. Sie beschreibt einige erschreckend unanschauliche Phänomene. Sie setzt zum Beispiel voraus, dass sich Elementarteilchen, statt sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle aufzuhalten, gleichzeitig auf verschiedenen Flugbahnen bewegen.
Niemand stellt in Frage, dass Quantenphänomene, wenn man sie technisch nutzbar machen könnte, die Informationsverarbeitung revolutionieren würden. Sie würden Möglichkeiten der Datenverarbeitung erlauben, die keiner bisher vorhandenen Rechner, nicht einmal dem Prinzip nach, je erreichen könnte. Zu den Aufgaben, zu denen Quantencomputerprozesse sich ideal eignen würden, gehört "die Suche in Bahnen bestimmter Algorithmen``. Einfach ausgedrückt bedeutet solches Suchen nach Algorithmen das, was Computerprogrammierern als letzte Zuflucht bleibt, wenn sie eine mathematische Nadel in einem Heuhaufen suchen: Sie lassen dann den Rechner der Reihe nach jede nur mögliche Antwort durchspielen, bis er die richtige findet.
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Aber in der Grundlagenphysik gilt unser gesunder Menschenverstand nicht. 1996 entdeckte der Computerwissenschaftler Lov Grover einen Quantenalgorithmus - eine Methode einen sogenannten Quantenrechner zu programmieren. Darnach ließen sich eine Million Möglichkeiten in nur eintausend Mal der Zeit durchtesten, die man benötigt, um einen einzigen Testversuch durchzuführen, und eine Billion Versuche in nur einer Million Mal der Zeit, die man für einen Versuch braucht - und in diesem Sinne weiter, ohne je an Grenzen zu stoßen.
Was geschieht in einem Quantenrechner, wenn er eine Suche nach einem bestimmten Algorithmus durchführt? Die unerhörte Wahrheit ist, dass die meisten Physiker diese Frage verblüfft und in Verlegenheit bringt. Viele umgehen eine Erklärung der Quantenphänomene mit ein paar wegwerfenden Redensarten, oder - noch schlechter - sie verweigern überhaupt jede Erklärung. Zugegeben, Quantenphänomene lassen sich nicht direkt beobachten. Aber wir können auf ihre Existenz und auf gewisse Merkmale schließen, indem wir ihre Wirkungen auf Dinge messen, die unmittelbar wahrnehmbar sind . Wir haben ja auch niemals lebendige Dinosaurier beobachtet, aber wir wissen, dass sie existierten - und recht viel darüber, wie sie gelebt haben - und zwar nur aufgrund fossiler Funde.
Eine wachsende Minderheit an Physikern - ich zähle mich dazu - akzeptieren die Interpretation mit Hilfe ,,vieler Universen", welche die Quantenmechanik vorgibt. Wir folgern daraus, dass das, was wir als ein einzelnes Teilchen beobachten, in Wirklichkeit nur eines von unzählig vielen ähnlichen Wesenheiten in unterschiedlichen Universen ist. Diese beeinflussen einander durch subtile Vorgänge, die man "Quanten-Intervention`` nennt. Für uns gibt es in der Quantenberechnung keine Geheimnisse, sondern nur Wunder.
Quanten-Datenverarbeitung ist dieser Ansicht nach dann möglich, wenn ein Quantenrechner eine gewaltige Anzahlen getrennter Berechnungen in unterschiedlichen Universen ausführt und dann die Ergebnisse durch Quantenintervention zusammenbringt. Die Gleichungen der Quantentheorie beschreiben dieses Phänomen Schritt für Schritt. Aber, weil der Informationsaustausch nur durch Quantenintervention möglich ist, beschränken eben diese Gleichungen wiederum die Arten von Aufgabe drastisch, die mittels Quantenberechnung ausgeführt oder beschleunigt werden können. Denn unmittelbare Kommunikation zwischen den Universen ist hierbei zum Beispiel ausgeschlossen.
In der Tat kennt man zur Zeit nur eine Handvoll möglicher und brauchbarer Quantenalgorithmen. Grovers Algorithmus ist einer davon. Andere bekannte Quantenalgorithmen dürften mit Leichtigkeit die am weitesten verbreiteten kryptographischen Sicherheitssysteme von heute knacken können. Zufälligerweise sind kryptographische Systeme, die sich selbst schon der Quantenberechnung bedienen, in Labors schon gebräuchlich. Sie künden eine Entwicklung der Kommunikation an, die sowohl unanfechtbar sicher ist - sogar gegen Quantenangriffe -und die dann noch gegen künftige Fortschritte in Mathematik oder Technologie gefeit ist.
Quantenkryptographie lässt sich relativ leicht einführen. Leider haben wir keine Rechner, die leistungsfähig genug wären, um darauf beliebige andere brauchbare Quantenalgorithmen laufen zu lassen. Leistungsfähige Quantenrechner zu bauen, ist eine der größeren, wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Doch wissen die Experten der theoretischen Physik bereits, wie viele unterschiedliche Arten von Komponenten erforderlich sind, um einen Quantenrechner zu bauen, und wie kompliziert diese Bestandteile jeweils sein müssen. Die erstaunliche Antwort ist, dass dafür im Grunde jede Wechselwirkung zwischen zwei Informationsträgern, dazu gehören auch Atome oder Elementarteilchen, infrage kommen kann. Wie der Physiker Seth Lloyd einmal bemerkte, wird "fast alles zu einem Computer, wenn man die richtige Art von Licht darauf richtet."
Lang Zeit hatte man angenommen, dass eine einzige Art von Maschine, wenn man ihr nur genügend Zeit und Speicherkapazität lässt, das Verhalten eines jeden beliebigen Stücks Materie simulieren könnte. Es stellt sich aber heraus, dass vorhandene Computer - auch nicht unser imaginäres "Computeruniversum" - dazu nicht in der Lage wären. Aber ein Universalquantenrechner schaffte das. In der Quantenphysik gehört diese "rechnerbezogene Universalität" zum Wesen aller Materie - und damit auch zur Verstehbarkeit der Natur. Keine andere Disziplin der Physik umfasst ein derart weitreichendes Wechselspiel zwischen Theorie, Experiment, Technologie und Philosophie. Kein anderes Feld wissenschaftlicher Forschung hält für uns mehr vielversprechende Verknüpfungsmöglichkeiten zum Verständnis des Universums bereit.