STOCKHOLM – Vor fast 50 Jahren warnte der Club of Rome in seinem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ davor, dass die Welt im 21. Jahrhundert vor einem ökologischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch stehen könnte, wenn das Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf die Umwelt weitergeht. Genau das ist im Wesentlichen passiert. Wie neue Forschungen für den Club of Rome zeigen – und wie es im jüngsten Bericht des Weltklimarates IPCC bekräftigt wird – könnte die Welt auf eine Katastrophe zusteuern.
„Die Grenzen des Wachstums“ wurde von vielen fälschlicherweise als Angriff auf ungezügeltes Wirtschaftswachstum verstanden. Tatsächlich hieß es in dem Bericht, dass ergänzende Maßnahmen (unter anderem finanzielle Mittel) erforderlich wären, um die endlichen, lebenserhaltenden Systeme des Planeten zu erhalten, wenn der Weg des unbegrenzten Wachstum gewählt wird.
Dieser Einwand wurde ignoriert. Stattdessen hat die Welt ungezügeltes Wachstum weiter vorangetrieben, ohne Rücksicht auf die Folgen für die Umwelt. Dies hat es uns ermöglicht, enorme Fortschritte bei der Armutsbekämpfung, der Erhöhung der Lebenserwartung und der Steigerung des Wohlstands zu erzielen, allerdings auf Kosten des sozialen Gefüges und der Belastbarkeit des Planeten.
Wie Wissenschaftler eindeutig gezeigt haben, sind wir in den letzten zehn Jahren in eine neue geologische Epoche eingetreten, das Anthropozän, in dem menschliche Aktivitäten – insbesondere wirtschaftliche Aktivitäten – zum beherrschenden Einflussfaktor für das Klima und die Umwelt der Erde geworden sind. Im Anthropozän verändert sich das Lebenserhaltungssystem unseres Planeten schneller als je zuvor.
Der Klimawandel stellt nunmehr eine eindeutige und unmittelbare Gefahr dar. Wenn es auf der Erde um nur 2°C wärmer wird als vorindustrielle Temperaturen, geraten wir möglicherweise unumkehrbar auf den Weg zur „Hothouse Earth“ oder „Heißzeit“ – ein Szenario, in dem die Temperaturen um viele Grad wärmer sind als heute, der Meeresspiegel deutlich höher ist und extreme Wetterereignisse häufiger – und verheerender – als je zuvor.
Es muss nicht so kommen. Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens hat der Club of Rome die Computersimulation „World 3“ aus dem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ aktualisiert. Mit Hilfe von Wirtschafts- und Sozialdaten aus den letzten fünf Jahrzehnten liefert die so genannte Earth-3-Simulation neue Prognosen über die zukünftigen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten.
At a time when democracy is under threat, there is an urgent need for incisive, informed analysis of the issues and questions driving the news – just what PS has always provided. Subscribe now and save $50 on a new subscription.
Subscribe Now
Wir stützen uns bei unserer Analyse auf die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG), die von den Staats- und Regierungschefs der Welt im Jahr 2015 vereinbart wurden. Zu den 17 SDGs gehören gesellschaftliche Ziele wie die Beendigung der Armut und die Verbesserung der Gesundheit, sowie Umweltziele von entscheidender Bedeutung, darunter die Eindämmung des Artensterbens, der Schutz unserer Ozeane und die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Um festzustellen, ob die Welt in der Lage sein könnte, diese Ziele bis 2030 zu erreichen, haben wir vier Szenarien in Betracht gezogen, die von „Weiter-wie-bisher“ bis zur vollständigen wirtschaftlichen Transformation reichen.
Das Weiter-wie-bisher-Szenario würde unserer Analyse zufolge bis 2030 keine wesentlichen Fortschritte bei der Erreichung der SDGs oder der Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit bringen. Es dürfte nicht überraschen, dass das Szenario eines schnelleren Wirtschaftswachstums ebenfalls eine ernsthafte Bedrohung für die ökologische Nachhaltigkeit bedeuten würde.
Doch selbst in einem dritten Szenario, das konsequentere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt beinhaltet, wäre die Stabilität des Planeten gefährdet. In jedem dieser Szenarien könnte sich das menschliche Wohlergehen kurzfristig verbessern, wäre aber auf längere Sicht stark beeinträchtigt, da wir die Belastungsgrenzen unseres Planeten und kritische Schwellen im Klimasystem, sogenannte Tipping Points, überschritten hätten.
Es gibt nur ein Szenario, das das menschliche Wohlergehen auf ökologisch nachhaltige Weise verbessern kann: der Weg des „transformatorischen Wandels“, der durch eine Umstellung auf unkonventionelle Politiken und Maßnahmen eingeschlagen wird. In unserer Analyse identifizieren wir fünf Bereiche, in denen ein solcher Wandel besonders wichtig ist.
In Übereinstimmung mit dem jüngsten Bericht des Weltklimarates ist ein exponentielles Wachstum erneuerbarer Energien notwendig, um die Welt in die Lage zu versetzen, die Gesamtemissionen in jeder Dekade ab 2020 zu halbieren.
Die nachhaltige Nahrungsmittelproduktion muss erheblich gesteigert werden. Um bis 2050 fast zehn Milliarden Menschen ernähren zu können, ist eine grundlegende Überholung der bestehenden Ernährungssysteme erforderlich, wobei die Erträge jedes Jahr um zusätzlich 1 Prozent nachhaltig intensiviert werden müssen.
Entwicklungsländer benötigen neue Entwicklungsmodelle mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit, die an Beispielen wie China, Costa Rica, Äthiopien und Südkorea orientiert sind.
Die Ungleichheit auf der Welt muss drastisch verringert werden. Es muss sichergestellt werden, dass die reichsten 10 Prozent nicht mehr als 40 Prozent des Gesamteinkommens erhalten.
Abschließend müssen wir die Weltbevölkerung stabilisieren, indem wir enorme Investitionen in Bildung für alle, Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheitsversorgung und Familienplanung tätigen.
Wir behaupten nicht, eine endgültige Liste der transformativen Reformen vorgelegt zu haben, die die Welt braucht. Unsere Kernbotschaft lautet, dass strukturelle und gesellschaftliche Transformationen auf globaler Ebene die einzige Möglichkeit sind, Wachstum und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.
Die gute Nachricht ist, dass wir glauben, dass das hier vorgestellte Transformationsszenario möglich ist. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass Marktkräfte eine neue Energiewende auslösen können – eine, die sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich attraktiv wäre. Technologien zur Unterstützung einer nachhaltigen Landwirtschaft gibt es bereits, und rund 29 Prozent aller Betriebe setzen bereits in irgendeiner Form nachhaltige Anbaumethoden ein. Und die Zahl der Kinder auf der Welt stagniert, der so genannte „Peak Child“ ist erreicht.
Trotzdem gibt es nach wie vor hohe politische Barrieren für erneuerbare Energien und erst recht für die Verringerung der Ungleichheit. Erschwerend kommt hinzu, dass in den drei Jahren, seit die internationalen Staats- und Regierungschefs den SDGs zugestimmt haben, eine wachsende Gegenbewegung gegen Multilateralismus entstanden ist. Gerade in dem Moment, in dem eine globale Zusammenarbeit am dringendsten erforderlich ist, setzen viele Länder auf Nationalismus, Isolationismus und Handelsprotektionismus.
Die meisten rational denkenden Analysten würden die Auffassung vertreten, dass es eine gute Investition ist, den Planeten gesund genug zu halten, um eine florierende Wirtschaft langfristig zu unterstützen. Wie wir heute sehen ist ein solch langfristiges Denken aber nicht unbedingt ein Schlüssel zum politischen Erfolg. Um unseren Planeten – und damit auch unsere Zivilisation – zu schützen, sind Stimmen wie die des Club of Rome wichtiger denn je.
To have unlimited access to our content including in-depth commentaries, book reviews, exclusive interviews, PS OnPoint and PS The Big Picture, please subscribe
In 2024, global geopolitics and national politics have undergone considerable upheaval, and the world economy has both significant weaknesses, including Europe and China, and notable bright spots, especially the US. In the coming year, the range of possible outcomes will broaden further.
offers his predictions for the new year while acknowledging that the range of possible outcomes is widening.
STOCKHOLM – Vor fast 50 Jahren warnte der Club of Rome in seinem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ davor, dass die Welt im 21. Jahrhundert vor einem ökologischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch stehen könnte, wenn das Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf die Umwelt weitergeht. Genau das ist im Wesentlichen passiert. Wie neue Forschungen für den Club of Rome zeigen – und wie es im jüngsten Bericht des Weltklimarates IPCC bekräftigt wird – könnte die Welt auf eine Katastrophe zusteuern.
„Die Grenzen des Wachstums“ wurde von vielen fälschlicherweise als Angriff auf ungezügeltes Wirtschaftswachstum verstanden. Tatsächlich hieß es in dem Bericht, dass ergänzende Maßnahmen (unter anderem finanzielle Mittel) erforderlich wären, um die endlichen, lebenserhaltenden Systeme des Planeten zu erhalten, wenn der Weg des unbegrenzten Wachstum gewählt wird.
Dieser Einwand wurde ignoriert. Stattdessen hat die Welt ungezügeltes Wachstum weiter vorangetrieben, ohne Rücksicht auf die Folgen für die Umwelt. Dies hat es uns ermöglicht, enorme Fortschritte bei der Armutsbekämpfung, der Erhöhung der Lebenserwartung und der Steigerung des Wohlstands zu erzielen, allerdings auf Kosten des sozialen Gefüges und der Belastbarkeit des Planeten.
Wie Wissenschaftler eindeutig gezeigt haben, sind wir in den letzten zehn Jahren in eine neue geologische Epoche eingetreten, das Anthropozän, in dem menschliche Aktivitäten – insbesondere wirtschaftliche Aktivitäten – zum beherrschenden Einflussfaktor für das Klima und die Umwelt der Erde geworden sind. Im Anthropozän verändert sich das Lebenserhaltungssystem unseres Planeten schneller als je zuvor.
Der Klimawandel stellt nunmehr eine eindeutige und unmittelbare Gefahr dar. Wenn es auf der Erde um nur 2°C wärmer wird als vorindustrielle Temperaturen, geraten wir möglicherweise unumkehrbar auf den Weg zur „Hothouse Earth“ oder „Heißzeit“ – ein Szenario, in dem die Temperaturen um viele Grad wärmer sind als heute, der Meeresspiegel deutlich höher ist und extreme Wetterereignisse häufiger – und verheerender – als je zuvor.
Es muss nicht so kommen. Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens hat der Club of Rome die Computersimulation „World 3“ aus dem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ aktualisiert. Mit Hilfe von Wirtschafts- und Sozialdaten aus den letzten fünf Jahrzehnten liefert die so genannte Earth-3-Simulation neue Prognosen über die zukünftigen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten.
HOLIDAY SALE: PS for less than $0.7 per week
At a time when democracy is under threat, there is an urgent need for incisive, informed analysis of the issues and questions driving the news – just what PS has always provided. Subscribe now and save $50 on a new subscription.
Subscribe Now
Wir stützen uns bei unserer Analyse auf die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG), die von den Staats- und Regierungschefs der Welt im Jahr 2015 vereinbart wurden. Zu den 17 SDGs gehören gesellschaftliche Ziele wie die Beendigung der Armut und die Verbesserung der Gesundheit, sowie Umweltziele von entscheidender Bedeutung, darunter die Eindämmung des Artensterbens, der Schutz unserer Ozeane und die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Um festzustellen, ob die Welt in der Lage sein könnte, diese Ziele bis 2030 zu erreichen, haben wir vier Szenarien in Betracht gezogen, die von „Weiter-wie-bisher“ bis zur vollständigen wirtschaftlichen Transformation reichen.
Das Weiter-wie-bisher-Szenario würde unserer Analyse zufolge bis 2030 keine wesentlichen Fortschritte bei der Erreichung der SDGs oder der Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit bringen. Es dürfte nicht überraschen, dass das Szenario eines schnelleren Wirtschaftswachstums ebenfalls eine ernsthafte Bedrohung für die ökologische Nachhaltigkeit bedeuten würde.
Doch selbst in einem dritten Szenario, das konsequentere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt beinhaltet, wäre die Stabilität des Planeten gefährdet. In jedem dieser Szenarien könnte sich das menschliche Wohlergehen kurzfristig verbessern, wäre aber auf längere Sicht stark beeinträchtigt, da wir die Belastungsgrenzen unseres Planeten und kritische Schwellen im Klimasystem, sogenannte Tipping Points, überschritten hätten.
Es gibt nur ein Szenario, das das menschliche Wohlergehen auf ökologisch nachhaltige Weise verbessern kann: der Weg des „transformatorischen Wandels“, der durch eine Umstellung auf unkonventionelle Politiken und Maßnahmen eingeschlagen wird. In unserer Analyse identifizieren wir fünf Bereiche, in denen ein solcher Wandel besonders wichtig ist.
Wir behaupten nicht, eine endgültige Liste der transformativen Reformen vorgelegt zu haben, die die Welt braucht. Unsere Kernbotschaft lautet, dass strukturelle und gesellschaftliche Transformationen auf globaler Ebene die einzige Möglichkeit sind, Wachstum und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.
Die gute Nachricht ist, dass wir glauben, dass das hier vorgestellte Transformationsszenario möglich ist. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass Marktkräfte eine neue Energiewende auslösen können – eine, die sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich attraktiv wäre. Technologien zur Unterstützung einer nachhaltigen Landwirtschaft gibt es bereits, und rund 29 Prozent aller Betriebe setzen bereits in irgendeiner Form nachhaltige Anbaumethoden ein. Und die Zahl der Kinder auf der Welt stagniert, der so genannte „Peak Child“ ist erreicht.
Trotzdem gibt es nach wie vor hohe politische Barrieren für erneuerbare Energien und erst recht für die Verringerung der Ungleichheit. Erschwerend kommt hinzu, dass in den drei Jahren, seit die internationalen Staats- und Regierungschefs den SDGs zugestimmt haben, eine wachsende Gegenbewegung gegen Multilateralismus entstanden ist. Gerade in dem Moment, in dem eine globale Zusammenarbeit am dringendsten erforderlich ist, setzen viele Länder auf Nationalismus, Isolationismus und Handelsprotektionismus.
Die meisten rational denkenden Analysten würden die Auffassung vertreten, dass es eine gute Investition ist, den Planeten gesund genug zu halten, um eine florierende Wirtschaft langfristig zu unterstützen. Wie wir heute sehen ist ein solch langfristiges Denken aber nicht unbedingt ein Schlüssel zum politischen Erfolg. Um unseren Planeten – und damit auch unsere Zivilisation – zu schützen, sind Stimmen wie die des Club of Rome wichtiger denn je.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.