CAMBRIDGE – In den letzten vier Jahren hat die amerikanische Zentralbank Federal Reserve enorme Mengen an Liquidität in das Geschäftsbankensystem der USA und damit in die amerikanische Wirtschaft gepumpt. Viele Beobachter befürchten, dass diese Liquidität in Zukunft zu einem raschen Anstieg des Volumens an Bankkrediten und damit auch zu einer drastischen Zunahme der Geldmenge führen wird – sowie zu sprunghaft steigender Inflation.
Dieses Risiko besteht tatsächlich, aber es ist nicht unausweichlich, denn die Relation zwischen den bei der Fed gehaltenen Reserven und der daraus resultierenden Geldmenge sowie des Kreditvolumens ist heute anders als früher. Bislang wurde die Inflation durch den drastischen Anstieg der Reserven nicht angeheizt und prinzipiell könnte das riesige Volumen an Reserven zu einem späteren Zeitpunkt wieder rückgeführt werden. Doch diese Rückführung der Liquidität könnte sich als politisch schwierig und technisch anspruchsvoll erweisen.
Wer Bedenken hinsichtlich der Inflation hegt, muss sein Augenmerk auf das von der Fed geschaffene Volumen an Reserven legen. Traditionell ist das Volumen an Bankeinlagen, die die Geldmenge darstellen, im Verhältnis zu den für die Geschäftsbanken verfügbaren Reserven angestiegen. Ein Anstieg der Geldmenge führte insgesamt über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu Anstiegen des Preisniveaus. Aus diesem Grund hatte ein rascheres Wachstum der Reserven ein rascheres Wachstum der Geldmenge – und eine höhere Inflationsrate – zur Folge. Durch die Begrenzung der Wachstumsrate der Reserven hielt die Fed die Inflation faktisch unter Kontrolle – oder manchmal auch nicht.
Auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise im Sommer 2008 begann die Fed ihre aggressive Politik der quantitativen Lockerung. Im vorangegangenen Jahrzehnt war das Volumen an Reserven praktisch unverändert geblieben und schwankte zwischen 40 und 50 Milliarden Dollar. Zwischen August und September 2008 verdoppelte sich diese Summe und explodierte ein Jahr später auf 800 Milliarden Dollar. Im Juni 2011 war das Volumen der Reserven auf 1,6 Billionen Dollar angewachsen und ist seitdem auf diesem Niveau geblieben.
Dieser Anstieg führte allerdings nicht zu einem raschen Wachstum der Einlagen bei den Geschäftsbanken, weil die Fed im Oktober 2008 damit begann, auf diese Reserven Zinsen zu bezahlen. Geschäftsbaken konnten ihre überschüssigen Mittel risikolos bei der Fed deponieren, anstatt sie an private Kreditnehmer zu vergeben. Obwohl die Reserven seit 2008 um das 40-fache angestiegen sind, wuchs die Geldmenge nur um 25 Prozent.
Im letzten Jahr hat die Fed die Liquidität des Bankensystems – und der amerikanischen Wirtschaft – durch eine Strategie namens Operation Twist erneut erhöht. Im Rahmen dieser Maßnahme werden lang laufende Anleihen im Wert von 400 Milliarden Dollar angekauft und im Gegenzug kurz laufende Treasuries verkauft. Banken, die diese kurzfristigen Treasuries halten, können diese jederzeit verkaufen und den Erlös zur Finanzierung ihrer Kreditvergabe verwenden.
Mit dem massiven Austausch von Reserven durch längerfristige Papiere während der Phase der „quantitativen Lockerung“ und von Treasury Bills durch langfristige Papiere im Rahmen der Operation Twist gelang eine Senkung der kurzfristigen Zinssätze. Durch eine Mischung aus niedrigen Zinssätzen für alle Fälligkeiten und dem Austausch von kurzfristigen Papieren durch längerfristige Vermögenswerte konnte auch ein Anstieg der Aktienkurse erreicht werden.
Es ist allerdings nicht klar, ob niedrigere Zinssätze und höhere Aktienkurse irgendeinen maßgeblichen Effekt auf realwirtschaftliche Aktivitäten hatten. Die Unternehmen verfügen über ein enormes Maß an Liquidität und sind für Anlageninvestitionen nicht auf Kredite angewiesen. Der Wohnbau hat keine Wiederbelebung erfahren, weil die Häuserpreise fallen. Als Reaktion auf die Aufwärtsentwicklung an der Börse am Ende des Jahres 2010 haben die Verbraucher ihre Ausgaben zeitweilig erhöht, aber in letzter Zeit entwickelten sich diese Ausgaben schon wieder viel schleppender.
Die Gefahr besteht darin, dass die Geschäftsbanken nun zu jedem Zeitpunkt beschließen könnten, ihre überschüssigen Reserven unter Verzicht auf die niedrigen von der Fed bezahlten Zinsen auf diese Einlagen (nur 0,25 Prozent) für die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte zu nützen. Diese Kredite würden zu den Einlagen hinzukommen und damit einen Anstieg der Geldmenge verursachen. Überdies würden sie die Ausgaben der Kreditnehmer erhöhen und damit den Inflationsdruck direkt erhöhen.
Wenn sich die Wirtschaft zu erholen beginnt und die Firmen in der Lage sind, die Preise zu erhöhen, werden auch die Geschäftsbanken ihre Kreditvergabe ankurbeln wollen. Das kann begrüßt werden, solange dies nicht zu rasch und in zu großem Ausmaß erfolgt. Die Fed wird die Ausweitung der Kreditvergabe durch die Banken entsprechend begrenzen wollen. Das bezeichnete die Fed immer als ihre „Exit-Strategie“. Im Wesentlichen hieße dies, Zinssätze auf die Einlagen bei der Fed zu erhöhen und generell höhere Zinsen zu ermöglichen. Erfolgen diese Schritte zeitgerecht und in angemessenem Umfang, wird die Fed verhindern können, dass sich die gegenwärtige enorme Liquidität in eine höhere Inflation verwandelt.
Was mir allerdings Kopfzerbrechen bereitet ist Folgendes: Die Struktur der Arbeitslosigkeit im aktuellen Abschwung in den USA unterscheidet sich stark von den Entwicklungen in der Vergangenheit. Beinahe die Hälfte der Arbeitslosen sind schon sechs Monate oder länger ohne Job. In der Vergangenheit war die entsprechende Zeit der Arbeitslosigkeit auf 10 Wochen beschränkt. Es besteht also die Gefahr, dass die Langzeitarbeitslosen viel langsamer wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden, als in früheren Phasen der Erholung.
Bleibt die Arbeitslosenrate auch dann sehr hoch, wenn sich die Lage auf den Produktmärkten verschärft, wird der US-Kongress trotz des daraus resultierenden Inflationsrisikos die Fed anweisen, für ein rascheres Wachstum zu sorgen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Die Fed ist technisch gesehen dem Kongress verantwortlich. Dieser könnte die Fed unter Druck setzen, indem er ihr mit einer Einschränkung ihrer Unabhängigkeit droht.
Die Inflation ist also durchaus ein Risiko, wenn auch kein unausweichliches. Das enorme Volumen an Reserven in Kombination mit der durch quantitative Lockerung und Operation Twist geschaffenen Liquidität verschärft dieses Risiko noch. Für die Fed wird es einigen Geschicks – und politischen Muts – bedürfen, um einen Anstieg der Inflation zu verhindern, die durch die bestehende Liquidität begründet wurde.
CAMBRIDGE – In den letzten vier Jahren hat die amerikanische Zentralbank Federal Reserve enorme Mengen an Liquidität in das Geschäftsbankensystem der USA und damit in die amerikanische Wirtschaft gepumpt. Viele Beobachter befürchten, dass diese Liquidität in Zukunft zu einem raschen Anstieg des Volumens an Bankkrediten und damit auch zu einer drastischen Zunahme der Geldmenge führen wird – sowie zu sprunghaft steigender Inflation.
Dieses Risiko besteht tatsächlich, aber es ist nicht unausweichlich, denn die Relation zwischen den bei der Fed gehaltenen Reserven und der daraus resultierenden Geldmenge sowie des Kreditvolumens ist heute anders als früher. Bislang wurde die Inflation durch den drastischen Anstieg der Reserven nicht angeheizt und prinzipiell könnte das riesige Volumen an Reserven zu einem späteren Zeitpunkt wieder rückgeführt werden. Doch diese Rückführung der Liquidität könnte sich als politisch schwierig und technisch anspruchsvoll erweisen.
Wer Bedenken hinsichtlich der Inflation hegt, muss sein Augenmerk auf das von der Fed geschaffene Volumen an Reserven legen. Traditionell ist das Volumen an Bankeinlagen, die die Geldmenge darstellen, im Verhältnis zu den für die Geschäftsbanken verfügbaren Reserven angestiegen. Ein Anstieg der Geldmenge führte insgesamt über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu Anstiegen des Preisniveaus. Aus diesem Grund hatte ein rascheres Wachstum der Reserven ein rascheres Wachstum der Geldmenge – und eine höhere Inflationsrate – zur Folge. Durch die Begrenzung der Wachstumsrate der Reserven hielt die Fed die Inflation faktisch unter Kontrolle – oder manchmal auch nicht.
Auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise im Sommer 2008 begann die Fed ihre aggressive Politik der quantitativen Lockerung. Im vorangegangenen Jahrzehnt war das Volumen an Reserven praktisch unverändert geblieben und schwankte zwischen 40 und 50 Milliarden Dollar. Zwischen August und September 2008 verdoppelte sich diese Summe und explodierte ein Jahr später auf 800 Milliarden Dollar. Im Juni 2011 war das Volumen der Reserven auf 1,6 Billionen Dollar angewachsen und ist seitdem auf diesem Niveau geblieben.
Dieser Anstieg führte allerdings nicht zu einem raschen Wachstum der Einlagen bei den Geschäftsbanken, weil die Fed im Oktober 2008 damit begann, auf diese Reserven Zinsen zu bezahlen. Geschäftsbaken konnten ihre überschüssigen Mittel risikolos bei der Fed deponieren, anstatt sie an private Kreditnehmer zu vergeben. Obwohl die Reserven seit 2008 um das 40-fache angestiegen sind, wuchs die Geldmenge nur um 25 Prozent.
Im letzten Jahr hat die Fed die Liquidität des Bankensystems – und der amerikanischen Wirtschaft – durch eine Strategie namens Operation Twist erneut erhöht. Im Rahmen dieser Maßnahme werden lang laufende Anleihen im Wert von 400 Milliarden Dollar angekauft und im Gegenzug kurz laufende Treasuries verkauft. Banken, die diese kurzfristigen Treasuries halten, können diese jederzeit verkaufen und den Erlös zur Finanzierung ihrer Kreditvergabe verwenden.
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Mit dem massiven Austausch von Reserven durch längerfristige Papiere während der Phase der „quantitativen Lockerung“ und von Treasury Bills durch langfristige Papiere im Rahmen der Operation Twist gelang eine Senkung der kurzfristigen Zinssätze. Durch eine Mischung aus niedrigen Zinssätzen für alle Fälligkeiten und dem Austausch von kurzfristigen Papieren durch längerfristige Vermögenswerte konnte auch ein Anstieg der Aktienkurse erreicht werden.
Es ist allerdings nicht klar, ob niedrigere Zinssätze und höhere Aktienkurse irgendeinen maßgeblichen Effekt auf realwirtschaftliche Aktivitäten hatten. Die Unternehmen verfügen über ein enormes Maß an Liquidität und sind für Anlageninvestitionen nicht auf Kredite angewiesen. Der Wohnbau hat keine Wiederbelebung erfahren, weil die Häuserpreise fallen. Als Reaktion auf die Aufwärtsentwicklung an der Börse am Ende des Jahres 2010 haben die Verbraucher ihre Ausgaben zeitweilig erhöht, aber in letzter Zeit entwickelten sich diese Ausgaben schon wieder viel schleppender.
Die Gefahr besteht darin, dass die Geschäftsbanken nun zu jedem Zeitpunkt beschließen könnten, ihre überschüssigen Reserven unter Verzicht auf die niedrigen von der Fed bezahlten Zinsen auf diese Einlagen (nur 0,25 Prozent) für die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte zu nützen. Diese Kredite würden zu den Einlagen hinzukommen und damit einen Anstieg der Geldmenge verursachen. Überdies würden sie die Ausgaben der Kreditnehmer erhöhen und damit den Inflationsdruck direkt erhöhen.
Wenn sich die Wirtschaft zu erholen beginnt und die Firmen in der Lage sind, die Preise zu erhöhen, werden auch die Geschäftsbanken ihre Kreditvergabe ankurbeln wollen. Das kann begrüßt werden, solange dies nicht zu rasch und in zu großem Ausmaß erfolgt. Die Fed wird die Ausweitung der Kreditvergabe durch die Banken entsprechend begrenzen wollen. Das bezeichnete die Fed immer als ihre „Exit-Strategie“. Im Wesentlichen hieße dies, Zinssätze auf die Einlagen bei der Fed zu erhöhen und generell höhere Zinsen zu ermöglichen. Erfolgen diese Schritte zeitgerecht und in angemessenem Umfang, wird die Fed verhindern können, dass sich die gegenwärtige enorme Liquidität in eine höhere Inflation verwandelt.
Was mir allerdings Kopfzerbrechen bereitet ist Folgendes: Die Struktur der Arbeitslosigkeit im aktuellen Abschwung in den USA unterscheidet sich stark von den Entwicklungen in der Vergangenheit. Beinahe die Hälfte der Arbeitslosen sind schon sechs Monate oder länger ohne Job. In der Vergangenheit war die entsprechende Zeit der Arbeitslosigkeit auf 10 Wochen beschränkt. Es besteht also die Gefahr, dass die Langzeitarbeitslosen viel langsamer wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden, als in früheren Phasen der Erholung.
Bleibt die Arbeitslosenrate auch dann sehr hoch, wenn sich die Lage auf den Produktmärkten verschärft, wird der US-Kongress trotz des daraus resultierenden Inflationsrisikos die Fed anweisen, für ein rascheres Wachstum zu sorgen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Die Fed ist technisch gesehen dem Kongress verantwortlich. Dieser könnte die Fed unter Druck setzen, indem er ihr mit einer Einschränkung ihrer Unabhängigkeit droht.
Die Inflation ist also durchaus ein Risiko, wenn auch kein unausweichliches. Das enorme Volumen an Reserven in Kombination mit der durch quantitative Lockerung und Operation Twist geschaffenen Liquidität verschärft dieses Risiko noch. Für die Fed wird es einigen Geschicks – und politischen Muts – bedürfen, um einen Anstieg der Inflation zu verhindern, die durch die bestehende Liquidität begründet wurde.