LONDON: In der Vergangenheit haben technologische Revolutionen zu höheren Kohlendioxidemissionen geführt: Die erste Industrielle Revolution beruhte auf der Kohle, die zweite weitgehend auf Öl. Wird die künstliche Intelligenz – die Universaltechnologie unserer Zeit – das Gleiche bewirken? Erste Anzeichen sind besorgniserregend. Die CO2-Emissionen von Microsoft sind aufgrund der Investitionen des Unternehmens in die KI-Infrastruktur seit 2020 um etwa 30 % gestiegen, und die von Google in den letzten fünf Jahren um fast 50 %.
Es gilt an dieser Stelle jedoch, zwei gegenläufige Kräfte zu berücksichtigen: Nachfrage und Effizienz. Während die Nachfrage gestiegen ist, hat sich die Effizienz verbessert. Die Chips von Unternehmen wie Nvidia werden immer besser, und die nächste Generation wird voraussichtlich fünfmal so schnell sein als die jetzige. Zudem steigern OpenAI und andere Branchenführer die Trainings- und Betriebseffizienz ihrer Modelle.
Angesichts der steigenden KI-Nachfrage könnte der weltweite Energieverbrauch trotzdem weiter steigen, auch wenn die Modelle effizienter werden. Was wirklich zählt, sind die Emissionen, und um diese zu prognostizieren, müssen wir wissen, wie der Strom für die KI-Rechenzentren erzeugt wird und wie sich die KI auf kohlenstoffintensive Branchen auswirken wird.
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur entfielen 2023 etwa 1-1,5 % des weltweiten Stromverbrauchs auf Rechenzentren, und dieser Anteil wird in nächster Zeit sicher noch steigen. Microsoft, Google und Meta haben ihren kumulierten Stromverbrauch zwischen 2020 und 2022 fast verdoppelt, und das war vor Einführung von ChatGPT. Seitdem haben sie ihre Bemühungen zum Ausbau dieser Infrastruktur noch weiter verstärkt.
Während 2023 etwa 1 % der energiebedingten CO2-Emissionen auf Rechenzentren entfielen, werden die Stromsysteme, die diese versorgen, rasch dekarbonisiert. In den USA wurden 2023 41 % des Stroms aus kohlenstofffreien Quellen erzeugt – ein Anstieg um ein Viertel in den letzten zehn Jahren –, und in Europa liegt der Anteil bei 60 %. In den USA, Europa, dem Vereinigten Königreich und China sind erneuerbare Energien die am schnellsten wachsende Form der Stromerzeugung.
Zugleich geht Goldman Sachs davon aus, dass der Energiebedarf von Rechenzentren bis 2030 um jährlich 15 % steigen wird, wobei ein Fünftel dieses Wachstums auf die KI entfällt. Selbst wenn zwei Fünftel des Energiebedarfs von US-Rechenzentren durch erneuerbare Energien gedeckt werden, würde die KI-Infrastruktur jährlich etwa 26 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 ausstoßen.
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Doch obwohl dies in absoluten Zahlen enorm viel ist, muss man es doch im Kontext betrachten. Die zusätzlichen KI-bedingten Emissionen würden sich auf 0,4 % der heutigen Emissionen belaufen und wären in der Summe geringer als die „Scope 1“-Emissionen (direkten Emissionen) einer der drei größten US-Fluggesellschaften. Ungeachtet hektischer Schlagzeilen über den CO2-Fußabdruck der KI ist das amerikanische Energiesystem so groß, dass die direkten Auswirkungen der KI eher eine Störgröße als eine systematische Veränderung darstellen.
Zudem gibt es überzeugende Belege dafür, dass die KI die Emissionen in einer Vielzahl schwer zu dekarbonisierender Sektoren reduzieren kann. Da allein die Kondensstreifen von Flugzeugen für etwa 35 % der Emissionen im Luftverkehr verantwortlich sind, erforschen Google und American Airlines derzeit, wie sich die Bildung von Kondensstreifen durch maschinelles Lernen minimieren lässt. Erste Ergebnisse zeigen, dass rund ein Sechstel der weltweiten Luftfahrtemissionen vermieden werden könnten (das ist mehr als der gesamte derzeitige Ausstoß von KI-Rechenzentren in den USA).
Auch die Verschwendung von Lebensmitteln (die 6 % der weltweiten Emissionen bedingt) lässt sich durch Einsatz der KI zur Vorhersage der Nachfrage, zur Steuerung der Produktionsmengen und zur Optimierung der Zeitpläne in der gesamten Lieferkette verringern. Schon heute wird KI eingesetzt, um die Emissionen aus industriellen Prozessen (derzeit 30 % der globalen Gesamtemissionen) zu verringern – etwa durch Entwicklung biologisch inspirierter Materialien, die sich weniger stark auf fossile Brennstoffe stützen (aber die industriemechanischen Standards weiterhin erfüllen), und durch Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen beim Materialrecycling. Und auch zur Klimaanpassung wird die KI durch Verbesserung von Wettervorhersagen und Frühwarnsystemen beitragen. Eine rechtzeitige Vorbereitung hat das Potenzial, Leben zu retten und wirtschaftliche Verluste zu verringern.
Zwar wird die KI den weltweiten Energieverbrauch kurzfristig höchstwahrscheinlich erhöhen, doch ihr Potenzial, die Emissionen in einer Vielzahl von Branchen zu senken, ist immens. Wir dürfen nicht vergessen, dass der technologische Fortschritt das Wirtschaftswachstum von den Emissionen abkoppeln kann. Das Vereinigte Königreich beispielsweise hat sein BIP pro Kopf seit 1990 um fast 50 % gesteigert und zugleich die heimischen Emissionen um die Hälfte gesenkt. Die KI könnte der Schlüssel zur Beschleunigung dieses Trends auf globaler Ebene sein.
Um das Potenzial der KI als Dekarbonisierungsinstrument jedoch voll auszuschöpfen, bedarf es einer besseren Klimapolitik. Die Bepreisung von Kohlenstoff und die Ausweitung der Unterstützung für saubere Energieträger würden starke Anreize für Unternehmen schaffen, in KI-Lösungen zu investieren, die die Emissionen verringern und den Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft beschleunigen. Wenn wir unsere Karten richtig ausspielen, könnte sich im Kampf gegen den Klimawandel die KI als unser Ass im Ärmel erweisen
By banning TikTok, US authorities have sent American users of the app flocking to Chinese platforms with even fewer safeguards on data security or algorithmic manipulation. Though these, too, might be banned, others will replace them, leading America to construct, one prohibition at a time, its own "Great Firewall."
thinks the US government's ban on the app has left it in an untenable position.
While some observers doubt that US President-elect Donald Trump poses a grave threat to US democracy, others are bracing themselves for the destruction of the country’s constitutional order. With Trump’s inauguration just around the corner, we asked PS commentators how vulnerable US institutions really are.
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LONDON: In der Vergangenheit haben technologische Revolutionen zu höheren Kohlendioxidemissionen geführt: Die erste Industrielle Revolution beruhte auf der Kohle, die zweite weitgehend auf Öl. Wird die künstliche Intelligenz – die Universaltechnologie unserer Zeit – das Gleiche bewirken? Erste Anzeichen sind besorgniserregend. Die CO2-Emissionen von Microsoft sind aufgrund der Investitionen des Unternehmens in die KI-Infrastruktur seit 2020 um etwa 30 % gestiegen, und die von Google in den letzten fünf Jahren um fast 50 %.
Es gilt an dieser Stelle jedoch, zwei gegenläufige Kräfte zu berücksichtigen: Nachfrage und Effizienz. Während die Nachfrage gestiegen ist, hat sich die Effizienz verbessert. Die Chips von Unternehmen wie Nvidia werden immer besser, und die nächste Generation wird voraussichtlich fünfmal so schnell sein als die jetzige. Zudem steigern OpenAI und andere Branchenführer die Trainings- und Betriebseffizienz ihrer Modelle.
Angesichts der steigenden KI-Nachfrage könnte der weltweite Energieverbrauch trotzdem weiter steigen, auch wenn die Modelle effizienter werden. Was wirklich zählt, sind die Emissionen, und um diese zu prognostizieren, müssen wir wissen, wie der Strom für die KI-Rechenzentren erzeugt wird und wie sich die KI auf kohlenstoffintensive Branchen auswirken wird.
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur entfielen 2023 etwa 1-1,5 % des weltweiten Stromverbrauchs auf Rechenzentren, und dieser Anteil wird in nächster Zeit sicher noch steigen. Microsoft, Google und Meta haben ihren kumulierten Stromverbrauch zwischen 2020 und 2022 fast verdoppelt, und das war vor Einführung von ChatGPT. Seitdem haben sie ihre Bemühungen zum Ausbau dieser Infrastruktur noch weiter verstärkt.
Während 2023 etwa 1 % der energiebedingten CO2-Emissionen auf Rechenzentren entfielen, werden die Stromsysteme, die diese versorgen, rasch dekarbonisiert. In den USA wurden 2023 41 % des Stroms aus kohlenstofffreien Quellen erzeugt – ein Anstieg um ein Viertel in den letzten zehn Jahren –, und in Europa liegt der Anteil bei 60 %. In den USA, Europa, dem Vereinigten Königreich und China sind erneuerbare Energien die am schnellsten wachsende Form der Stromerzeugung.
Zugleich geht Goldman Sachs davon aus, dass der Energiebedarf von Rechenzentren bis 2030 um jährlich 15 % steigen wird, wobei ein Fünftel dieses Wachstums auf die KI entfällt. Selbst wenn zwei Fünftel des Energiebedarfs von US-Rechenzentren durch erneuerbare Energien gedeckt werden, würde die KI-Infrastruktur jährlich etwa 26 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 ausstoßen.
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Zudem gibt es überzeugende Belege dafür, dass die KI die Emissionen in einer Vielzahl schwer zu dekarbonisierender Sektoren reduzieren kann. Da allein die Kondensstreifen von Flugzeugen für etwa 35 % der Emissionen im Luftverkehr verantwortlich sind, erforschen Google und American Airlines derzeit, wie sich die Bildung von Kondensstreifen durch maschinelles Lernen minimieren lässt. Erste Ergebnisse zeigen, dass rund ein Sechstel der weltweiten Luftfahrtemissionen vermieden werden könnten (das ist mehr als der gesamte derzeitige Ausstoß von KI-Rechenzentren in den USA).
Auch die Verschwendung von Lebensmitteln (die 6 % der weltweiten Emissionen bedingt) lässt sich durch Einsatz der KI zur Vorhersage der Nachfrage, zur Steuerung der Produktionsmengen und zur Optimierung der Zeitpläne in der gesamten Lieferkette verringern. Schon heute wird KI eingesetzt, um die Emissionen aus industriellen Prozessen (derzeit 30 % der globalen Gesamtemissionen) zu verringern – etwa durch Entwicklung biologisch inspirierter Materialien, die sich weniger stark auf fossile Brennstoffe stützen (aber die industriemechanischen Standards weiterhin erfüllen), und durch Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen beim Materialrecycling. Und auch zur Klimaanpassung wird die KI durch Verbesserung von Wettervorhersagen und Frühwarnsystemen beitragen. Eine rechtzeitige Vorbereitung hat das Potenzial, Leben zu retten und wirtschaftliche Verluste zu verringern.
Zwar wird die KI den weltweiten Energieverbrauch kurzfristig höchstwahrscheinlich erhöhen, doch ihr Potenzial, die Emissionen in einer Vielzahl von Branchen zu senken, ist immens. Wir dürfen nicht vergessen, dass der technologische Fortschritt das Wirtschaftswachstum von den Emissionen abkoppeln kann. Das Vereinigte Königreich beispielsweise hat sein BIP pro Kopf seit 1990 um fast 50 % gesteigert und zugleich die heimischen Emissionen um die Hälfte gesenkt. Die KI könnte der Schlüssel zur Beschleunigung dieses Trends auf globaler Ebene sein.
Um das Potenzial der KI als Dekarbonisierungsinstrument jedoch voll auszuschöpfen, bedarf es einer besseren Klimapolitik. Die Bepreisung von Kohlenstoff und die Ausweitung der Unterstützung für saubere Energieträger würden starke Anreize für Unternehmen schaffen, in KI-Lösungen zu investieren, die die Emissionen verringern und den Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft beschleunigen. Wenn wir unsere Karten richtig ausspielen, könnte sich im Kampf gegen den Klimawandel die KI als unser Ass im Ärmel erweisen
Aus dem Englischen von Jan Doolan