Aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit von Russland waren die Bedenken in der EU hinsichtlich der Energiesicherheit niemals größer. Zugleich mit der Enteignung der Ölgesellschaft Yukos durch die russischen Behörden wurden ausländische Unternehmen aus dem russischen Energiesektor gedrängt. In Europa stellt man daher vielerorts der Wert des Wortes aus dem Kreml zwangsläufig infrage.
Allerdings sollte die EU, statt sich abzuwenden, nach vermehrter Einbindung und Wechselseitigkeit trachten. Durch Marktliberalsierung und Vorwärtsintegration sollte man eine weitere Eingliederung von Gazprom in den EU-Markt erleichtern. Andererseits aber muss man auf eine Neuorganisation von Gazprom und den Markteintritt für europäische Unternehmen in Russland drängen, denn der russische Unwille, diesen Ansinnen entgegenzukommen, garantiert Europa Energieunsicherheit.
Mit Unterstützung von Staatsanwälten, Steuer- und Regulierungsbehörden sowie Gerichten hat die Regierung Putin ihre eigene Geschichte der Rechtsbeugung und der Schikanierung von ausländischen Investoren geschrieben. Gleichzeitig hat sich Gazprom zum dominierenden Marktführer für Erdgas in Europa entwickelt. Die Aktivitäten des Konzerns verhöhnen die Bestrebungen der EU nach verstärkter Zusammenarbeit mit Russland.
Gazprom bedient sich dreier Taktiken: Kooptierung – die Pflege von Partnerschaften mit gewissen Ländern, Spitzenpolitikern und Unternehmungen zur Durchsetzung seiner Interessen. Vorbeugung - man bedient sich der russischen Diplomatie und der Machtstellung in der Produktion, um Bedingungen im Bereich der Vermarktung bis zum Endkunden zu manipulieren und Vermögenswerte anzuhäufen. Entzweiung – durch bilaterale Deals wird die EU auseinander dividiert.
Die Kooptierung Europas durch Gazprom wurde hauptsächlich über Deutschland betrieben, wo Partnerschaften mit Energieunternehmen und Banken dabei halfen, die lokalen Behörden auf die Linie russischer Interessen zu bringen. Es wird umfangreiches direktes und indirektes Lobbying betrieben, um die europäischen Regulierungsbehörden von langfristigen Lieferverträgen in die EU zu überzeugen – trotz deren lähmender Auswirkungen auf den Wettbewerb.
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Die Taktik der Vorbeugung wurde von Gazprom durch eine Reihe von Akquisitionen umgesetzt. Man hat den türkischen Markt überschwemmt, der Ukraine Erdgas vorenthalten und Weißrussland das Gleiche angedroht und bereitwilligen Partnern wie Italien bevorzugten Marktzugang angeboten.
Im Kaukasus hat der Kreml den Iran daran gehindert, Infrastruktur zu errichten, um ihn damit als Konkurrenten für die Gaslieferungen nach Europa auszuschalten. Um das Erdgas aus dem Iran zu stoppen, kaufte Russland praktisch den gesamten armenischen Energiesektor. Auf der anderen Seite unterstützt man das iranische Atomprogramm, das zur Aufrechterhaltung der iranischen Isolation beiträgt und so Geld aus dem Westen vom Iran fernhält, das dieser brauchen würde, um als konkurrierender Gasexporteur auftreten zu können.
Um seinen Einfluss auf Märkten wie Spanien und Italien geltend zu machen, wird die Dominanz von Gazprom durch Aktivitäten untermauert, die mit dem Kreml koordiniert werden. Im Gegenzug für Gasabkommen mit anderen Anbietern wie beispielsweise Algerien bietet Russland großzügige Zugeständnisse im Waffenbereich und besondere Konditionen bei der Schuldentilgung.
In anderen Fällen wählt der Kreml den Weg der Bestrafung. So unterbrach man beispielsweise die Ölversorgung Litauens nach dem Verkauf der Mazeikiu Nafta- Raffinerie an Polen oder schnitt die Ukraine von der Versorgung ab, nachdem die Menschen dort die „falsche“ Partei gewählt hatten.
Das beste Beispiel für das Herbeiführen einer Entzweiung ist die Nord Stream-Pipeline, die zwar Deutschland gelegen kommt, aber Polen und die baltischen Staaten verärgert. Diese Untersee-Pipeline wird drei Mal so viel kosten wie eine neue Pipeline entlang bereits existierender Routen zu Lande, sie untergräbt die Energiesicherheit der östlichen Nachbarn Deutschlands und bedroht das empfindliche Ökosystem der Ostsee. Aber durch die Direktbelieferung Deutschlands verfügt Russland über die Möglichkeit, die Ukraine, Polen und die baltischen Staaten von der Gasversorgung abzuschneiden, ohne damit die Lieferungen nach Westeuropa zu gefährden – und Russlands Verhalten in jüngster Zeit deutet darauf hin, dass dies als reale Bedrohung zu sehen ist.
Aber Gazprom hat durchaus Bedenken hinsichtlich seiner Fähigkeiten in der Erkundung und Ausbeutung von Ressourcen, wie eindeutig aus seiner Entscheidung hervorgeht, Erdgas aus dem Shtokman-Gasfeld nach Europa zu liefern, statt es für die nordamerikanischen Märkte zu verflüssigen. Solange Gazproms Aktivitäten undurchsichtig bleiben, kann Europa nicht wissen, ob sein Hauptlieferant genug in die Entwicklung zukünftiger Reserven investiert. Die politische Schlacht des Kreml um die Kontrolle über den russischen Energiesektor hat zu einem dramatischen Einbruch der Wachstumsraten im Bereich der nationalen Öl- und Gasförderung geführt.
Das ist ein Problem für Europa. Gazprom kann für Europa kein Partner sein, wenn der Konzern nicht in seine eigene Infrastruktur investiert, aber eine führende Rolle bei der Demontage russischer Privatunternehmen spielt, 14 Milliarden Dollar für Vermögenswerte wie Medienunternehmen ausgibt, die nicht zum Kerngeschäft gehören und vom Büro der Präsidialverwaltung aus geführt wird.
In Europa dürfen die Lichter nicht ausgehen. Brüssel muss gegenüber Moskau Transparenz, Symmetrie und Rechtsstaatlichkeit fordern, mit dem Ziel, eine revolutionäre Integration europäischer und russischer Energiemärkte herbeizuführen.
Gleichzeitig kann Europa seinem Ziel der Energiesicherheit durch Diversifizierung der Energiequellen, massive Investitionen in verflüssigtes Erdgas und einer Offensive zugunsten der Nabucco-Pipeline und anderer Verbindungen zwischen Mittelmeer-Anrainerstaaten näherkommen.
Genau dieser Zugang zum Endkunden, den Gazprom in Europa anstrebt, ist die Trumpfkarte für die EU. Diese sollte Gazprom mitteilen, dass dieser Zugang von einer wechselseitigen Öffnung des russischen Energiesektors abhängt. Das Ergebnis wäre ein Platz am europäischen Energiemarkt für ein Russland, dem von seinen internationalen Partnern Vertrauen und Respekt entgegengebracht wird.
To have unlimited access to our content including in-depth commentaries, book reviews, exclusive interviews, PS OnPoint and PS The Big Picture, please subscribe
While the Democrats have won some recent elections with support from Silicon Valley, minorities, trade unions, and professionals in large cities, this coalition was never sustainable. The party has become culturally disconnected and disdainful of precisely the voters it needs to win.
thinks Kamala Harris lost because her party has ceased to be the political home of American workers.
This year’s many elections, not least the heated US presidential race, have drawn attention away from the United Nations Climate Change Conference (COP29) in Baku. But global leaders must continue to focus on combating the climate crisis and accelerating the green transition both in developed and developing economies.
foresees multilateral development banks continuing to play a critical role in financing the green transition.
Der Ausdruck „Energiesicherheit“ in Europa wird missbraucht, um die Energieanbieter zu stärken und die Importeure zu schwächen, wodurch es zu einer drastischen Minderung des Wettbewerbs, zu steigender politischer Verwundbarkeit und einer Aushöhlung des Rechtsstaates kommt. Die Tatsache, dass Präsident Wladimir Putins wahrscheinlicher Nachfolger, Dimitri Medwedew, Chef von Gazprom ist, lässt wenig Zweifel über die Entschlossenheit des Kremls aufkommen, den Energiesektor weiterhin mit eiserner Hand zu beherrschen. Die Assymetrie in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland im Energiebereich muss jedoch ein Ende haben.
Aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit von Russland waren die Bedenken in der EU hinsichtlich der Energiesicherheit niemals größer. Zugleich mit der Enteignung der Ölgesellschaft Yukos durch die russischen Behörden wurden ausländische Unternehmen aus dem russischen Energiesektor gedrängt. In Europa stellt man daher vielerorts der Wert des Wortes aus dem Kreml zwangsläufig infrage.
Allerdings sollte die EU, statt sich abzuwenden, nach vermehrter Einbindung und Wechselseitigkeit trachten. Durch Marktliberalsierung und Vorwärtsintegration sollte man eine weitere Eingliederung von Gazprom in den EU-Markt erleichtern. Andererseits aber muss man auf eine Neuorganisation von Gazprom und den Markteintritt für europäische Unternehmen in Russland drängen, denn der russische Unwille, diesen Ansinnen entgegenzukommen, garantiert Europa Energieunsicherheit.
Mit Unterstützung von Staatsanwälten, Steuer- und Regulierungsbehörden sowie Gerichten hat die Regierung Putin ihre eigene Geschichte der Rechtsbeugung und der Schikanierung von ausländischen Investoren geschrieben. Gleichzeitig hat sich Gazprom zum dominierenden Marktführer für Erdgas in Europa entwickelt. Die Aktivitäten des Konzerns verhöhnen die Bestrebungen der EU nach verstärkter Zusammenarbeit mit Russland.
Gazprom bedient sich dreier Taktiken: Kooptierung – die Pflege von Partnerschaften mit gewissen Ländern, Spitzenpolitikern und Unternehmungen zur Durchsetzung seiner Interessen. Vorbeugung - man bedient sich der russischen Diplomatie und der Machtstellung in der Produktion, um Bedingungen im Bereich der Vermarktung bis zum Endkunden zu manipulieren und Vermögenswerte anzuhäufen. Entzweiung – durch bilaterale Deals wird die EU auseinander dividiert.
Die Kooptierung Europas durch Gazprom wurde hauptsächlich über Deutschland betrieben, wo Partnerschaften mit Energieunternehmen und Banken dabei halfen, die lokalen Behörden auf die Linie russischer Interessen zu bringen. Es wird umfangreiches direktes und indirektes Lobbying betrieben, um die europäischen Regulierungsbehörden von langfristigen Lieferverträgen in die EU zu überzeugen – trotz deren lähmender Auswirkungen auf den Wettbewerb.
Introductory Offer: Save 30% on PS Digital
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Die Taktik der Vorbeugung wurde von Gazprom durch eine Reihe von Akquisitionen umgesetzt. Man hat den türkischen Markt überschwemmt, der Ukraine Erdgas vorenthalten und Weißrussland das Gleiche angedroht und bereitwilligen Partnern wie Italien bevorzugten Marktzugang angeboten.
Im Kaukasus hat der Kreml den Iran daran gehindert, Infrastruktur zu errichten, um ihn damit als Konkurrenten für die Gaslieferungen nach Europa auszuschalten. Um das Erdgas aus dem Iran zu stoppen, kaufte Russland praktisch den gesamten armenischen Energiesektor. Auf der anderen Seite unterstützt man das iranische Atomprogramm, das zur Aufrechterhaltung der iranischen Isolation beiträgt und so Geld aus dem Westen vom Iran fernhält, das dieser brauchen würde, um als konkurrierender Gasexporteur auftreten zu können.
Um seinen Einfluss auf Märkten wie Spanien und Italien geltend zu machen, wird die Dominanz von Gazprom durch Aktivitäten untermauert, die mit dem Kreml koordiniert werden. Im Gegenzug für Gasabkommen mit anderen Anbietern wie beispielsweise Algerien bietet Russland großzügige Zugeständnisse im Waffenbereich und besondere Konditionen bei der Schuldentilgung.
In anderen Fällen wählt der Kreml den Weg der Bestrafung. So unterbrach man beispielsweise die Ölversorgung Litauens nach dem Verkauf der Mazeikiu Nafta- Raffinerie an Polen oder schnitt die Ukraine von der Versorgung ab, nachdem die Menschen dort die „falsche“ Partei gewählt hatten.
Das beste Beispiel für das Herbeiführen einer Entzweiung ist die Nord Stream-Pipeline, die zwar Deutschland gelegen kommt, aber Polen und die baltischen Staaten verärgert. Diese Untersee-Pipeline wird drei Mal so viel kosten wie eine neue Pipeline entlang bereits existierender Routen zu Lande, sie untergräbt die Energiesicherheit der östlichen Nachbarn Deutschlands und bedroht das empfindliche Ökosystem der Ostsee. Aber durch die Direktbelieferung Deutschlands verfügt Russland über die Möglichkeit, die Ukraine, Polen und die baltischen Staaten von der Gasversorgung abzuschneiden, ohne damit die Lieferungen nach Westeuropa zu gefährden – und Russlands Verhalten in jüngster Zeit deutet darauf hin, dass dies als reale Bedrohung zu sehen ist.
Aber Gazprom hat durchaus Bedenken hinsichtlich seiner Fähigkeiten in der Erkundung und Ausbeutung von Ressourcen, wie eindeutig aus seiner Entscheidung hervorgeht, Erdgas aus dem Shtokman-Gasfeld nach Europa zu liefern, statt es für die nordamerikanischen Märkte zu verflüssigen. Solange Gazproms Aktivitäten undurchsichtig bleiben, kann Europa nicht wissen, ob sein Hauptlieferant genug in die Entwicklung zukünftiger Reserven investiert. Die politische Schlacht des Kreml um die Kontrolle über den russischen Energiesektor hat zu einem dramatischen Einbruch der Wachstumsraten im Bereich der nationalen Öl- und Gasförderung geführt.
Das ist ein Problem für Europa. Gazprom kann für Europa kein Partner sein, wenn der Konzern nicht in seine eigene Infrastruktur investiert, aber eine führende Rolle bei der Demontage russischer Privatunternehmen spielt, 14 Milliarden Dollar für Vermögenswerte wie Medienunternehmen ausgibt, die nicht zum Kerngeschäft gehören und vom Büro der Präsidialverwaltung aus geführt wird.
In Europa dürfen die Lichter nicht ausgehen. Brüssel muss gegenüber Moskau Transparenz, Symmetrie und Rechtsstaatlichkeit fordern, mit dem Ziel, eine revolutionäre Integration europäischer und russischer Energiemärkte herbeizuführen.
Gleichzeitig kann Europa seinem Ziel der Energiesicherheit durch Diversifizierung der Energiequellen, massive Investitionen in verflüssigtes Erdgas und einer Offensive zugunsten der Nabucco-Pipeline und anderer Verbindungen zwischen Mittelmeer-Anrainerstaaten näherkommen.
Genau dieser Zugang zum Endkunden, den Gazprom in Europa anstrebt, ist die Trumpfkarte für die EU. Diese sollte Gazprom mitteilen, dass dieser Zugang von einer wechselseitigen Öffnung des russischen Energiesektors abhängt. Das Ergebnis wäre ein Platz am europäischen Energiemarkt für ein Russland, dem von seinen internationalen Partnern Vertrauen und Respekt entgegengebracht wird.